Köln – Bläck Fööss oder Höhner? Oder doch Brings? Oder alle drei? Und welche Redner sollen es sein? Der Sitzungspräsident Volker Weininger? Oder Achnes Kasulke. Oder lieber Jupp Menth, der kölsche Schutzmann? In dieser Karnevalssession darf jeder Jeck in die Rolle des Literaten schlüpfen und sein persönliches Sitzungsprogramm erstellen. Ermöglichst wird dies durch das Portal „Jeckstream“. Willkommen zur virtuellen Karnevalssitzung.
Der Musiker Alexander Barth gehört eigentlich zu den Menschen, die in Zeiten des Corona-Pandemie gezwungenermaßen tatenlos auf dem Sofa sitzen und auf bessere Zeiten hoffen müssten. Doch der Frontmann der Grevenbroicher Band „Rabaue“ hat schon Mitte vergangenen Jahres mit seinem Freund Christoph Runkel nach einer Alternative zum abgesagten Sitzungskarneval gesucht. „Die Frage war, wie können die Menschen eine Sitzung sehen. Und wie lässt sich dies als etwas Besonderes gestalten“, erklärt Barth die Ausgangsüberlegung.
Ein Signal, dass die Szene noch lebt
Sechs Programmpunkte gibt es für 9.99 Euro, neun Künstler oder Gruppen kosten 12.99 Euro. Da würde sich jeder Schatzmeister die Hände reiben. „Reich werden wir mit dem Angebot nicht, aber es ist ein Signal, dass die Kulturszene noch lebt. Und dass es Kultur nicht ganz umsonst gibt“, sagt Barth. Jeder Künstler bestreitet einen 20-Minuten-Block. Außerdem können die Zuschauer zwischen drei Moderatoren wählen, die durch die selbst erstellte Sitzung führen.
Vorige Woche sind auch das Dreigestirn und Kinderdreigestirn nach Erftstadt gefahren, seitdem können Karnevalsvereine die Auftritte der Trifolien ebenfalls in ihr Sitzungsprogramm buchen. Die Große Kölner KG bietet ihren Mitgliedern kurzerhand eine virtuelle „Traditionssitzung“ sowie eine „Kostümsitzung“ über das Jeckstream-Portal an. Präsident Dr. Joachim Wüst durfte im Studio in Erftstadt die Moderation für seinen Verein aufnehmen. „Das Konzept hat uns gefallen. Wir haben versucht, die Programme auf unsere Gesellschaft zuzuschneiden und durch die eigene Moderation eine persönliche Note zu erzeugen“, erzählt Wüst. Für 16 Programmpunkte musste er im Studio in einer halben Stunde eine An- und Abmoderation sprechen. „Normalerweise überlege ich mir das spontan während des Auftritts, jetzt habe ich mir die Beiträge schon vorab angeschaut“, sagt der Präsident, der sonst für das Festkomitee die Fernsehsitzung im Gürzenich leitet.
Fertig in nur zweieinhalb Monaten
Die technischen Voraussetzungen für das jecke Baukastensystem hat das Kölner Unternehmen Pixobytes geliefert, einer der Mit-Inhaber ist Roter Funk. „Es war ein Husarenstück, das in zweieinhalb Monaten hinzubekommen“, lobt Alexander Barth. Die Bereitschaft der Künstler, bei dem Format mitzuwirken, ist groß. Viele namhafte Redner und Bands haben ihre Lieder vor der Kamera eingespielt. Natürlich auch Barth und seine Rabaue. „Normalerweise spielt man als Frontmann mit dem Publikum. Ein Auftritt vor der Kamera ist dagegen wie Liebe machen im Taucheranzug“, scherzt er.
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Die Streamingplattform nutzen inzwischen zahlreiche Veranstalter aus dem Karneval. „Loss mer singe“ zeigt hier das karnevalistische Einsingen, die Hänneschen-Puppensitzung wird gezeigt, der AVDK, die älteste Karnevalsgesellschaft aus Düsseldorf, bietet eine Sitzung an, ebenso die Wohltätigkeitssitzung „Dat kölsche Hätz“. Die Künstler werden am Erlös beteiligt. Nach den ersten Tagen ist Barth zufrieden. „Wir sind überrascht, wie gut das Format angenommen wird“, sagt er. Bis Aschermittwoch läuft das Online-Angebot.