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Interview: Kämmerin der Stadt KölnKrieg und Energiekrise belasten die Stadtkasse

Lesezeit 5 Minuten
Dunkle Wolken über Köln

Dunkle Wolken über Köln. Die finanzielle Lage der Stadt trübt sich stark ein.

Köln – Krieg und Energiekrise belasten die Stadtkasse. Die Kämmerin der Stadt Köln, Dörte Diemert, fordert mehr Hilfe vom Bund.

Erst Corona, dann die Ukraine, jetzt die Energiekrise: Haben Sie das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts aufgegeben?

Wir befinden uns derzeit in einer Ausnahmesituation, müssen Krisenmanagement betreiben. Nach Corona hätten wir uns eine Atempause gewünscht, denn die finanziellen Folgen der Pandemie sind noch lange nicht vorbei.

KR Stadtkämmerin Dörte Diemert

Kämmerin Dörte Diemert.

Laut bisheriger Planung nähern wir uns 2027 dem Haushaltsausgleich langsam an, werden ihn aber, Stand jetzt, noch nicht erreichen. Trotzdem ist es richtig, an der Haushaltskonsolidierung festzuhalten. Ohne Ziel kann man nicht Kurs halten.

Mit welchen neuen Belastungen ist die Stadt konfrontiert?

Bei der Versorgung von Geflüchteten etwa aus der Ukraine leistet Köln einen großen Beitrag. Das kostet die Stadt einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr. Bund und Land übernehmen nur einen Teil der Kosten. Diese Deckungslücke der Stadt hat sich nochmal deutlich vergrößert – um rund 45 Millionen Euro pro Jahr. Dann gibt es das Riesenthema der massiv steigenden Energiekosten...

...das alle städtischen Gebäude betrifft, wie Kitas, Schulen, Museen, Verwaltung.

Für unsere eigenen Gebäude haben wir bereits 20 Millionen Euro Risikovorsorge in den Haushalt eingestellt. Steigende Heizkosten betreffen aber auch Bezieher von Sozialleistungen, denen sie erstattet werden. Auch das bezahlt der Bund nur zum Teil. Die Stadt Köln droht hier nächstes Jahr auf zusätzlichen Kosten von rund 33 Millionen Euro sitzen zu bleiben. Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig die Belastungen sind.

Was fordern Sie von Bund und Land?

Die Kommunen benötigen langfristige strukturelle Hilfen, um die Aufgaben, die Bund und Land ihnen auferlegen, finanzieren zu können. Die Stadt Köln hält zum Beispiel auf eigene Kosten Räumlichkeiten für die Aufnahme von Geflüchteten vor, bekommt dafür aber keinerlei Mittel von Bund und Land. Das muss sich ändern. Wir nehmen unsere Verantwortung ernst, aber wir brauchen dafür auch eine hinreichende Finanzausstattung. Ein Kämmerer-Kollege hat es treffend so formuliert: „Wir – die Kommunen – haben echte Probleme, also brauchen wir echtes Geld.“ Sinnvoll wäre auch eine höhere Beteiligung an der Umsatzsteuer. Das würde zur Stabilisierung unserer Einnahmen beitragen.

Haushalt

266,3 Millionen Euro Defizit erwartet Stadtkämmerin Prof. Dr. Dörte Diemert mittlerweile für dieses Jahr. Das Haushaltsloch hat sich durch Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten erhöht. Für 2023 rechnet Diemert mit Ausgaben von 5,5 Milliarden Euro und 181,2 Millionen Defizit, die Schulden steigen auf 4,0 Milliarden. Diemert ist seit 2019 im Amt. (fu)

Die Schulden der Stadt steigen rasant – von 2,2 Milliarden Euro in 2021 auf 7,2 Milliarden in 2027. Die Opposition wirft Ihnen „exzessive Verschuldung“ vor. Die sei angesichts steigender Zinsen „brandgefährlich“…

Die genannten Summen enthalten sowohl Kredite zur Sicherung der Liquidität – sozusagen der Dispo der Kommune –, als auch Kredite für Investitionen, mit denen ja Werte geschaffen werden, etwa wenn man damit Brücken oder Museen saniert. Der Haushalt wird in nächster Zeit tiefrote Zahlen schreiben und das führt zu entsprechend höheren Krediten. Insgesamt fällt die Verschuldung der Stadt Köln weiterhin eher moderat aus. Für steigende Zinsen haben wir 20 Millionen Euro bereitgestellt.

