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Mit Knetgummi und viel GeduldRätsel um Wipperfürther Skulptur entschlüsselt?

Lesezeit 4 Minuten

Die Skulptur „Mädchen mit Reh“, die am Wipperfürther Schienenbus steht, gibt noch einige Rätsel auf, die Michael Wittschier mit Hilfe unserer Leser lösen will.

Wipperfürth – Über das „Mädchen mit Reh“, eine rund 1,20 Meter große Skulptur auf dem Gelände des früheren Wipperfürther Bahnhofs, war bisher wenig bekannt. Dass sich das geändert hat, ist Michael Wittschiers Hartnäckigkeit zu verdanken. Um das Kunstwerk war es still geworden in den vergangenen Jahrzehnten.

Dass es am „Erinnerungsort Bahnlandschaften“ steht, konnte der Lehrer und Künstler Michael Wittschier über den früheren Baudezernenten Volker Barthel herausfinden. Am Sockel der Skulptur erinnert eine Tafel des Bundes der Vertriebenen an Wipperfürths Zeit als Standort des Landesdurchgangslagers. Für mehr als eine Million Menschen war die Stadt erste Station im Westen nach Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Statue in Wipperfürth: Name am Sockel sichtbar gemacht

Woran die Skulptur erinnern soll, war also klar. Doch wer hat sie geschaffen, wo kam sie her? Wittschier telefonierte mit dem Siedlerverein der Neye, mit dem Verein Bahnlandschaften und mit Bildhauern aus der Region – doch der Künstler blieb verborgen. Schließlich machte er sich mit Bleistift, Butterbrotpapier und einem Stück Knetgummi auf den Weg zur Skulptur. „Am Sockel hatte ich etwas gesehen, aber es war kaum erkennbar“, berichtet Wittschier. Doch mit Abpausen und einem Abdruck, konnte er einen Namen sichtbar machen: H.P. Simon. Doch war das der Künstler oder ein Hinweis auf einen Stifter? Mit dem Namen war nun die Suche möglich. Und tatsächlich. Wittschier stieß im Katalog eines Bonner Auktionshauses auf eine Skulptur, die ebenfalls von einem H.P. Simon signiert war.

„Mädchen mit Reh“

Das Werk

Auf dem Gelände des ehemaligen Wipperfürther Bahnhofs steht die etwa 1,20 Meter große Skulptur „Mädchen mit Reh“ seit 2013 vor dem roten Schienenbus. Am Sockel erinnert eine Tafel des Bundes der Vertriebenen an das Schicksal von einer Million Menschen, die hier zwischen 1945 und 1960 als Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten das Hauptdurchgangslager für NRW durchliefen und von denen „einige Tausend in den Gemeinden Wipperfürth und Klüppelberg eine neue Heimat fanden“.

Direkt neben dem sitzenden Mädchen aus Muschelkalk steht ein Reh, das sich an sie schmiegt und zu ihr aufblickt. Vielleicht hat die Genoveva-Sage den Künstler angeregt. Die aus Mayen stammende Pfalzgräfin lebte mit ihrem Kind viele Jahre im Wald und wurde mit Milch von einer Hirschkuh versorgt. Der ursprüngliche Standort des Denkmals – am Ende der Elisabethstraße – legt die Vermutung nahe, dass Simon eine Parallele zwischen der innigen Verbindung zwischen Mensch und Tier und dem Schicksal der Heimatvertriebenen gesehen hat, die mit ihren Spenden zur Errichtung des Denkmals beigetragen haben. Die Plastik wurde im September 2013 in das Projekt Bahnlandschaften vor den Schienenbus versetzt, der mit einem Graffiti an das Flüchtlingslager erinnert. Davor stand sie 34 Jahre lang an der Nikolausstraße hinter der Alice-Salomon-Schule.

Unter dem Los Nummer 330 hatte das Haus 2015 eine kleine Gipsfigur versteigert. „Mädchen mit Reh“ lautete der Titel. Wittschier nahm Kontakt auf, verglich die Bilder und sah, dass es sich eindeutig um eine Miniatur der Wipperfürther Skulptur aus Muschelkalk handelte. H.P. Simon war der Künstler. Diese Information führte Wittschier zum Trierischen Volksfreund, der Lokalzeitung in Bernkastel-Kues, dort ist dieser Künstler aufgewachsen. Der dortige Marktbrunnen trägt eine Skulptur, die den Erzengel Michael zeigen soll. In einem Artikel berichtet die Zeitung in der Bernkasteler Ausgabe über den Bildhauer Hermann Paul Simon.

Künstler schuf auch Gewölbefiguren im Kölner Dom

Simon hatte sich vor allem auf Kirchenkunst spezialisiert. Er arbeitete in der Zwischenkriegszeit von seinem Kölner Atelier aus, schuf mehrere Gewölbefiguren des Kölner Doms und den Hochaltar der Kirche St. Paul. Dieser Hochaltar wurde in den Kriegsjahren beschädigt. Dem Altar blieb aber das Schicksal von Simons Atelier erspart: Das wurde bei einem Luftangriff zerstört. Nach dem Krieg siedelte Simon samt Atelier nach Bonn um, er starb dort 1964 .

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Doch wie war der Kontakt nach Wipperfürth zustande gekommen? Wer war Stifter der Skulptur? Der Bund der Vertriebenen hat dazu keine Aufzeichnungen. Da dort aber die von diesem Bund gestiftete Kunst sehr wohl dokumentiert ist, legt das den Schluss nahe, dass es einen anderen Stifter gab. „Vielleicht hat ein Leser Hinweise“, hofft Wittschier. Die Geschichte des „Mädchens mit Reh“, sie ist noch nicht zu Ende erzählt.

Michael Wittschier bittet um Hinweise per E-Mail an redaktion.oberberg@ksta-kr.de oder per Telefon unter (02267) 6 57 00-0.