Die Stadt Köln steht unmittelbar vor der Einführung einer nächtlichen Ausgangssperre. Nach der Sitzung des Krisenstabs am Freitagvormittag will die Stadt über diese Maßnahme im Anschluss in einer Pressekonferenz informieren. Am Donnerstag hatte das NRW-Gesundheitsministerium der Stadt sein Einverständnis für eine Ausgangssperre gegeben. Die Stadt habe nun alle möglichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ausgeschöpft, hieß es in einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums an die Stadt Köln.
Am Donnerstag ist die Sieben-Tage-Inzidenz für Köln erneut gestiegen und liegt nun bei 163,7. Angesichts der steigenden Infektionszahlen ist laut Gesundheitsministerium das Ende der möglichen Maßnahmen erreicht. Daher stehe man grundsätzlich einer Ausgangssperre positiv gegenüber. Die Stadt müsse für dieses Vorhaben nun noch eine Allgemeinverfügung vorlegen. Dies war am Donnerstagnachmittag noch nicht der Fall gewesen. Vermutlich sollen die Ausgangsbeschränkungen schon am Samstagabend beginnen. Geplant ist nach Informationen der Kölnischen Rundschau die Zeit von 21 bis 5 Uhr.
Kurzfristige Umsetzung möglich
Stadtsprecher Alexander Vogel teilte mit, dass noch keine Entscheidung gefallen sei: „Der Krisenstab wird sich mit der aktuellen Lage, insbesondere der Situation auf den Intensivstationen, erneut beschäftigen und Maßnahmen beraten. Um unmittelbar handlungsfähig zu sein, wurden mögliche Maßnahmen bereits vorab mit dem Land abgestimmt, damit sie, sollte der Krisenstab sie morgen beschließen, kurzfristig umgesetzt werden können.“
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte bereits Anfang Februar eine nächtliche Ausgangssperre verhängen wollen. Weil die Stadt eine so weitreichende Beschränkung der bürgerlichen Freiheiten nicht im Alleingang anordnen kann, fragte die OB beim Land an. Doch damals erhielt Reker aus Düsseldorf eine Absage. Dieses Vorgehen sei aufgrund der pandemischen Lage nicht angemessen, hieß es im Februar. Schon damals sagte Reker bei einem Termin im Impfzentrum in Deutz gegenüber der Rundschau: „Die Situation ist sehr ernst. Ich bin besorgt“. Besonders die Mutation des Virus bereitete Reker Kopfzerbrechen.
Sollte die Ausgangssperre beschlossen werden, wird dies auch ein Kraftakt für die Polizei und das Ordnungsamt. Polizeipräsident Uwe Jacob hatte Mitte der Woche bereits verkündet, seine Behörde sei auf diese strikte Maßnahme vorbereitet. „Wir werden die Reaktion der Bevölkerung auf eine Ausgangssperre beobachten. Ich gehe zunächst einmal davon aus, dass alle den Ernst der Lage realisiert haben und sich an die Vorgaben halten“, betonte Jacob. Sollten sich die Bürger vermehrt nicht an die Anordnungen halten, würde die Polizei weitere Maßnahmen mit der Stadt abstimmen. Jacob hatte in den vergangenen Monaten immer wieder betont, dass es wichtig sei, dass sich die Menschen aus Infektionsschutzgründen an die Corona-Regeln halten sollten.
In Hamburg ist Sport alleine abends weiter erlaubt
Dass im Ministerium sehr deutlich betont wird, alle anderen Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens seien ausgeschöpft worden, ist offenbar eine Reaktion auf die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom Dienstag. Die Richter hatten die Ausgangssperre des Kreises Siegen-Wittgenstein mit der Begründung gekippt, die Verantwortlichen hätten die Wirksamkeit der übrigen Schutzmaßnahmen in ihrer Allgemeinverfügung nicht ausreichend dargelegt. Gut möglich also, dass sich auch das Verwaltungsgericht in Köln mit einstweiligen Verfügungen befassen muss, sollte am heutigen Freitag die nächtliche Ausgangssperre für die Stadt beschlossen werden.
Ausgangssperren sind in den vergangenen Tagen und Wochen in vielen Städten und Kreisen verhängt worden. In Hamburg gilt sie seit Ostern, die Sieben-Tage-Inzidenz lag dort Anfang des Monats etwa bei 160, am Donnerstag wurde ein Wert von 147 vermeldet. Der Senat hat sich für eine leichte Form der Ausgangssperre entschlossen – so ist beispielsweise das Sporttreiben alleine auch nach 21 Uhr weiter erlaubt. Auch in München gilt seit Mittwoch zum insgesamt dritten Mal eine nächtliche Ausgangssperre, weil die Inzidenz über dem Wert von 100 liegt. In Baden-Württemberg dagegen gilt die Maßgabe, Ausgangsbeschränkungen ab einer Inzidenz von 150 in Betracht zu ziehen. Für Einheitlichkeit soll die sogenannte Bundes-Notbremse sorgen, die Gesetzesvorlage muss noch durch den Bundesrat. Uneinheitlich sind auch die Bußgelder, bei Verstößen. In München werden 500 Euro fällig, in Hamburg nur 150.
Ausgangssperren sind umstritten, Aerosolforscher halten eine Ansteckungsgefahr an der frischen Luft für sehr unwahrscheinlich, laut jüngsten Untersuchungen sei sie sogar 20-fach geringer als in Räumen.