Die Oberbürgermeisterin hat betont: „Wir sparen nicht gegen die Krise an.“ Sind Einsparungen nicht unausweichlich angesichts der Kostenexplosion?

Wir haben bewusst frühzeitig einen Haushalt ohne große Kürzungen eingebracht. Für freiwillige Förderungen im Bereich Soziales, Kultur, Sport oder Jugend geben wir fast 100 Millionen Euro pro Jahr aus. Wir wollen die vorhandenen Strukturen erhalten und trotz der Krise in Zukunftsthemen wie Klimaschutz und Verkehrswende investieren. In Krisen läuft man Gefahr, langfristige Themen aus dem Blick zu verlieren, das wollen wir ausdrücklich nicht. Man muss aber auch sagen: Mehr geht nicht.

Das heißt, für neue Projekte ist kein Geld mehr da?

Wenn die Politik jetzt noch weitere Aufgaben beschließen will, muss sie sagen, wie das finanziert werden soll, oder an anderer Stelle Einsparungen vornehmen. Wir sind momentan in schwerem Fahrwasser und wissen nicht, wie sich die Wirtschaft entwickeln wird. Maß halten ist das Gebot der Stunde. Alle neuen Projekte müssen auf den Prüfstand.

Wo nehmen Sie zusätzliches Geld her? Werden Steuern und Gebühren erhöht?

Wir werden die Gewerbesteuer und die Grundsteuer stabil halten. Die Politik diskutiert eine Erhöhung der Vergnügungssteuer auf Geldspielautomaten. Zudem hat das Verfassungsgericht geurteilt, dass es rechtmäßig wäre, die Kulturförderabgabe („Bettensteuer“, Anm. d. Red.) auch von Geschäftsreisenden zu erheben, was den Gästen und Hotels den bisherigen bürokratischen Aufwand für die Abgrenzung ersparen würde. Auch das gilt es zu diskutieren. Andere Steuererhöhungen zeichnen sich derzeit nicht ab. Bei den städtischen Gebühren kann es zu Erhöhungen kommen, da sie kostendeckend sein müssen.

Die Stadtwerke haben 2022 nur 20 Millionen Euro an die Stadt ausgeschüttet. Muss das nicht wieder mehr werden?

Geplant ist, dass die Stadtwerke analog zu früheren Jahren wieder mehr ausschütten – rund 40 Millionen Euro in 2023 und 50 Millionen in 2024. Die Stadtwerke Köln stehen auch dank des breit aufgestellten Konzerns im Vergleich zu anderen Stadtwerken stabil da, aber auch sie spüren die Krise. Wir werden weiterhin in unsere Stadtwerke investieren. Der KVB stellen wir für die Beschaffung neuer Fahrzeuge für die Verkehrswende rund eine Milliarde Euro Gesellschafterdarlehen bereit.

Träger im Sozial- und Kulturbereich klagen, ihre Förderung für 2023 sei gestrichen, sie stünden vor dem Aus. Wegen der Energiepreise bräuchten sie künftig aber sogar mehr Geld.

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Die Haushaltsberatungen laufen noch. Die Politik muss entscheiden, wer künftig in welcher Höhe gefördert wird. Klar ist aber: Die Stadt allein kann nicht für alle Träger die höheren Heizkosten abfedern, sonst müssten wir massiv die Steuern erhöhen.