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Günstiger heizenBauherren setzten 2021 vor allem auf Wärmepumpen

Lesezeit 5 Minuten

5,5 Millionen Haushalte in Deutschland werden mit Fernwärme geheizt, davon sind 80 Prozent Mieterhaushalte.

Köln – Neben einer Pellet-Heizung ist Fernwärme zurzeit für Verbraucher die günstigste Art zu Heizen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Vorteilen und Nachteilen.

Was wird unter Fernwärme verstanden?

Unter Fernwärme versteht man zentral erzeugte Wärme. Ein oder mehrere Kraftwerke speisen ein Wärmenetz, an das Verbraucher über Rohrleitungen angeschlossen sind. Das Prinzip: Heißes Wasser mit einer Temperatur von 70 bis 140 Grad Celsius wird unter Druck über die Rohrleitungen bis zur Abnahmestelle in den Gebäuden transportiert. Dort wird die Wärme an den Heizkreislauf des Gebäudes abgegeben. Seltener werden heißer Dampf oder geringere Wassertemperaturen eingesetzt. Der Verbrauch wird in der Regel über einen Wärmemengenzähler an der Übergabestation erfasst.

Der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zufolge werden in Deutschland etwa 5,5 Millionen Haushalte mit Fernwärme geheizt, davon zu etwa 80 Prozent Mieterhaushalte.

Wie wird die Wärme erzeugt?

Das ist ganz unterschiedlich. Sie kann zum Beispiel durch die Abwärme von Biogasanlagen, durch Solarthermie, durch Wärmepumpen, durch die Verbrennung von Holzhackgut oder die Verbrennung von Gas erzeugt werden. Auch die Nutzung von Abwärme aus industriellen Prozessen ist möglich. Insofern ist Fernwärme nicht gleich Fernwärme und die Art der Erzeugung entscheidet, inwieweit sie klimafreundlich ist.

Fernwärme in der Region

Fünf Heizkraftwerke der Rheinenergie in Niehl, Merke-nich, Merheim und der Südstadt versorgen 55 000 Haushalte in Köln mit Fernwärme. Angeboten wird sie linksrheinisch in der Innenstadt, Chorweiler, Seeberg und Heimersdorf sowie in Teilen von Nippes, Riehl, Zollstock, Sülz und Ehrenfeld. Rechtsrheinisch sind Deutz und Merheim angeschlossen sowie Straßenzüge von Mülheim. Der Arbeitspreis pro Kilowattstunde verbrauchter Wärme beträgt 10,07 Cent. Großabnehmer zahlen 9,64 Cent.

In Bonn gibt es Heizkraftwerke in Endenich und Dottendorf, die ein Netz von 120 Kilometer versorgen. Angeboten wird Fernwärme nur linksrheinisch. Angeschlossen sind 2700 Gebäude, darunter die Uni, Firmen und Häuser von Wohnungsgesellschaften. Der Arbeitspreis beträgt 10,489 Cent. Fernwärme gibt es auch in Hürth.

Preise werden im April und Oktober angepasst. Bei der Rheinenergie steigen sie für Fernwärme weniger stark als für Gas. (raz)

Was ist der Unterschied zu Nahwärme?

Das Prinzip ist das gleiche. Mit Nahwärme sind allerdings kleine und dezentrale Netze gemeint, bei denen ein Gebäudekomplex oder mehrere einzelne Häuser über ein Wärmenetz versorgt werden. Rechtlich wird nicht zwischen Nah- und Fernwärme unterschieden.

Welche Rolle spielt Fernwärme in Neubauten?

Dem Statistischen Bundesamt zufolge haben Bauherren im vergangenen Jahr vor allem auf Wärmepumpen gesetzt. Erstmals wurden sie 2021 in mehr als der Hälfte der neuen Wohngebäude als primäre Heizenergiequelle eingesetzt. Wärmepumpen kommen vor allem in Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz: In 53,9 Prozent aller 2021 fertiggestellten Ein- und Zweifamilienhäuser wurde der Statistik zufolge eine Wärmepumpe eingebaut, deutlich seltener war der Anteil in Mehrfamilienhäusern (30,6 Prozent), die zu 21,4 Prozent mit Fernwärme und zu 39,1 Prozent mit Erdgas beheizt werden. In der Statistik wird Fernwärme übrigens weder zu den erneuerbaren noch zu den konventionellen Energieträgern gezählt.

