Ein Spiel der B-Junioren muss unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholt werden. Zuschauer sollen sich „auffällig“ verhalten haben.
JugendfußballWird der Umgang auf den Plätzen im Kreis Euskirchen rauer?
Wenn am Mittwoch in der B-Junioren-Kreisklasse die JSG Nierfeld/SG92/Oleftal II die JSG Mechernich/Feytal/Weyer II empfängt, wird dieses Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das hat das Kreisjugendsportgericht so entschieden.
Das Spiel, das ursprünglich am 26. August stattgefunden hatte, war vom Schiedsrichter, bei dem es sich um den Trainer der Gästemannschaft handelte, abgebrochen worden. „Zuschauer, die der Heimmannschaft nicht bekannt waren, haben sich auffällig verhalten“, beschreibt es die Fußballkreis-Vorsitzende Doris Mager.
Daraufhin habe der Schiri die Verantwortlichen der Heimmannschaft gebeten, diese Zuschauer zum Gehen aufzufordern. Beim Verlassen der Anlage wurden laut Mager bedrohende Äußerungen in Richtung Gästemannschaft getätigt. Eine Neuansetzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit sei ungewöhnlich.
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„Ich kenne keinen vergleichbaren Fall“, gibt Mager zu. Sie vertraut in dem Fall aber auf Sportrichter Daniel DeHart, der mehr Details zum Fall vorliegen habe. „Wenn er das für richtig erachtet, um für Ruhe und den Schutz der Spieler zu sorgen, dann ist das so“, sagte Mager.
Wer einen Blick in die gleiche Ausgabe der Amtlichen Mitteilungen des FVM wirft, in der auch das Urteil aufgelistet ist, sieht: Es ist offenbar keine Seltenheit, dass es im Jugendfußball zu Verfehlungen kommt. Etwa beim A-Jugendspiel zwischen Weilerswist und der JSG Erft 01: Ein Weilerswister Spieler wird wegen Kritik an den Unparteiischen für zwei Spiele gesperrt.
Gibt es im Jugendfußball im Kreis Euskirchen ein Problem?
In derselben Partie gab es einen Platzverweis für einen Erft-Spieler wegen Unsportlichkeit. In der C-Jugend erhielt ein Trainerassistent der JSG SG92/Oleftal/Nierfeld einen Innenraumverweis wegen des Verdachts des unsportlichen Verhaltens, ein Spieler der JSG Mechernich/Feytal/Weyer erhielt wegen Beleidigung eines Gegners im schweren Fall eine einmonatige Sperre.
Ist das eine Momentaufnahme? Oder gibt es im Jugendfußball im Kreis Euskirchen ein Problem? „Das kommt jedes Jahr vor, manchmal mehr, manchmal weniger“, will Rudi Sass, Leiter Spielbetrieb im Jugendausschuss des Fußballkreises, das Thema nicht überbewerten.
Überwiegend verliefen die Jugendfußballspiele friedlich. Beleidigungen und Kritik am Schiedsrichter habe es früher mit Sicherheit auch gegeben. „Aber heute werden Vorfälle über die Sozialen Medien schneller verbreitet“, ist sich Sass sicher.
Deshalb rät er: Wenn sich ein Verein ungerecht behandelt fühle, solle man sich an ihn wenden. Was für Rudi Sass nach 30 Jahren im Fußballkreis und nach 58 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit aber auch eine Premiere ist: „Eine Neuansetzung eines Spiels unter Ausschluss der Öffentlichkeit habe ich noch nicht erlebt.“
Jugendfußball: DFB-Vize Hans Joachim Watzke stößt im Fußballkreis Euskirchen auf Kritik
Seit Jahren bereitet der Deutsche Fußball-Bund eine Reform des Jugendfußballs vor. Der Leistungsdruck bis zur U11 soll minimiert werden, die sportliche Entwicklung und der Spaß am Fußball im Vordergrund stehen.
Ausgerechnet der Vizepräsident des DFB, Hans-Joachim Watzke, polterte nun gegen die Reformen, die sein Verband ab 2024 einführen will. „Wenn du nie das Gefühl hast, wie es ist, zu verlieren, wirst du nie die große Kraft finden, um auch mal zu gewinnen“, so Watzke.
Im Fußballkreis Euskirchen hat diese Reform schon stattgefunden. Seit einem Jahr wird sie in der F-Jugend umgesetzt, allerdings in Kombinationen: Entweder mit 3 gegen 3 Spielern auf Minitore oder mit 4 gegen 4 Spielern (inklusive Torhüter) auf Jugendtore. Spätestens nach zwei Minuten werden Spieler gewechselt.
