Die Rettungsdienstler von DRK und Malteser aus dem Kreis Euskirchen sind in Köln im Einsatz, wo mehr als 6400 Menschen evakuiert werden müssen.
BombenentschärfungRettungsdienst aus dem Kreis Euskirchen unterstützt Kollegen in Merheim
Die Stadt Köln spricht von der größten Evakuierung seit dem Zweiten Weltkrieg. Bis Freitagabend muss das Krankenhaus Merheim mit 287 Patienten geräumt sein, ebenso die Rehanova-Klinik mit 70 Patienten und die LVR-Klinik mit 285. Dazu müssen Kitas, Schulen, Büros, Gewerbegebiete und 6400 Anwohner aus Merheim und Neubrück evakuiert werden. Der Grund: der Fund eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Stadt Köln plant das Szenario seit Monaten.
Bei der Rückführung der Patienten in die Kliniken, die im Idealfall am Samstag um 7 Uhr beginnen soll, wird auch der Kreis Euskirchen mithelfen. Die Feuerwehr Köln hat schon vor einigen Wochen um Unterstützung gebeten. Das Land NRW hat diese in Form des Landeskonzepts für überörtliche Hilfen zugesichert – genauer gesagt in Form eines sogenannten Patiententransportzugs 10 (PT-Z 10).
DRK und Malteser arbeiten beim Katastrophenschutz Hand in Hand
Ein PT-Z 10 kann mindestens zehn Patienten transportieren, davon acht liegend und zwei sitzend. Er besteht aus vier Rettungswagen (RTW), vier Krankentransportwagen (KTW) und einem Führungsfahrzeug. Bestückt wird der PT-Z 10, der am Samstag in Köln im Einsatz sein wird, aus den Reihen der Malteser und des Deutschen Roten Kreuz (DRK). Geleitet wird er von Zugführer Dirk Rose.
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„Los geht es am Samstag um 6 Uhr, damit wir spätestens um 7 Uhr am Bereitstellungsraum in Leverkusen sind“, erklärt der DRK-Mitarbeiter. Von dort aus gehe es dann in den Einsatz. Was genau auf die 20 Einsatzkräfte zukomme, stehe noch nicht fest. Wahrscheinlich erfahre man das erst vor Ort, so Rose. Höchstwahrscheinlich werde man evakuierte Patienten aus den Notunterbringungseinrichtungen zurück in die drei Kliniken nach Merheim fahren.
Einsatz in Köln: Zwei-Schicht-System für Euskirchener Rettungsdienst
Feststehe, dass Marschzeit 6 Uhr sei und die Schicht gegen 21 Uhr ende. Damit sich der Dienst für die Einsatzkräfte nicht über den gesamten Samstag zieht, hat der Katastrophenschutz des Kreises ein Zwei-Schicht-System für den Einsatztag konzipiert – von 6 bis 14 Uhr und von 14 bis 21 Uhr. Ein Mannschaftswagen fahre die zweite Welle der Einsatzkräfte für 14 Uhr nach Leverkusen und nehme die erste Schicht wieder mit, erklärt Rose.
Ehrenamtler zu bekommen, um den PT-Z 10 zu besetzen, sei in diesem Fall nicht schwierig gewesen. Es werde aber grundsätzlich immer schwieriger, Einsatzkräfte für solche Aufgaben zu gewinnen, sagt Martin Fehrmann, Leiter der Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen. Ein Grund sei, dass die Einsatzhäufigkeit stetig steige.
Zudem seien viele hauptamtliche Kräfte auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich in Hilfsorganisationen tätig, ergänzt Sebastian Nüsgen, Teamleiter des Rettungsdienstes: „Sie müssen natürlich darauf achten, ob sie in einen Dienst kommen oder in einen gehen, um nicht irgendwelche Ruhezeiten zu gefährden.“ Das sei auch ein Grund, warum man sich intern für das Zwei-Schicht-System für die Unterstützung in Köln entschieden habe, so Nüsgen. Und der komplette Samstag sei so auch nicht kaputt für die Einsatzkräfte.
