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Bereit zur EuropareiseSo euphorisch sind Kölner FC-Fans vor dem letzten Heimspiel

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So war es am 20. Mai 2017: Die Fans des 1. FC Köln stürmten den Rasen und feierten die Mannschaft.

Köln – Gerd Jany (62) ist heilfroh, dass er seine Dauerkarte zu Beginn der Saison nicht in den „Pausieren“-Status versetzt hat. Die Ungewissheiten der Pandemie hatten einige Fans zu diesem Schritt bewogen. Mit seinen Freunden des Fanclubs „Sektion Suff“ wird er deshalb am Samstag mit äußerster Anspannung auf seiner Sitzschale, Oberrang Süd, Block 18, sitzen. „Für so ein Spiel würde keiner von uns seine Karte abtreten“, ist er sich sicher. Der Gegner beim letzten Heimspiel der Saison 2021/22 heißt VfL Wolfsburg, also nicht unbedingt ein Kracher. Doch der 1. FC Köln hätte nach eigenen Angaben 200.000 Tickets für dieses Spiel verkaufen können. Nur der Circus Maximus im antiken Rom hätte ausgereicht, um dieser Nachfrage gerecht zu werden.

Sogar die Champions League ist für den 1. FC Köln noch drin

Zwei Spieltage vor Saisonende ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Auswärtsfahrten des 1. FC Köln in der kommenden Spielzeit nicht an der deutschen Grenze enden werden. Theoretisch ist sogar die Qualifikation für die Champions League noch möglich. „Das ist sehr weit hergeholt, mit der Euroleague wäre ich persönlich schon zufrieden“, meint Jany, ein „Allesfahrer“, der seit vielen Jahren sämtliche Spiele des FC im Stadion erlebt. Auch auswärts. Im Umfeld des Clubs ist die Euphorie ähnlich groß wie zum Ende der Saison 2017/18, als sich der FC unter Trainer Peter Stöger am letzten Spieltag gegen Mainz erstmals nach 25 Jahren wieder für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren konnte.

Ein besonderes Rahmenprogramm plant der FC rund um das letzte Saison-Heimspiel nicht, und was die Fans in der Stadt veranstalten, obliegt wohl der Spontaneität. „Das Feuerwerk nach dem Sieg in Mönchengladbach war auch spontan“, sagt ein Fan. Nach dem 3:1-Erfolg hatten die Ultras am Geißbockheim eine kleine Variante der Kölner Lichter inszeniert und dazu „Derbysieger FC“ angestimmt.

AnnenMayKantereit passt sein Kultlied eigens an

Henning May, Sänger der Kölner Band AnnenMayKantereit, hat zu Wochenbeginn die Fans mit einer neuen Version des Kultlieds „Tommi“ verzückt, bei dem er normalerweise vom Heimweh nach Köln singt. Jetzt aber heißt es: „Tommi, ich glaub ich hab Fernweh.

Der Fangesang „Europapokal“

1996 sangen die Fans des Karlsruher SC erstmals das legendäre Lied vom „Europapokal“, das seitdem zum Kultlied in den Fankurven der Republik geworden ist. „Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom. Und in Kopenhagen, geht das Telefon: Vielleicht Valencia, vielleicht auch Mailand, Teneriffa, eine Woche Sandstrand...“, heißt es in der Hymne. In der Saison 1996/97 spielte der Karlsruher SC im Uefa-Cup zunächst gegen Bukarest, dann gegen Rom und Kopenhagen.

Die Melodie des Kurven-Kulthits entstammt dem italienisches Volkslied „L’ uva Fogarina“, komponiert in den 1920er Jahren. Ein Jahr nach dem Karlsruher SC qualifizierte sich der 1. FC Nürnberg für den Europacup, dessen Fans trugen das Lied ebenfalls hinaus nach Europa. Die Nürnberger Band „Wassd scho? Bassd scho!“ nahm das Europapokal-Lied erstmals auf. (tho)

Vielleicht liegt’s am FC und was der gerad' so dreht. Oder daran, dass man hier in Köln so groß träumen kann“, singt er. Und weiter: „Tommi, ich glaub, irgendwann steh'n wir in London und dann fängt etwas an.“ Anlass für dieses Ständchen war die Gesangseinlage des Profiteams, das nach dem jüngsten Sieg in Augsburg in der Kabine das „Tommi“-Original angestimmt hatte.

Die Euphorie in der Stadt ist enorm, in Kleinanzeigen suchen Fans im Internet einigermaßen verzweifelt nach Tickets für das Wolfsburg-Spiel. Teilweise werden Karten für bis zu 400 Euro angeboten - der FC ist wieder was wert. Bereits vor vier Monaten haben Gerd Jany und die 40 Mitglieder des Fanclubs Zugtickets nach Stuttgart gebucht, dort findet das letzte Saisonspiel des FC am übernächsten Wochenende statt. „Die Stimmung könnte derzeit nicht besser sein. Es ist gut, das die Fan-Szene wieder komplett die Spiele begleitet“, sagt er. Auch die Ultras sind nach ihrem Boykott zurück. In Augsburg, so erzählt Jany, sei die Stimmung im Fanblock auch eine halbe Stunde nach dem Schlusspfiff noch „mega“ gewesen.

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Auch für das letzte Heimspiel werden sich die Ultras wohl einiges einfallen lassen, um sich würdig von der Mannschaft und der Spielzeit zu verabschieden. „Es wird wohl ein buntes Bild auf der Südtribüne geben“, kündigt ein Fan an. Das Team soll also mit einer großflächigen Choreografie auf der Südtribüne empfangen werden. Je nach Ausgang des Spiel sei viel denkbar, „auch eine Platzbegehung“, heißt es in Fankreisen. Auch am 20. Mai 2017 hatten die Fans nach Platz fünf in der Liga und der Qualifikation für die Euroleague den Rasen gestürmt und gefeiert.