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Drängelgitter, Glasflaschen, BollerwagenWie Köln gegen Karnevals-Exzesse vorgeht

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Drängelgitter sind der Zankapfel der Session: Das Ordnungsamt verbietet sie kategorisch. Die Gastwirte wollen an ihnen festhalten.

Köln – Wolfgang Büscher weicht keinen Zentimeter zurück. Beim Thema Drängelgitter bleibt er starr wie eine Wand: „Es wird weiterhin keine Genehmigungen geben. Wenn wir Karneval Drängelgitter an Gaststätten antreffen, werden wir sie entfernen.“

An dieser Mauer zerschellt der Protest zahlreicher Kölner Gastwirte (die Rundschau berichtete). Und die gestrigen Vermittlungsversuche der Industrie- und Handelskammer dringen nicht durch.

Die unterschiedlichen Positionen zum Drängelgitter

Die Positionen: Die Stadtverwaltung fürchtet, dass die Gitter im Falle einer Panik flüchtenden Feiernden im Weg stehen könnten. Schmerzhafte Lehren, die nicht zuletzt aus dem Unglück der Duisburger Loveparade gezogen wurden. Die Gastwirte sagen hingegen, ohne die Gitter stehen ihre Gäste in der Gefahr, alkoholisiert und unkontrolliert auf die vorbeiführende Straße zu geraten. Auch könnte es im Pulk zum Streit wegen Vordrängelns kommen.

Appell der Feuerwehr

„Wir kommen um zu retten“, sagt der Kölner Feuerwehrchef Christian Miller an die Adresse der Feiernden – und verbindet damit den Appell, die Rettungskräfte nicht anzugehen. „Die Hemmschwellen sinkt seit Jahren“, muss er feststellen. Selbst in Notsituationen stünde für immer mehr Feiernde alleine der Spaß im Vordergrund. Darum eine weitere Bitte: „Macht freie Bahn, macht die Rettungswege frei.“ In der Vergangenheit sei es immer wieder mal vorgekommen, dass sich Feiernde johlend den Rettungswagen in den Weg gestellt hätten. Um den Weg zum Opfer finden zu können, beispielsweise in einer Menschenmenge, setzt die Wehr Scouts ein. Sie suchen den schnellsten Weg und führen die Sanitäter und Ärzte zum Einsatzort.

Zwischen diese Frontlinien schob sich gestern die IHK. Die Stadt möge doch bitte eine einvernehmliche Lösung mit der Gastronomie suchen, heißt es in einem Appell. „Die Gitter sind nicht ohne Grund aufgestellt worden“, so Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln. Zwar zeigt er Verständnis für die Forderung der Stadt, die Fluchtwege müssten frei bleiben. Doch das ließe sich sicherlich schon erreichen, wenn die Gitter in dem ein oder anderen Fall anders positioniert würden. Auch könnten Absperrbänder wie beispielsweise am Flughafen eingesetzt werden. „Ein pauschales Verbot löst das Problem nicht“, ist sich Reichardt sicher. Doch das Ordnungsamt bleibt hart. Wie eine Wand.

Gewichtskontrolle der Reiter mit Augenmaß

Ein weiteres Reizthema auch in dieser Session sind die Pferde im Zug. Die Stadt hat mittlerweile einen umfangreichen Katalog zum Schutz der Tiere zusammen mit dem Festkomitee erarbeitet. Neu dabei: Das Gewicht von Pferd und Reiter muss in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. Konkret: Der Reiter darf nicht mehr auf die Waage bringen, als 20 Prozent des Pferdegewichts.

Reiter und Pferd im Karneval. (Symbolbild)

Also haben die Veterinäre, die vor dem Rosenmontagszug Kontrollen durchführen, Waagen dabei? Konrad Peschen, zuständiger Amtsleiter, winkt ab. „Das Gewicht nehmen wir in Augenschein. Bei einem durchschnittlichen Pferd dürfe der Reiter nicht mehr als 110 Kilo wiegen. „Das können wir durchaus einschätzen“, ist Peschen zuversichtlich. „Außerdem achten die Korps schon im Vorfeld darauf, dass der Reiter zum Pferd passt“, versichert Michael Kramp vom Festkomitee.

Kölner Karneval: 2021 geht ein Öko-Zoch

Nicht nur Veterinäre werden den Rosenmontagszug in Augenschein nehmen. Auch Umweltexperten werfen ein kritisches Auge auf den bunten Reigen – und zwar im Auftrag des Festkomitees. Wir wollen wissen , was wir im Sinne der Umwelt noch verbessern können“, sagt Kramp.

Lösungen werden unter anderem für Plastikbecher gesucht. „Da haben wir schon an Kokosschalen gedacht, aber die müssen ja eingeflogen werden.“ Die Ergebnisse der Analyse werden in den Zoch des nächsten Jahres einfließen.

Großaufgebot für die Sicherheit

Mit 500 Einsatzkräften ist alleine die Feuerwehr an den Tollen Tagen unterwegs. Die Leitstelle wird verstärkt. Allein für Weiberfastnacht wird aufgrund der Vorjahre mit rund 2000 Notrufen gerechnet. 1000 Polizisten werden am Donnerstag im Einsatz sein. Das Glasverbot hat sich in den Vorjahren bewehrt.

Becher statt Glas: Das Glasverbot greift auch dieses Jahr wieder.

Darum wird es auch in diesem Jahr wieder über die Altstadt, Südstadt und das Kwartier Latäng verhängt. Um das Wildpinkeln einzudämmen werden rund 700 mobile Toiletten aufgestellt. „Wir haben die Hinweisschilder nochmals verbessert“, verspricht Ordnungsamtschef Büscher.

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Für die Bühne an der Zülpicher Straße sind unter anderem Querbeat, Kasalla und auch Planschemalöör gebucht. Um Massenaufläufe zu verhindern, werden die Auftrittszeiten nicht verraten. Edelgard, Anlaufstelle für Frauen und Mädchen, ist an allen Tollen Tagen mit einem Mobil an der Zülpicher Straße vertreten. Zudem bestehen Kooperationen mit über 130 Gaststätten und Einrichtungen. 20 Streetworker ziehen über die Feiermeilen.

Große Musikanlagen und Bluetooth-Boxen sind verboten, weil sie Menschenmengen anziehen. Auch Bollerwagen werden nicht erlaubt, weil sie Stolperfallen sein können.