Als Rudi Sass, Leiter Spielbetrieb im Jugendausschuss des Fußballkreises, das Thema vor zwei Jahren das erste Mal ansprach, sei der überwiegende Teil der Jugendtrainer noch für die alten Spielformen mit 7 gegen 7 Spielern gewesen. Jedes Jahr sei der Widerspruch aber gesunken, in diesem Sommer seien rund 60 Prozent der Trainer für die neuen Spielformen gewesen.
Sass, früher selbst Jugendtrainer, gibt zu: „Ich habe natürlich auch zuerst die besten sieben Spieler eingesetzt.“ Für die zweite Reihe sei das aber frustrierend. Deshalb begrüßt er die Reform. „Es kommen mehr Kinder zum Einsatz, nicht nur die besten. Wir hoffen, dass das auch alles so bleibt“, so Sass. Für Watzkes Aussagen zeigt er Unverständnis: „Er hat sich da etwas weit aus dem Fenster gelehnt“, meint der Funktionär aus dem Fußballkreis. (ets)
Bei Trainer der JSG Erft Euskirchen stößt die Reform auf geteiltes Echo
Christopher Kockerols, Trainer der A-Jugend-Bezirksligamannschaft der JSG Erft, sagt: „Uns hat immer die ‚deutsche Mentalität‘, also eine Siegermentalität, das Image, eine Turniermannschaft zu sein, ausgezeichnet. Diese Mentalität impliziert, mit Druck umgehen zu können, und darum geht es ja letztlich."
Er finde es gut, dass es andere Spielformen (wie beispielsweise Funino) in den unteren Altersklassen gebe, bei denen gerade im Grundlagenbereich viele Ballaktionen und somit der Spaß im Vordergrund stehe. Das sei eine wichtige und gute Entwicklung. Nur der Sprung danach von der E-Jugend zur D-Jugend sei dann zu radikal und übergangslos. Denn dann gehe es plötzlich von Sechzehner zu Sechzehner.
„Und den Kindern fehlt das Vermögen, mit Niederlagen und Rückschritten umzugehen. Mir fehlt da der Zwischenschritt. Zudem hat die DFB-Reform tatsächlich ja auch mittelbar Einfluss auf die A-Jugend, da die Nachwuchsleistungszentren aus der Bundesliga auch nicht mehr absteigen können“, sagt Kockerols.
Den Wettbewerbsgedanken im Kinder-/Jugendfußball zu eliminieren, den Leistungsdruck zu minimieren, finde er generell schwierig. „Ich finde es sehr wichtig, dass die Kinder in allen ihren Entwicklungsphasen lernen, mit Rückschlägen und Niederlagen umzugehen, da es letztlich diese Erfahrungen sind, die das Kind/den Jugendlichen in seiner Entwicklung weiterbringen“, so der Coach.
Marcel Schmitz steht der DFB-Reform offen gegenüber
Marcel Schmitz, Trainer B-Jugend Mittelrhein der JSG Erft, sagt hingegen: „Ich stehe der Reform positiv und offen gegenüber: Wir haben in Deutschland ein massives Problem damit, dass viele Kinder früh die Lust am Fußball verlieren, weil nur die Besten gefördert werden.“
In einer Zeit, in der es nur noch um Tabellen, Ergebnisse und Erfolge gehe, würden nur die Besten eingesetzt und nicht diejenigen, die die Qualität nicht haben und nur mitlaufen. „Ich erhoffe mir von der Reform, dass der ganzheitliche Aspekt in den Vordergrund gerückt wird“, so Schmitz.
Es gehe weiterhin auch um den Aspekt des Gewinnens und Verlierens und auch um Auf- und Abstieg, aber alle Spieler würden entsprechend ihres Leistungsstandes gleichermaßen gefördert. Wenn man nach Belgien oder England blickt: dort werde doch genauso verfahren.
Schmitz: „Bis ins späte Jugendalter gibt es gar keine Tabellen. Ich erhoffe mir von der Reform einiges. Ich denke, dass wir mehr qualitativ hochwertige Spieler hervorbringen können. Dieses Denken in Tabellen und in Ergebnissen entspricht nicht meiner fußballerischen Philosophie, meinem Anspruchsdenken. Ich möchte, dass die Spieler ganzheitlich weiterentwickelt werden, dass sie etwas lernen in der Zeit, in der sie bei mir trainieren.“ (may)