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Vergebliche PlanungskostenStadt bleibt auf Millionen für gestoppte „Historische Mitte“ sitzen

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Der zentralste Platz der Stadt ist der Roncalliplatz mit dem Kölner Dom, dem Römisch-Germanischen Museum und dem Kurienhaus der Hohen Domkirche.

Das Kurienhaus der Hohen Domkirche (rechts) mit dem Anlaufpunkt der Polizei im Zentrum sollte dem Neubau der „Historischen Mitte“ weichen.

Wartespiel am Roncalliplatz: Stadt will Alternativ-Pläne für das gestoppte Projekt „Historische Mitte“ nach der Sommerpause präsentieren.

Jahrelang verfolgten die Stadt Köln und die Hohe Domkirche gemeinsam ein Ziel: die Errichtung einer neuen „Historischen Mitte“. Seit Januar ist das Projekt gekippt, die Kirche ist ausgestiegen. Seitdem stellt sich die Frage, was passiert am Roncalliplatz, wo das Kurienhaus der Kirche und das Studienhaus des Römisch-Germanischen Museums (RGM) durch einen Neubau ersetzt werden sollten? Bisher gab es darauf keine Antwort. Als Teil-Antwort könnte jedoch die Vorlage der Stadt verstanden werden, die kurzfristig die Auflösung der Bauherren-Gesellschaft für das Vorhaben vollzieht.

Dabei muss es schnell gehen. Denn die Verwaltung muss die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) „Historische Mitte“ zum 30. Juni kündigen. Also erschien die Beschlussvorlage am Montag mit Dringlichkeitsnotiz auf dem Plan für den Finanzausschuss, der am Montagnachmittag tagte. In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am Donnerstag, 27. Juni, soll der Rat entscheiden.

Stadt Köln und Hohe Domkirche erreichen keine Einigung

Die Stadt hat den Druck, die Gesellschaft abzuwickeln, weil sie nur mit einer Sondergenehmigung überhaupt gegründet werden konnte: die Realisierung des Neubauvorhabens neben dem Kölner Dom und dem RGM. Doch das Projekt ist vom Tisch und damit auch der Grund für die Genehmigung und die Geschäftsgrundlage der GbR mitsamt ihrer sechs Festangestellten um Geschäftsführer Bernd Portz. Diese Entscheidung ist jedoch erst vergangene Woche getroffen worden. In der Vorlage heißt es: „Der Lenkungskreis von Hoher Domkirche und Stadt Köln hat am 19.06.2024 die Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszweckes der gemeinsamen GbR ‚Historische Mitte‘ festgestellt.“

Im Klartext heißt das, dass es keine gemeinsame Lösung von Stadt Köln und Hoher Domkirche mehr geben wird. Es heißt, dass das Personal im Zuge der Auflösung der GbR entlassen wird und bedeutet, dass 13,5 Millionen Euro für die Planung nun weg sind. Diese „vergeblichen Planungskosten“ muss die Stadt nun abwickeln.

Die Visualisierung zeigt den Entwurf für die „Historische Mitte“, die neben dem Römisch-Germanischen Museum entstehen sollte.

Die Visualisierung zeigt den Entwurf für die „Historische Mitte“, die neben dem Römisch-Germanischen Museum entstehen sollte.

Das Personal, das zwar – auch – für die Stadt Köln gearbeitet hat, war nicht bei der Verwaltung angestellt. Durch die Auflösung der GbR kehren die Fachleute für Planen und Bauen auf den Arbeitsmarkt zurück. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sie bei der Verwaltung anheuern, deshalb wollte die Stadt laut Rundschau-Informationen die Gesellschaft erhalten. Denn die Stadt könnte sie so gut auch für andere Projekte gebrauchen. Die Frage, was mit dem Studienhaus passiert, ist ja weiterhin offen. Immerhin hat das Team um Bernd Portz innerhalb von nur vier Jahren – die Gründung der GbR erfolgte 2020 – ein 207-Millionen-Euro-Projekt auf die Beine gestellt, das kurz vor dem Beschluss durch die Politik stand. 20 Prozent davon, 41,4 Millionen Euro, betrug der Anteil der Hohen Domkirche. Die Stadt hätte 165,6 Millionen Euro ausgeben müssen.

