Nach mehreren Schüssen am Donnerstagmorgen (29. August) auf ein Mehrfamilienhaus in Köln-Ostheim sucht die Polizei Zeugen.
Polizei sucht ZeugenSchüsse auf Haus in Köln-Ostheim – Tat der Mocro-Mafia?
Das Team der Spurensicherung benötigt am Donnerstagvormittag in Ostheim jede Menge gelber Karten, um die Lage in den Griff zu bekommen. Mit den Karten markieren die Ermittlerinnen und Ermittler Einschusslöcher in einem dunkelweißen Mehrfamilienhaus in der Servatiusstraße. Kleiner Vorgarten, unprätentiöse Architektur. Die blaue Haustür ist von einer Kugel durchbohrt worden, ebenso die Rollläden samt Fensterscheibe im Erdgeschoss sowie eine Scheibe in der ersten Etage. Die Einschläge in der Hauswand sehen aus, als habe jemand mit einer automatischen Waffe recht ungezielt, dafür aber anhaltend auf das Haus gefeuert.
4.30 Uhr in Köln-Ostheim: Nachbarn hören Schüsse
Es ist 4.30 Uhr am Donnerstagmorgen, als die Hausbewohner durch Schusssalven aus dem Schlaf gerissen werden. Ein Bewohner sieht sich auf der Straße um und entdeckt die Einschusslöcher im Haus. Dann wählt er den Notruf. Ob der oder die Täter aus einem Auto gefeuert haben, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Wie immer bei solchen Taten sucht die Polizei Zeugen.
Im Kreise der Ermittlungsbehörden spricht niemand offen das Wort „Mocro-Mafia“ aus. In den Niederlanden ist „Mocro“ ein umgangssprachliches Wort für Marokkaner. Hierzulande ist der Begriff zum Synonym für eine ausufernde Gewaltkriminalität im Drogenmilieu geworden – Marokko galt über einen langen Zeitraum als Zentrum des Cannabisanbaus. Ende Juni detonierte ein Sprengsatz in einem Hauseingang in der Mülheimer Keupstraße, anschließend häuften sich die Taten. Explosionen in Eingängen, Schüsse auf Häuser, dies alles soll das Werk niederländischer Drogenkrimineller sein, die auf Rachefeldzug sind.
Als Auslöser für die Unruhe im professionellen Drogenmilieu gilt der Einbruch in eine Lagerhalle in Hürth-Kalscheuren. Hier soll eine erhebliche Menge Cannabis verschwunden sein, die offenbar der Mocro-Mafia gehörte. Von 300 Kilogramm ist die Rede, der Straßenverkaufswert übersteigt die Million. Der Diebstahl wird offenbar einer kurdischen Drogenbande aus dem rechtsrheinischen Köln zugerechnet, die sich im Clinch mit der niederländischen Gruppierung befindet. Auch eine Geiselnahme Anfang Juli wird dem Themenkomplex zugerechnet, Spezialkräfte der Polizei hatten zwei Personen aus einer Villa in Rodenkirchen befreit. Laut Staatsanwaltschaft gibt es inzwischen 25 Ermittlungsverfahren und 20 Beschuldigte, von denen zwölf in Untersuchungshaft sitzen.
„Unstrittig sind die Bezüge in die Niederlande. Wie aber genau die Verbindungen aussehen, ist nach wie vor Gegenstand der Ermittlungen“, sagt Staatsanwältin Stephanie Beller. Eindeutige Hinweise auf das Bestehen einer mafiösen Vereiniogung gebe es bislang nicht. Bei der Kölner Staatsanwaltschaft kümmert sich die Abteilung für Organisierte Kriminalität um die Fälle, die sich in den vergangenen Wochen im Rheinland ausgebreitet haben. Die Polizei hat die Ermittlungskommission „Sattla“ eingerichtet - die arabische Bezeichnung für Haschisch. Etwa 50 Personen versuchen Verdächtige zu ermitteln und die Querverbindungen zwischen Fällen und Personen zu rekonstruieren. Eine Mammutaufgabe.
Thema Mocro erreicht den Landtag
Das Thema hat inzwischen den Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags erreicht, wo auch die Verwicklung eines Bonner Polizisten in die kriminellen Machenschaften aufgearbeitet werden soll. Das Spurenbild in der Servatiusstraße in Ostheim gibt einen Hinweis auf die Skrupellosigkeit der Kriminellen. Neben der gelben Spurenkarte mit der Nummer 3.15 liegt eine üppige Patronenhülse, die wohl von einer automatischen Waffe stammt. Knapp 20 Kugeln haben das Haus getroffen.