Wie viel Fernwärme wird in Deutschland genutzt?

Insgesamt belief sich der Verbrauch 2021 auf 126 Milliarden Kilowattstunden Wärme. Damit hat sich der Verbrauch etwas erhöht, bleibt aber laut dem Statistischen Bundesamt insgesamt über die vergangenen Jahre betrachtet sowohl in der Industrie als auch bei Privathaushalten relativ konstant.

Wie hoch sind die Kosten für das Heizen?

Neben Pellets ist Fernwärme zurzeit die günstigste Art zu Heizen. Und während die Preise für Gas und Öl in den vergangenen Monaten gestiegen sind, ist der Preis für Fernwärme konstant geblieben, wie Daten des Deutschen Pelletinstituts (DEPI) und des Fachmagazins Brennstoffspiegel zeigen.

Der Verbraucherzentrale NRW zufolge fallen die Preise für Fernwärme je nach Anbieter sehr unterschiedlich aus. Das kann technische Gründe haben wie die Art der Wärmeerzeugung, aber auch die Anschlussdichte könnte eine Rolle spielen. Möglich sei auch, dass ein Unternehmen seine Monopolstellung ausnutze.

Wie setzen sich die Kosten zusammen?

Hier unterscheidet sich Fernwärme nicht von Gas oder Strom. In der Regel setzt sich auch der Fernwärmepreis aus einem Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde und einem Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung (Anschlusswert) zusammen. Wie beim Gas wird über den Arbeitspreis der tatsächliche Wärmeverbrauch abgerechnet, während der Grundpreis ein Fixpreis pro Jahr ist. Zusätzlich kann eine Gebühr für die Messung und Ablesung des Zählers hinzukommen.

Lohnt sich dort, wo es möglich ist, ein Anschluss?

Eine neue Heizung bedeutet im ersten Schritt auch immer eine Investition. Allerdings ist diese bei Fernwärme vergleichsweise niedrig. Bei der Umstellung fallen bei einem kleineren Gebäude der Verbraucherzentrale NRW zufolge Kosten in Höhe von etwa 8000 bis 15 000 Euro an. Darunter fallen die Entsorgung der Altanlage, der Anschluss an das Fernwärmenetz, der Einbau der Fernwärmeübergabestation und die Einregulierung der Wärmeverteilung im Gebäude. Außerdem kann das Fernwärmeunternehmen einen sogenannten Baukostenzuschuss verlangen, also einen anteiligen Kostenbeitrag für das Fernwärmeverteilnetz.

Hat Fernwärme eher Vorteile oder Nachteile?

Es gibt beides. Zu den Vorteilen zählt der Verbraucherzentrale zufolge, dass ein Heizungskessel nicht notwendig ist. Dadurch entfallen die Kosten für Emissionsmessungen und Wartung. Ebenso wenig muss man sich um den Brennstoffeinkauf kümmern.

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Allerdings gibt es auch Nachteile. Während bei Strom und Gas der Anbieter schnell gewechselt werden kann, wenn die Preise sich erhöhen, geht das bei Fernwärme nicht. Jedes Fernwärmeunternehmen ist ein lokaler Monopolist, der Verbraucher ist gebunden. Und in Neubaugebieten gibt es oftmals einen Anschlusszwang, der Verbraucher einschränkt. Sie müssen dauerhaft bei einem Unternehmen Wärme kaufen.

Ist der Verbraucher für immer gebunden?

Nein, Wärmelieferverträge laufen über zehn Jahre, eine längere Laufzeit ist rechtswidrig. Innerhalb der zehn Jahre legt eine Preisgleitklausel fest, welche Preissteigerungen möglich sind.

Lohnt sich Fernwärme in Neubaugebieten?

Der Verbraucherzentrale NRW zufolge lohnt sich Fernwärme in Neubaugebieten selten. Der Grund: Neubauten haben einen geringen Energieverbrauch, so dass eine für die Wirtschaftlichkeit erforderliche Wärmeabnahmemenge pro Meter Netz (Anschlussdichte) schwerer zu erreichen ist. Ein Anschluss könne sinnvoll sein, wenn das Neubaugebiet eine sehr dichte Bebauung habe und so trotzdem eine hohe Anschlussdichte erreicht werden könne.