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KostenüberblickSo viel kostet derzeit ein Platz im Pflegeheim

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Symbolbild

Köln – Der Einzug ins Pflegeheim fiel Heike Eversmeyer vor drei Jahren nicht leicht. Doch sie hatte keine andere Wahl. „Es war der Tag, an dem mein Ehemann beerdigt wurde, als ich einen Schlaganfall erlitt“, erzählt die 83-Jährige. Seither ist sie mit einem Pflegegrad 3 auf fremde Hilfe angewiesen, der Rollator ihr ständiger Begleiter. „Vom Kopf her bin ich fit, doch die Beine wollen nicht mehr so wie ich will. Deswegen kann ich nicht mehr alleine wohnen.“

Vom Krankenhaus ging es damals direkt weiter ins Heim. Mit dem Umzug in die neue Umgebung kamen die Sorgen über die finanzielle Belastung. „Ich weiß nicht, wie ich die Kosten für meine Unterkunft künftig noch stemmen soll“, sagt Eversmeyer. „Es wird ja immer teurer.“ So ist seit ihrem Einzug im Jahr 2018 ihr Eigenanteil, den sie jeden Monat zahlen muss, um 374 Euro auf inzwischen 2474, 45 Euro gestiegen. „Ich kriege nicht viel Rente, entsprechend bleibt davon schon längst nichts mehr übrig.“

Viele geraten in existentielle Not

Mit ihren Sorgen ist Frau Eversmeyer nicht allein. Steigende Heimkosten treiben inzwischen viele Menschen in existentielle Not. Nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) mussten Pflegebedürftige Anfang 2021 im Schnitt pro Monat 2068 Euro aus eigener Tasche für eine Unterkunft in der stationären Pflege bezahlen. Ein Jahr zuvor waren es noch 1940 Euro.

Der sogenannte Eigenanteil, den Betroffene im Monat selber schultern müssen, setzt sich dabei aus verschiedenen Kostenkomponenten zusammen: Die rein pflegebedingten Aufwendungen werden mit dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) finanziert. Dieser gilt für alle Bewohner mit Pflegegrad 2 bis 5 in gleicher Höhe und betrug Anfang 2021 im Bundesdurchschnitt 831 Euro. Weitere 779 Euro werden durchschnittlich im Monat für Unterkunft und Verpflegung fällig.

Kosten für Modernisierung werden in Rechnung gestellt

Ein weiterer Kostenblock stellen die Investitionskosten. Damit gemeint sind Aufwendungen für Umbau- oder Ausbaumaßnahmen, Modernisierungsarbeiten oder Instandhaltung. Diese werden jedem Bewohner in Rechnung gestellt. Anfang 2021 lagen sie bei durchschnittlich 458 Euro im Monat. Gegebenenfalls kann das Heim zudem eine Ausbildungsumlage bzw. individuelle Ausbildungskosten geltend machen, was monatlich nochmal etwa 50 Euro mehr ausmacht.

Mit dem Eigenanteil sind noch nicht sämtliche Kosten für einen Platz im Pflegeheim abgedeckt. Der Rest wird jedoch von der Pflegekasse übernommen. Wieviel sie übernimmt, richtet sich dabei nach der Pflegebedürftigkeit des Bewohners. Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige selbst zahlen müssen, erhöht sich zwar mit steigendem Pflegegrad nicht. Betroffene müssen also nicht befürchten, dass wenn ihre Pflegebedürftigkeit im Alter zunimmt, damit auch ihr Eigenanteil erhöht wird. Allerdings kalkuliert jeder Heimbetreiber seine Kosten selbst und mögliche Preiserhöhungen – die von den Kassen und Sozialbehörden genehmigt werden müssen − gehen dabei voll zu Lasten der Bewohner. Denn beim Zuschuss der Pflegekassen handelt es sich um einen Festbetrag. Heißt: Alles, was darüber hinaus geht, müssen Pflegebedürftige und Angehörige tragen. Und hier zeigt sich: Die Pflegeheimkosten steigen seit Jahren stetig, vor allem, weil sich die Personal- und Investitionskosten erhöht haben.

Hoffen auf die Pflegereform

Viele Betroffene hoffen deshalb auf die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigte Pflegereform. Tatsächlich war im ersten Entwurf eine langfristige Deckelung der Eigenanteile geplant. Geblieben ist von dieser Idee allerdings wenig. Stattdessen wurden mit dem neuen Gesetz lediglich Zuschläge zum Eigenanteil beschlossen. Was heißt das konkret? Von den 2068 Euro, die die Bewohner im bundesweiten Durchschnitt jeden Monat zahlen, entfallen 831 Euro auf die Pflege. Wenn im ersten Jahr im Pflegeheim der Eigenanteil für die Pflege also um 5 Prozent sinkt, entspricht das einer Entlastung von 41,55 Euro im Monat. Im zweiten Jahr würden diese Kosten um 208 Euro sinken, ab dem dritten um 458 Euro. Der Haken daran: Weil die Eigenanteile in den vergangenen Jahren so rasant gestiegen sind, dürften sich zumindest in den ersten beiden Jahren nach der Reform keinerlei Entlastungen für die Pflegebedürftigen ergeben, sondern Mehrkosten.

Ein Eigenanteil-Deckel war der Regierung wohl zu teuer, sagt Gernot Kiefer, Vizevorsitzender des GKV-Spitzenverbandes von Kranken- und Pflegekassen. Mit der Zuschussvariante würden die Bedürftigen allerdings weniger entlastet als bei einer echten Deckelung. „Werden nicht parallel die Leistungsbeträge mindestens entsprechend der Inflation angehoben, reicht das bei Weitem nicht aus, um die hochschnellenden Eigenanteile so zu begrenzen, dass nicht immer mehr Bedürftige überfordert wären“, so Kiefer gegenüber unserer Redaktion.

„Da kommt wieder etwas auf uns zu“, sagt Heike Eversmeyer. „Ich weiß nicht, wie ich das finanziell durchhalten soll. Ich habe ja keine Alternative. Und wann ich die Augen zu mache, weiß ich auch nicht.“