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Heizen in der EnergiekriseKölns Obermeister über die „Angst im Kalten zu sitzen“

Lesezeit 5 Minuten

Marc Schmitz zeigt ein mobiles Heizgerät in seinem Lager. Den Bestand dieser Geräte hat der Obermeister der Heizungsinnung bei sich verdoppelt, um für diesen Winter gewappnet zu sein.

Köln – Die Energiekrise und steigende Gaspreise beschäftigen im Moment zahlreiche Kölner. Heizungsbaumeister Marc Schmitz weiß das genau, denn sein Telefon klingelt ununterbrochen. Der Obermeister der Kölner Innung Heizung-Sanitär-Klima betont, dass eine Wärmepumpe als Heizung kein Allheilmittel ist, auch wenn die Bundesregierung derzeit nur noch davon spreche.

Für viele Kölner sehe die Realität anders aus. Denn nicht überall sei es möglich eine einzubauen. Schmitz rät allen – Eigentümern sowie Mietern – vor dem Gedanken an einen Heizungswechsel erst einmal die vorhandene Technik überprüfen zu lassen.

„Ich kann verstehen, dass die Kunden in Panik geraten“

„Wir haben nicht erst seit Februar etliche Anfragen, aber seit der Ausrufung der Gaswarnstufe ist die Zahl der Anfragen explodiert. Die Leute haben große Angst, im Winter im Kalten zu sitzen“, berichtet Schmitz. „Und ich kann verstehen, dass die Kunden in Panik geraten. Meine Frau hat mich auch schon gefragt, ob wir im Winter im Kalten sitzen.“

Alternativen zur Gasheizung

240 Innungsfachbetriebe für Sanitär, Heizung und Klima gibt es im Stadtgebiet Köln. „Hochqualifizierte Leute“, betont Obermeister Marc Schmitz. Die Alternativen zum Gas, die diese Firmen installieren können, gehen von Klimaanlagen über Pelletofen bis zur Wärmepumpe.

Mit einer Klimaanlage können Verbraucher auch heizen. Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Wärmepumpe. Das verbraucht weder Gas noch Öl, „nur“ die Stromkosten steigen dadurch. Einer Anlage mit drei Außen- und einer Inneneinheit kostet laut Schmitz rund 8000 bis 10 000 Euro. Der Obermeister hält das für die günstigste Lösung.

Bei einer Heizung mit Holzpellets ist ein Lager oder zumindest ein Abstellraum nötig. Die Pellets kommen in 15 Kilo-Säcken. Es gibt aber auch Silos, ähnlich wie beim Ölkessel, von denen die Holzpellets über eine „Schnecke“ automatisch in den Ofen gebracht werden. Hier liegen die Kosten nur für den Ofen bei ebenfalls rund 8000 bis 10 000 Euro.

Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe in einem Einfamilienhaus kostet schon deutlich mehr. Der Preis hänge unter anderem davon ab, ob Warmwasser mitangeschlossen werde. Die Kostenschätzung liegt laut Schmitz bei 18 000 bis 25 000 Euro. Dies seien alles Schätzungen, es komme immer auf die Größe des Objekts und die gegebenen Möglichkeiten an. (rom)

30 bis 40 Anfragen gehen allein bei seinem Betrieb jede Woche ein. Die Hälfte der Interessenten frage zunächst unverbindlich nach dem Preis. „Die andere Hälfte möchte auf jeden Fall eine Wärmepumpe haben. Obwohl der Kunde noch gar nicht weiß, ob das überhaupt passt. Pauschal zu sagen, bauen sie eine Wärmepumpe ein, das ist der falsche Weg.“

Optimierung der vorhandenen Heizungsanlage

Der Profi empfiehlt immer erst eine Ertüchtigung der vorhandenen Heizungsanlage. Auch beim Gas könnten die Verbraucher dadurch 10 bis 30 Prozent an Energie einsparen. Dabei gehe es nicht nur um eine klassische Wartung. Es gehe vor allem um eine Optimierung durch einen hydraulischen Abgleich oder die Umstellung auf elektronische Thermostatköpfe.

Beim Abgleich wird dafür gesorgt, dass das Wasser optimal auf alle Heizkörper verteilt wird und der Wärmeverlust minimal ist. Elektronische Köpfe haben den Vorteil, dass der Verbraucher die Zeit einstellen kann. So läuft die Heizung beispielsweise während der Arbeitszeit nicht durch.

