Wie geht es weiter am Roncalliplatz, direkt neben dem Kölner Dom?
„Historische Mitte“Was jetzt direkt neben dem Kölner Dom geplant ist
Gut ein Jahr ist es her, dass das Projekt einer neuen „Historischen Mitte“ am Roncalliplatz schlagartig dem Boden gleichgemacht wurde. Nach zehn Jahren Planung und kurz vor einem möglichen Beschluss durch die Politik stieg die Kirche Anfang 2024 aus dem gemeinsamen Projekt mit der Stadt aus. Die Gründe: finanzieller Natur.
Von dem Projekt ist nun kaum noch etwas übrig: Lediglich die Webseite der eigens dafür gegründeten Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist noch online. Doch wie geht es nun weiter auf dem historischen Grund in unmittelbarer Nähe zum Dom? Ein Teil des Projekts, bei dem ein moderner und hochwertiger Neubau neben dem Römisch-Germanischen Museum (RGM) entstehen sollte, war das Kurienhaus der Hohen Domkirche.
Es wurde 1961 an der Stelle gebaut, an der einst das Erzbischöfliche Palais zu finden war. Das sanierungsbedürftige Gebäude sollte dem Neubau weichen, doch die Hohe Domkirche zog im vergangenen Januar die Reißleine, kurz bevor im Februar eine mögliche Entscheidung des Stadtrats anstand.
Alles zum Thema Kölner Dom
- Programm vorgestellt Das bietet der Kölner Dom im Jahr 2025
- Mehr Kirchenaustritte Kölner Dom muss 400.000 Euro einsparen
- Arena, Flughafen, Parks Der Dom? „Völlig überbewertet“ - Kölner Orte und ihre Google-Bewertungen
- Neugestaltung in Köln Domsockel wird nicht vor Ende 2027 fertiggestellt
- „Im Einklang mit Rom“ Erzbistum Köln verteidigt Pfarreifusionen
- Messstation Warum der Kölner Dom für die Erdbebenkontrolle wichtig ist
- Kölner Dom Kardinal Woelki spricht bei Silvesterpredigt von wachsender Gewaltbereitschaft
Historische Mitte in Köln sollte 207 Millionen Euro kosten
Die Kirche sollte rund 41 Millionen Euro zu dem 207-Millionen-Euro-Projekt beisteuern, 20 Prozent. 166 Millionen Euro an Kosten wären auf die Stadt zugekommen. Die hätte ihr Studienhaus des RGM, direkt neben dem Kurienhaus, ebenfalls abgerissen und Platz für den Neubau gemacht, in dem Büros unter anderem für das Dombauarchiv, aber auch die Domverwaltung, ebenso wie für das RGM entstehen sollten. Und eine neue Heimat für das Kölnische Stadtmuseum (siehe Infotext) am zentralsten Punkt Kölns.
Seit dieser Traum geplatzt ist, haben sich weder Kirche noch Stadt zum weiteren Vorgehen geäußert. Die Rundschau fragte nach. „Nachdem klar geworden ist, dass das Neubauprojekt Historische Mitte nicht realisiert werden kann, hat das Domkapitel eine Fachgruppe ins Leben gerufen, in der sich Domkapitulare und beratende Experten mit den Potenzialen und der künftigen Nutzung aller Dom-Immobilien auseinandersetzen“, erklärt Markus Frädrich, Medienreferent des Domkapitels. Aktuell würden Möglichkeiten für die Modernisierung und Vermietung des Kurienhauses geprüft.
Aus Kirchenkreisen heißt es allerdings, dass sich die Fachgruppe noch kaum mit dem Kurienhaus beschäftigt habe. Dass das Gebäude nicht leicht zu sanieren ist, stehe dabei bereits seit der Zeit fest, bevor Guido Assmann das Amt des Kölner Domprobstes übernommen hat. Es soll Gutachten geben, die einen Abriss und Neubau wirtschaftlicher bewertet haben als eine Sanierung, und das bereits vor der Planung der Historischen Mitte.
