AboAbonnieren

Jubiläum im Kölner KarnevalZu Besuch bei den Helligen Knäächte un Mägde in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Premiere des „Hellige“ Jubiläumstanzes

Spielerisch leicht wirken Choreographien auf der Bühne, wie etwa beim Auftritt in der Volksbühne.

Die älteste Tanzgruppe im Kölner Karneval feiert ihr Jubiläum. Vor den Auftritten steht ein hartes Trainingsprogramm. Wir haben die Tänzerinnen und Tänzer dabei begleitet.

Draußen vor der Tür regnet es intensiv, Weihnachtsbeleuchtung schmückt die Vorgärten, in zwei Tagen ist Heiligabend. Drinnen sorgt hartes Neonlicht für Helligkeit, aus einer schwarzen Box plärrt erst „Kornblumenblau“ von Willy Schneider und dann der Bläck Fööss-Klassiker „Mer losse dr Dom en Kölle“, während auf dem okkerfarbenen Hallenboden die Turnschuhe quietschen. „Ihr müsst im Kreis enger zusammen, damit sich die Mädels nach hinten lehnen können“, korrigiert Manuela Peukert, die Trainerin und überhaupt: „Wenn beim Partnerwechsel eine neue Tänzerin kommt, setzt ruhig mal ein Lächeln auf“, rät sie und klatscht in die Hände.

Eine 200 Jahre alte Geschichte

Die Tänzerinnen und Tänzer der Helligen Knäächte un Mägde haben gut einen Monat später längst ihre ersehnte Auftrittsroutine erreicht. In der Volksbühne haben sie ein Soloprogramm zum Jubiläum bestritten, die Gruppe blickt ebenso auf 200 Jahre Geschichte zurück wie Festkomitee, Rote Funken und Grosse von 1823. „Die älteste Tanzgruppe im Kölner Karneval“ steht auf ihren Shirts, ebenso die Aufforderung „Danz met uns“.

Zweimal pro Woche trainiert die Sessionsgruppe, seit 2017 gibt es außerdem noch eine Historiengruppe, die Melodien sind älter, die Tänze langsamer. „Wir zeigen auch mal Reigentänze, so wie früher bei Kirmesfesten getanzt wurden“, sagt Kyra Zeller (26). Mehr als ihr halbes Leben tanzt sie schon im Verein. Statt weißen Hauben tragen sie bei ihren Auftritten Treck-Mütchen, die Kleider sind länger. „Räder und Hebefiguren gehören hier eher nicht zum Repertoire“, erklärt sie.

geprobt, geschwitzt und Teamarbeit erlebt: HELLIGE KNÄÄCHTE UN MÄGDE

Geprobt, geschwitzt und Teamarbeit erlebt: Die hellige Knäächte un Mägde

Bevor nach Ostern das Training für die neue Karnevalssession beginnt, steht ein Auswahltraining an. Neue Tänzerinnen und Tänzer können sich bewerben und vortanzen. „Wobei Männer eher schwierig zu finden sind“, sagt Fabio Schwamborn, der als Jeckenbähnche so etwas wie der Tanzoffizier der Gruppe ist. Schon als Siebenjähriger kam er zur Kindertanzgruppe. „Bei uns steht der Tanz im Vordergrund. Niemand muss heben können“, sagt er. Für Tänzerinnen gibt es weder ein Maximalgewicht noch eine vorgeschriebene Größe, so wie dies bei anderen Tanzgruppen durchaus vorkommt.

Hinter den Auftritten steckt monatelanges Training.

Hinter den Auftritten steckt monatelanges Training.

Sie wirbeln umher, wechseln die Positionen, tanzen im Kreis und auf der Stelle. Jede Bewegung spiegelt sich in der deckenhohen Fensterfront der Turnhalle. An den Wänden sind Weichbodenmatten befestigt, am Rand stehen Bänke. Kaum ist der letzte Ton der Höhner-Nummer „Schenk mir Dein Herz“ verklungen, verneigen sich die Tänzerinnen und Tänzer und winken dem noch nicht vorhandenen Publikum zu. „Viel besser als beim letzten Mal“, lobt die Trainerin. Trinkpause. Und weiter gehts.

Häubchen und Röcke hart wie Pappe

„Das ist ein absoluter Teamsport“, hat Kyra Zeller festgestellt. „Respekt und Vertrauen sind absolut wichtig“, sagt sie. Die Session befindet sich auf der Zielgeraden, bis zu zehn Auftritte stehen für Kölns älteste Tanzgruppe an den Wochenenden an. Tanzen, winken, weiter. Aus sieben Teilen besteht die Tanztracht. „Die Kleider sind pflegeleicht. Aber das Weißzeug muss für jeden Auftrittstag gewaschen und gestärkt werden“, sagt Elena Stickelmann (25). Nach dem Bad in der Flüssigstärke und aufwändigem Bügeln werden Schürze, Spitzenunterrock, Häubchen und Armspitzen starr wie Pappe. Im Bus sitzen die Tänzerinnen meist auf ihren Kosmetikkoffern, weil die brettharten Unterröcke vom Körper abstehen und nicht plattgesessen werden sollen.

Aschermittwoch ist erstmal alles vorbei. Zumindest bis Ostern. „Dann geht es mit dem Fitnesstraining wieder los“, erzählt Kyra Zeller. Im September präsentieren Bauernschütz Jürgen Heller und der Vereinsvorsitzende, Thomas Andersson, die Musikauswahl und neue Tänze. Dieses Mal gehört auch der „Sonderzug nach Pankow“ mit neuem Text zum musikalischen Fahrplan. Auf der Bühne singt Jürgen Heller alle Stücke live.