Köln-Innenstadt – Das Riesenrad am Schokoladenmuseum ist vorübergehend ein Renner. Doch im Schatten der Kölner Sommerattraktion tut sich nicht viel, die Gemeinschaft der Kölner Schausteller klagt über ein „Berufsverbot“ für die Branche. Nun wollen sie zurück. Statt der traditionellen Herbstkirmes soll es im Oktober auf der Deutzer Werft einen temporären Freizeitpark gemäß der Corona-Schutzverordnung geben. Titel: „Abenteuerpark Tivoli“. In Aachen, Düsseldorf und Dortmund hat es nach diesem Muster Veranstaltungen gegeben.
In Köln warten die Schausteller noch auf eine Antwort. Doch nach Informationen der Rundschau werden sie keine Genehmigung bekommen. Zum Hintergrund: Die Corona-Krise hat die Schausteller wie die gesamte Veranstaltungsbranche mit voller Härte getroffen. Seit Dezember fand so gut wie nichts mehr statt. Neben der Deutzer Frühjahrskirmes mussten sieben weitere Termine, die die Gemeinschaft Kölner Schausteller organisiert, abgesagt werden. Zu der Genossenschaft zählen 135 Familienbetriebe. „Es herrscht Alarmstufe Rot“ sagt Vorstand Otto-Ernst Weber. „Wenn es so weiter geht, wird es nächstes Jahr mehr als 50 Prozent der Schausteller nicht mehr geben.“
Zulassung für bis zu 80 Schaustellbetriebe gefordert
Damit es nicht so weit kommt, wollen die Schausteller ab Ende Oktober eine abgespeckte Kirmes in Deutz . Man habe um eine Zulassung für rund 40, 60 oder bis zu 80 Schaustellbetriebe gebeten, sagt Weber. Sonst sind mehr als 100 auf der Deutzer Kirmes vertreten. Geplant seien 16 Veranstaltungstage.
Mit einer festen Umzäunung, Kassenhäuschen namentlicher Registrierung und Einbahnstraßensystem will man der Corona-Schutzverordnung Genüge tun (siehe Infobox). Da diese Konzepte anderswo Zustimmung fanden, wundern sich die Schausteller über den langen Prüfbedarf der Stadt. Die Rundschau fragte nach und erfuhr am Abend: Die Stadt wird das Konzept ablehnen – und sieht sich dabei selbst in einer Zwickmühle.
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Erlaubt sind neben anderen kleineren Veranstaltungen nach dem Bebauungsplan auf der Deutzer Werft nur das Oster-Volksfest und das Herbst-Volksfest. Die sind aber nach Paragraf 13 der Corona-Schutzverordnung NRW derzeit verboten. Erlaubt wiederum sind nach Paragraf 10 Absatz 2 der Verordnung „temporäre Freizeitparks“. Alles klar? Nein, die sind laut Stadt nämlich nicht mit dem Bebauungsplan vereinbar. Es ist wie verhext.
„Ein ,Freitzeitpark’ ist nicht ausdrücklich vom Bebauungsplan erfasst und deshalb nicht genehmigungsfähig“ teilt die Stadt auf Anfrage nüchtern mit. Deshalb werde abgelehnt. Das klingt nach einer Verwaltungsposse, nur wird die die Schausteller ein weiteres Mal empfindlich treffen. „Wir könnten sofort anfangen“ hatte Kirsten Reinhardt von dem Verbund der Schausteller noch am Vormittag gesagt. Leider habe man keine Reaktion der Stadt bekommen.
Ähnliche Kritik von Roncalli-Chef Bernhard Paul
„Wir konnten nicht einmal unsere Idee vortragen.“ Ähnliche Kritik hatte vor einigen Wochen Zirkus-Chef Bernhard Paul (Roncalli) tief verärgert in der Rundschau geäußert. Aber warum diese vermeintlich penible Abwägung und folgenreiche Absage? Hintergrund könnte ein zu erwartender Ärger mit Anwohnern sein. Ähnlich wie am Tanzbrunnen wachen einige Nachbarn auch in Deutz sehr genau darüber, was die Stadt wann und wie lange zulässt. Teilweise ist dies verständlich, sie sind durch Veranstaltungen und Großdemonstrationen lärmgeplagt.
Jedenfalls zögern sie nicht zu klagen. Die beschriebene Rechtslage könnte dafür eine Einfallstor bieten. Möglicherweise sieht die Stadt genau diese Gefahr und will nicht eine Zusage geben, die sie am Ende doch nicht halten kann. Wenn es nach den Schaustellern geht, sind sie zumindest Ende des Jahres im Geschäft. Nach der Absage des Weihnachtsmarktes auf dem Roncalliplatz haben sie beantragt, die Fläche bespielen zu dürfen.
„Wir wollen dort keine große Kirmes“, sagt Reinhardt, aber ein Kinderkarussell und einige Buden sollten möglich sein, dazu ein schöner Baum. Die Stadt will nun grundsätzlich klären ob die Flächen nach Absage der Märkte anderweitig genutzt werden können. Auch für Alter Markt und Heumarkt seien Anträge anderer Schausteller eingegangen.
Freizeitparks
Die Landesregierung NRW hat so genannte „temporäre Freizeitparks“ als Ersatz für große Kirmesveranstaltungen zugelassen. Ausgefallen waren in diesem Jahr unter anderem die Düsseldorfer Rheinkirmes und Pützchens Markt in Bonn. Gemäß den Corona-Schutzbestimmungen gelten für die Freizeitparks feste Regeln:
1 Umzäunung des Geländes: Die Fahrgeschäfte stehen mit deutlich mehr Abstand zueinander.
2 Kassenhäuschen: Hier registrieren sich Besucher, die in der Regel online ein Ticket kaufen mussten. In Köln geplant wären auch Tageskassen, die aber eher für besucherschwache Tage.
3 Rundgang: Anders als üblich könne Besucher nur in einem Einbahnstraßensystem zu Karussells und Buden gehen. Das soll zu enge Kontakte verhindern.
38 Tage hatte „Düsselland“ in der Landeshauptstadt geöffnet. Der Park (Foto) war auf dem Messegelände aufgebaut worden, die Bilanz blieb durchwachsen. Dies soll an der nicht sehr zentralen Lage, aber auch an den knackigen Eintrittspreisen (8 Euro) gelegen haben. Der Preis wurde später auf 5 Euro gesenkt. Ähnliche Angebote gab es in Wuppertal, Aachen, Dortmund und Bielefeld. Nachträglich wurde der Ausschank von Alkohol auf den Märkten genehmigt. Anfangs war dies noch verboten gewesen. (mft)