Der eigentliche Rettungsdienst im Kreis sei am Samstag durch die Arbeit in Köln nicht ausgedünnt. „Alles, was in Köln im Einsatz sein wird, ist eine zusätzliche Leistung. Es sind zum Regelrettungsdienst zusätzliche Fahrzeuge und zusätzliches Personal im Einsatz für das Landeskonzept“, erklärt Nüsgen: „Die Menschen von Losheim bis Metternich müssen sich keine Sorgen machen.“
Und wenn sich die Lage im Kreis Euskirchen kurz vor der Fahrt nach Leverkusen überschlagen sollte, sodass die zusätzlichen Komponenten, die im Landeskonzept vorgesehen sind, vor Ort benötigt würden? „Dann geht eine Sofortmeldung nach Köln raus. Dann müsste die Einsatzleitung dort vor Ort sehen, dass sie uns kompensiert bekommt“, erklärt Nüsgen. Laut Fehrmann regelt den eigentlichen Einsatz die Berufsfeuerwehr Köln. Das ganze System werde aber von einem Stab der Bezirksregierung unterstützt.
Neu oder ungewöhnlich ist es nicht, dass der Katastrophenschutz des Kreises im Rahmen der Landeskonzepte für überörtliche Hilfen eingebunden wird. Während der Fußball-Europameisterschaft in Köln wurden gleich vier solcher Konzepte aus der Region heraus bestückt: Behandlungsplatz-Bereitschaft, Patiententransportzug und zwei Dekontaminationskonzepte – für kontaminierte Einsatzkräfte sowie für kontaminierte Besucher der EM oder der Stadt Köln.
Zudem werde man auch immer wieder gebeten, sich in Bereitschaft zu versetzen, wenn in Köln ein Blindgänger entdeckt worden ist, so Fehrmann.
Und selbst bei der großen Evakuierung in Merheim ist der Samstag nicht der einzige Tag, an dem der PT-Z 10 aus dem Kreis in Richtung Köln hätte fahren können. Wenn nämlich bei der Sondierung der Verdachtspunkte auf dem Klinikgelände ein Blindgänger mit einem Langzeitzünder entdeckt worden wäre, hätte sofort reagiert werden müssen. Langzeitzünder sind besonders unberechenbar und können jederzeit eine Explosion verursachen.
Dann hätte die Ad-hoc-Bereitstellung gegriffen und der PT-Z 10 wäre sofort nach Merheim gefahren, weil keine Zeit zur langfristigen Planung der Evakuierung gewesen wäre. Da dieser Fall aber ausblieb, gab es schnell Entwarnung nach Euskirchen. Jetzt geht es dafür am Samstag deutlich entspannter und mit etwas mehr Vorlaufzeit nach Köln.
Evakuierung in Merheim ist sehr hoher logistischer Aufwand
21 Verdachtspunkte hat der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) rund um das Krankenhaus in Köln-Merheim unter die Lupe genommen. Einen amerikanischen Zehn-Zentner-Blindgänger fanden die Experten. Und der sorgt nach Angaben der Stadt Köln für die aufwendigste Evakuierung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs – zumindest, was den planerischen Aufwand angeht.
Die Verantwortlichen des KBD hoffen, am frühen Freitagabend mit der Entschärfung beginnen zu können. Der logistische Kraftakt hat bereits am Mittwoch begonnen. Nach Angaben der Stadt Köln sind über die Tage mehr als 2000 Einsatzkräfte eingeplant. Auch weitere Kräfte aus dem Kreis Euskirchen stehen auf Abruf bereit.
Nach Angaben der Stadt Köln kostet die gesamte Maßnahme etwa eine Million Euro. Die Klinik rechnet wegen des reduzierten und zeitweise stillgelegten Betriebs, wegen Baumaßnahmen zur Gebäudesicherung und erhöhten Personalkosten durch Überstunden ebenfalls mit einem einstelligen Millionen-Betrag.
Auf dem Gelände der heutigen Klinik in Merheim befand sich im Zweiten Weltkrieg ein Militärflughafen – daher auch die vielen Verdachtspunkte. Am 13. April 1945 wurde der Flugplatz Ostheim von der US-Armee besetzt. Teile der ehemaligen Kaserne werden heute als Wohngebäude, für Gewerbe und vom Krankenhaus Merheim genutzt.