„Es schlummern riesige Einsparpotenziale“

Zudem könne kontrolliert werden, ob die Nachtabschaltung korrekt sei. Beides gelte für Eigentümer, aber auch für Mieter, die diese Schritte bei ihrem Vermieter anfragen könnten. Schmitz: „Es schlummern riesige Einsparpotenziale. In der Regel kann ich viel machen, ohne die Heizung zu wechseln.“

Bei einer Eigentumswohnung im Mehrfamilienhaus könne es durch die Eigentümerstrukturen kompliziert werden. „Ich würde immer in der Eigentümergemeinschaft ansprechen, wie man die Heizung optimieren kann. Die Bereitschaft, etwas zu tun, ist in den letzten zwei Monaten gestiegen.“

Wärmepumpe sei kein Allheilmittel

Schmitz ist nicht nur Heizungsbauer und Obermeister, sondern auch als Sachverständiger und Gutachter tätig. Der Experte erklärt, warum die Wärmepumpe kein Allheilmittel ist: „Oft funktioniert die vorhandene Gas-Heizung nicht mit der Wärmepumpe. Die Heizungen werden ausgelegt auf minus 10 Grad Außentemperatur in Köln: Dann müssen es 70 Grad Vorlauf und 55 Grad Rücklauf sein. Die Wärmepumpe schafft aber nur 55 Grad.“ Meistens eigne sich aber ein Hybridsystem aus beidem. „Dann heizen sie bis minus ein oder zwei Grad mit der Wärmepumpe. Wenn es kälter wird, geht die Gasanlage an.“

Preissteigerungen und Lieferprobleme machen den Heizungsbauern zusätzlich zu schaffen. „Wir bestellen in großen Volumen, also haben wir ein gutes Standing. Aber wenn wir jetzt bestellen, dann rechnen wir mit der Lieferung frühestens im November. Vorher ist nichts zu machen“, konstatiert Schmitz. Manch namhafter Hersteller habe eine Lieferzeit von gut acht Monaten – ohne Garantie.

Starker Effekt durch den Ukraine-Krieg

Liefertermine werden aktuell auch in der Heizungsbranche gern nach hinten verschoben. Schmitz hat das bei einem Großprojekt bereits zu spüren bekommen. Die Lieferkette sei durcheinander. „Es gelten plötzlich andere Spielregeln beim Einkauf. Der Markt hat sich geändert und wir haben einen enormen Aufwand für die Beschaffung“, so Schmitz.

Bei den Preissteigerungen, die es bereits seit Beginn der Pandemie gebe, komme nun noch der Effekt durch den Ukraine-Krieg obendrauf. Eine jährliche Erhöhung sei normal gewesen, in diesem Jahr habe mancher Hersteller laut dem Obermeister die Preise bereits bis zu dreimal erhöht. „Dadurch können wir dem Kunden nie ein sicheres Angebot geben.“ Preisbindungen seien nur noch selten und in kurzen Zeiträumen möglich. „Die Großhändler sind von den Zulieferern aus der Industrie abhängig. Die wiederum leiden unter Import und Export-Stopps, vor allem beim Stahl.“

„Über die Kosten wollen wir nicht reden“

Es gehe mittlerweile so weit, dass Kunden ihre Anlagen bereits jetzt voll bezahlen und dann sechs Monate – oder länger – darauf warten, nur um sie zum günstigeren Preis zu bekommen. „Der Kunde hat Verständnis, aber auch immer nur bis zu einem gewissen Grad“, sagt Schmitz.

Problem ist, dass er jetzt schon sagen kann, dass so manche Anlage bis zum Winter gar nicht fertig wird. Für die Zwischenzeit gibt es mobile Geräte. Beispielsweise mobile Heizstationen, die per Strom an die Heizungsanlage angeschlossen werden kann. „Über die Kosten wollen wir nicht reden“, wirft er ein. Davon seien zehn Geräte auf Lager. Zudem habe er den Vorrat an Heizlüftern und Konvektoren verdoppelt, die eigentlich für den Notdienst gedacht sind.

Aktuell seien 100 Lüfter und 30 Konvektoren am Lager. „Wir haben sogar zehn Ölradiatoren für den Notfall gekauft. Das muss man sich mal vorstellen, selbst die alten Ölradiatoren müssen sie im Moment erstmal bekommen.“ Auch der Heizungsbauer selbst hat die Devise: In diesem Winter für jede Situation gewappnet sein.