Möglicherweise war das auch ein Grund dafür, dass erstmals Kirche und Stadt sich für ein Bauprojekt gemeinsam in ein Boot setzen wollten. Der Blick aus der Luft verrät, warum das Gebäude so schwer zu sanieren ist. Von oben ist zu sehen, dass das Kurienhaus einen Innenhof hat, zu dem auf jeder Etage Fenster hinausblicken. Eine Bauweise, die heute kaum noch angewendet wird. Dass das Gebäude auch im Innern nicht mehr den Anforderungen entspricht, die die Domkirche an eine Archivnutzung stellt, hat Dombaumeister Peter Füssenich bereits kurz nach seinem Antritt im Jahr 2016 im Rundschau-Interview gesagt. Argumente, die für einen Neubau sprechen.
Kölner Domkapitel prüft verschiedene Optionen für das Kurienhaus
Wann eine Entscheidung dazu getroffen wird, ist offen. Medienreferent Frädrich grenzt ein: „Aufgrund komplexer Fragestellungen, die sich aus der Gesamtbetrachtung aller Dom-Immobilien ergeben, rechnen wir damit, dass diese Prüfung mindestens noch das aktuelle Kalenderjahr in Anspruch nehmen wird.“ Sicher ist, dass immer mehr Gläubige aus der Kirche austreten, die Einnahmen über die Kirchensteuer sinken. Dem Domkapitel ist an langfristigen Einnahmen gelegen. Anstatt den Altbau mit seinem veralteten Raumkonzept zu sanieren, gibt es dem Vernehmen nach auch die Überlegung, auf dem Grundstück des Kurienhauses neu zu bauen, die Flächen lukrativ zu vermieten und die Domverwaltung in anderen Immobilien in der Nähe unterzubringen, die preiswerter sind.
Selbst wenn es zur Disposition stehen würde, hätte die Stadt kein Interesse an einem Kauf. Eine Sprecherin der Stadt erklärte auf Anfrage der Rundschau, dass aktuell keine Bestrebungen zum Ankauf bestehen würden. Vielmehr wolle die Verwaltung dem Stadtrat im Laufe dieses Jahres einen Bedarfsfeststellungs- und Planungsbeschluss für eine Sanierung des Studienhauses vorlegen.
Römisches Hafentor in Köln soll für Besucher zugänglich gemacht werden
„Im Rahmen dieser Sanierung wird geprüft werden, inwieweit Entwurfsideen zur Anbindung der Hafenstraße, des Hafentores und der 24/7-Anbindung des Roncalliplatzes vom Kurt-Hackenberg-Platz aus möglich sind“, erklärt die Sprecherin. Das unterirdisch versteckte römische Hafentor entdeckten Archäologen 2007 und 2008 beim U-Bahn-Bau. Im Rahmen der „Historischen Mitte“ sollte es für Besucher zugänglich gemacht werden. Zudem sollte ein Rundgang das Hafentor mit der Hafenstraße und den wichtigen Denkmälern des RGM verbinden.
All diese Pläne haben die Stadt viel Geld gekostet. Wie die Rundschau berichtete, musste die Stadt 13,5 Millionen Euro „vergebliche Kosten“ abwickeln. Und das war nicht der einzige Tiefschlag, der auf die Entscheidung der Hohen Domkirche folgte, aus dem Projekt auszusteigen. Die Auflösung der GbR Historische Mitte beschäftigt die Stadt immer noch.
Die Liquidation soll voraussichtlich im ersten Halbjahr dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Gesellschaft war mit einer Ausnahmegenehmigung für das Bauprojekt gegründet worden. Ohne die Ausschreibungsvorgaben der Verwaltung war es unter anderem einfacher, geeignetes Personal zu finden. Vom sechsköpfigen Team um Geschäftsführer Bernd Portz konnte die Verwaltung nur eine Mitarbeiterin übernehmen. Und die Webseite? Die soll zeitnah eingestellt werden, heißt es auf Anfrage von der Stadt. Dann ist der große Traum von der „Historischen Mitte“, den der frühere Oberbürgermeister Jürgen Roters (SPD) 2014 ins Spiel brachte, endgültig von der Bildfläche verschwunden.