Kölner Sanierungsfälle

Das Studienhaus muss ebenso saniert werden wie das Kurienhaus. Beides war deutlich, als die beiden Parteien sich auf die Errichtung der „Historischen Mitte“ verständigt hatten. Wie lange das Wartespiel noch geht, ist offen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärt im Rundschau-Interview, dass die Stadt nach der Sommerpause Pläne vorstellen möchte. Die Verwaltung sagte auf Anfrage der Rundschau: „Bei der jetzt erfolgenden Auflösung und Liquidation der gemeinsamen Gesellschaft handelt es sich ausschließlich um eine gesellschaftsrechtliche Notwendigkeit. Sie bewertet in keiner Weise die kulturpolitische und städtebauliche Bedeutung.“ Sie werde dem Rat der Stadt Köln in Kürze Entscheidungsvorschläge zu nun erforderlichen kulturpolitischen und städtebaulichen Umplanungen unterbreiten.

Seitens der hohen Domkirche war auf Anfrage der Rundschau nichts Neues zu erfahren. Auch einen möglichen Zeitplan für die eigenen Pläne zum Verbleib des Kurienhauses kommuniziert sie nicht. Selbst wenn das Kurienhaus auf die Verkaufsliste kommen würde: Angesichts des finanziellen Gürtels, den die Stadt enger schnallen muss, wie OB Reker sagt, wird sie das Kurienhaus wohl nicht kaufen. Zudem gilt es eher als wahrscheinlich, dass die Domkirche das Haus mit Erbpacht verpachtet, als es zu verkaufen. Somit würde sich die Kirche langfristige Einnahmen sichern, anstatt ein wertvolles Grundstück am Dom aufzugeben. Dass die Stadt das Grundstück pachtet und die „Historische Mitte“ doch noch im Alleingang baut, ist angesichts der Kosten und der zuletzt zahlreichen kritischen Stimmen aus der Politik sehr unwahrscheinlich.

Neubau für Stadtmuseum sollte Auftakt zur Via Culturalis werden

Der zeitliche Ablauf spricht jedoch dafür, dass die Planung der Stadt ohne eine Entscheidung der Hohen Domkirche zum Kurienhaus samt Grundstück laufen. Die Pläne werden also Antworten darauf geben, was in Zukunft mit dem sanierungsbedürftigen Studienhaus des RGM passiert. Das Museum selbst wird generalsaniert. Ursprünglich sollte der Rückbau des Studienhauses unter anderem ermöglichen, das unterirdische Hafentor aus der Römerzeit für Publikum zugänglich zu machen.

Die Pläne müssen aber auch Antworten geben, was mit dem Kölnischen Stadtmuseum in Zukunft passiert. Die „Historische Mitte“ sollte neue Heimat des Museums werden, das in diesem Jahr das eigene Interim im früheren Modehaus Sauer eröffnete. In diesem Zusammenhang wird immer wieder das Zeughaus genannt, das jedoch selbst ein Sanierungsfall ist. Auch hier stehen Pläne der Stadt noch aus.

Die Verwaltung muss mit ihrer Planung aber auch Vorschläge machen, wie sie sich den Auftakt für die angepriesene Via Culturalis nun vorstellt, den die „Historische Mitte“ mitsamt des Stadtmuseums neben dem RGM und dem Dom machen sollte. Der Kulturpfad, der 2000 Jahre Stadtgeschichte lebendig erlebbar machen soll, entsteht zwischen Kölner Dom und Maria im Kapitol. Zudem entstehen in direkter Nachbarschaft das Laurenz Carré und das hinter der historischen Fassade neu errichtete Dom-Hotel.