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Verdacht zu Mocro-MafiaHatte Bonner Polizist auch Kontakte zu Islamisten-Szene?

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Das Polizeipräsidium in Bonn: Verdächtiger Bonner Polizist schob seinen Dienst auf der Bonner Wache Duisdorf-Bornheim.

Das Polizeipräsidium in Bonn: Der verdächtige Bonner Polizist schob seinen Dienst auf der Bonner Wache Duisdorf-Bornheim.

Ein junger Bonner Polizeikommissar, verdächtigt der Beteiligung im Drogenkrieg und Beziehung zur „Mocro-Mafia“, könnte auch Kontakte zum Islamismus haben.

Der Bonner Polizist, der in den Drogenkrieg zwischen der sogenannten „Mocro-Mafia“ und Kölner Dealern involviert sein soll, könnte auch Kontakte in die islamistische Szene haben. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zuerst berichtete, soll der 25-jährige Polizeikommissar für seinen Bruder, der vom Staatsschutz beobachtet wurde, aus Polizeicomputern Informationen abgefragt haben. Der Verteidiger des jungen Mannes mahnt jedoch, dass es sich bei allen Vorwürfen nur um Verdachtsmomente handele. „Er hat nichts mit dem Mocro-Komplex zu tun und kennt höchstens eine Randfigur“, sagt Rechtsanwalt Christoph Arnold.

Die Recherche der Kölner Tageszeitung stamme nach eigenen Angaben unter anderem aus Justizkreisen. So sollen sich entsprechende Aufnahmen zu den Abfragen auf dem beschlagnahmten Handy des Beschuldigten befunden haben. Zudem sollen die Ermittler auf Chats, in denen der Polizist von einem inzwischen inhaftierten Dealer, der in den Drogenkrieg verstrickt ist, je Personenabfrage im Polizeicomputer 50 Euro verlangt haben. Wie die Zeitung weiter berichtet, soll der Polizeikommissar für zwei weitere Rauschgifthändler, die ebenfalls in den Konflikt involviert sind, alle relevanten Informationen zu den Personalien samt dem Strafstatus in den polizeilichen Datensystemen abgeschöpft haben.

Bruder wegen Terrorfinanzierung im Fokus der Polizei

Bislang ist über den Polizisten nicht viel bekannt. Er ist Deutsch-Marokkaner und noch nicht auf Lebenszeit verbeamtet. Seinen Dienst leistete er zuletzt auf der Bonner Wache Duisdorf-Bornheim, die zwei Standorte unterhält. Sie deckt unter anderem neben den Bonner Stadtteilen Brüser Berg und Medinghoven auch die Gemeinde Alfter ab. Sein Bruder, der in Bergisch Gladbach lebt, war wegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung in den Fokus von Ermittlern gerückt. Es handelte sich dabei mutmaßlich um einen Verein, der in der Öffentlichkeit um Brunnenbau und Hilfe für Waisenkinder wirbt, im Hintergrund aber salafistische Missionierung und Terror-Unterstützung betreibt. Das Verfahren gegen den Bruder wurde eingestellt.

Die Behörden halten sich mit der Veröffentlichung von Informationen zurück. So bestätigt zwar der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, Ulrich Bremer, dass gegen den Polizisten Ermittlungen unter anderem wegen des Anfangsverdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen sowie der Bestechlichkeit aufgenommen wurden. Und zudem auch im Zusammenhang mit dem Vorwurf, er habe gegen Geld aus dienstlichen Datensystemen in mehreren Fällen Infos abgefragt und weitergegeben. „Wer die Adressaten waren und wen diese Informationen betreffen, ist gerade Gegenstand intensiver Ermittlungen. Zu deren Schutz kann ich derzeit nichts weiter öffentlich machen“, sagt Bremer. Seit dem 8. August ist der Bonner Polizist vom Dienst suspendiert.

Die Informationen soll er aus der polizeilichen Fahndungs- und Fallbearbeitungsplattform „VIVA“ abgefragt haben, auf die fast alle Polizisten Zugriff haben und die das zentrale Datenportal ist. Dort kann man Namen, aber auch Halter von Fahrzeugen sowie vorherigen Straftaten abfragen – was jedoch immer automatisch dokumentiert wird. Sensible, geschützte Informationen, beispielsweise aus der Terrorbekämpfung oder zu verdeckten Ermittlungen, sind dort jedoch nicht hinterlegt und noch einmal intern geschützt. „Darauf hat ein normaler Polizist keinen Zugriff“, heißt es aus Polizeikreisen.

Keine hinreichenden Beweise

Aus Sicht des Bonner Rechtsanwalts Christoph Arnold, der jedes Jahr rund 150 Polizisten in Verfahren vertritt, gibt es bislang keine Beweise, die die Verdachtslage bestätigen. Der 25-Jährige sei nicht in den „Mocro-Komplex“ verwickelt und stünde auch nicht in Kontakt mit der dahintersteckenden niederländischen Mafia. Er kenne lediglich womöglich einen Drogenkurier aus den Kölner Reihen, eine „Randfigur“. Zudem müsse man die Vorwürfe abgestuft betrachten. „Dass ein Polizist Datenabfragen macht, ist nicht strafbar“, sagt Arnold. Demnach sei es nicht verboten, Informationen über eine Person, sei es nun ein Drogenkurier oder der eigene Bruder, abzurufen. Kritisch werde es jedoch, wenn diese Daten weitergegeben würden, möglicherweise sogar gegen Geld. Doch ob das zutreffe, sei fraglich und werde überprüft.

Nach Informationen dieser Zeitung beschäftigt sich auch das Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen mit dem Fall und dem Komplex um die niederländische „Mocro-Mafia“, in der nicht nur Menschen mit nordafrikanischen Wurzeln beteiligt sind. Beim LKA gibt es unter anderem Experten zur Organisierten Kriminalität, dem Drogenmilieu und politisch motivierten Straftaten. Die Hoheit der Ermittlungen in diesem Fall-Komplex obliegt jedoch der Staatsanwaltschaft und der Polizei in Köln. Die Polizei in der Domstadt unterhält einen eigenen Staatsschutz und hat, wie es beim LKA heißt, „weitreichende Erkenntnisse und ist deutlich näher dran“. Dennoch tausche man sich fallunabhängig aus.