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„Klarer Plan“ für FriedenTrump und Vance übernehmen wohl Putins Forderungen – Ukraine unter Druck

Lesezeit 5 Minuten
Wolodymyr Selenskyj (v.r.n.l.), Donald Trump und J.D. Vance am 28. Februar im Weißen Haus. Die USA wollen die Ukraine offenbar drängen, weite Teile ihres Territoriums an Russland abzutreten.

Wolodymyr Selenskyj (v.r.n.l.), Donald Trump und J.D. Vance am 28. Februar im Weißen Haus. Die USA wollen die Ukraine offenbar drängen, weite Teile ihres Territoriums an Russland abzutreten.

Putin will seine Bedingungen für einen Waffenstillstand mit der Ukraine durchsetzen. Bei US-Präsident Trump stößt er offenbar auf offene Ohren.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei den Verhandlungen mit den USA zur Beendigung des Ukraine-Krieges einem Bericht zufolge angeboten, die Kampfhandlungen an der aktuellen Frontlinie vorübergehend einzustellen. Wie die „Financial Times“ am Dienstag unter Berufung auf „mit der Angelegenheit vertraute Personen“ berichtete, machte Putin diesen Vorschlag bei einem Treffen mit dem US-Sondergesandten Steve Witkoff in St. Petersburg bereits Anfang des Monats.

Der russische Staatschef signalisierte dem Bericht zufolge zudem seine mögliche Bereitschaft, Moskaus Ansprüche auf Teile der besetzten ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zurückzuziehen. Im Gegenzug könnten die USA der „Financial Times“ zufolge auf andere wichtige Forderungen Russlands eingehen, darunter die Anerkennung von Moskaus Souveränität über die 2014 annektierte Halbinsel Krim. Zudem müsse sich die Ukraine von ihrem Ziel der Nato-Mitgliedschaft verabschieden.

Wie das Portal „Axios“ am Mittwoch (23. April) berichtet, soll die US-Regierung unter Präsident Donald Trump nun tatsächlich die Anerkennung der Krim als Teil Russlands in Aussicht gestellt haben. Dies sei Teil eines „finalen Angebots“ an Moskau und Kiew für einen Friedensplan. Außerdem sehe der Plan sogar die De-facto-Anerkennung der russischen Ansprüche über fast alle seit der Invasion im Jahr 2022 besetzten Gebiete vor. Im Gegenzug solle die Ukraine eine Sicherheitsgarantie bekommen – ob unter Beteiligung der USA, ist unklar. Dies wäre alles in allem ein riesiges Zugeständnis an Putin.

Putin spricht von „Waffenruhe“ und greift trotz „Osterfriedens“ die Ukraine an

Am Montag hatte Putin laut CNN erneut erklärt, einem Waffenstillstand „positiv“ gegenüberzustehen. Es sei auch offen für die Aufnahme direkter Gespräche mit Kiew. Man könnte die Einstellung der Angriffe auf die zivile Infrastruktur direkt besprechen, so der Kreml-Chef. Gleichzeitig warf Moskau der Ukraine allerdings vor, kein Interesse an der „Lösung des Konflikts“ zu zeigen. Laut russischer Nachrichtenagentur Tass verstieß die Ukraine gegen den zuvor vereinbarten „Osterfrieden“. Dies zeige, dass das Land nicht bereit sei, „ernsthaft“ über eine Friedensinitiative nachzudenken, so das russische Narrativ.

Allerdings berichtet auch die Ukraine, Russland habe massiv gegen die für die Ostertage vereinbarte Waffenruhe verstoßen. „Das Töten hörte nicht auf“, heißt es bei der „Kyiv Post“ unter Berufung auf das ukrainische Militär. Am Sonntag sei es an der Front etwas ruhiger gewesen, allerdings seien am Montag die Angriffe so heftig wie nie zuvor gewesen. Innerhalb von 24 Stunden seien 96 Angriffe russischer Bodentruppen gegen ukrainische Streitkräfte sowie 1.882 Angriffe aller Art durch russische Truppen gegen ukrainische militärische und zivile Ziele gezählt worden.

Forderungen Putins für Kiew unannehmbar

Unter dem zunehmenden Druck der USA scheint Putin seine Doppelstrategie fortzusetzen: Der Kreml-Herrscher signalisiert scheinbare Zugeständnisse, vor allem in Richtung US-Präsident Donald Trump. Dieser hat sich eine Beendigung des Ukraine-Krieges auf die Fahnen geschrieben, allerdings bislang erfolglos. Vollmundig verkauft er jede Wortmeldung aus Moskau als angeblichen Erfolg. Allerdings lässt sich Putin in Wahrheit von seiner harten Linie in keiner Weise abbringen, wie auch die jüngsten Ereignisse zeigen. Sein scheinbares Entgegenkommen ist stets mit für die Ukraine und Europa unannehmbaren Forderungen verbunden.

Kiew und seine europäischen Verbündeten fordern eine vollständige Rückkehr zu den Staatsgrenzen vor der russischen Annexion der Krim 2014. Auch vor den am Mittwoch in London startenden Ukraine-Gesprächen westlicher Verbündeter schloss der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Gebietsabtretungen an Russland kategorisch aus. „Da gibt es nichts zu bereden. Das steht außerhalb unserer Verfassung“, sagte der Staatschef.

Trump übernimmt Putins Forderungen und setzt Ukraine unter Druck

Die USA erhöhen nun aber offenbar den Druck auf die Ukraine, sich den Bedingungen aus Russland nicht komplett zu verschließen. Am Freitag drohte Trump bereits mit dem Rückzug der USA aus den Ukraine-Verhandlungen, sollten Kiew oder Moskau die Gespräche „sehr schwierig“ machen. Das Weiße Haus erwartet bei den Gesprächen in London eine Reaktion aus Kiew auf Vorschläge für Zugeständnisse an Moskau. Vor allem die Daumenschrauben in Richtung Ukraine wurden nun massiv angezogen.

Ein Signal des Missfallens von Seiten der USA auf Selenskyjs Äußerungen dürfte bereits darin gesehen werden, dass Trump seinen Außenminister Marco Rubio nicht zu den Gesprächen am Mittwoch nach London schickt, wie CNN berichtet. Der Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, werde stattdessen die USA vertreten. Die Abwesenheit Rubios ist offenbar eine unmittelbare Reaktion auf die Weigerung Kiews, die von Putin diktierten und von den USA übernommenen Bedingungen zu akzeptieren. Das Treffen wurde herabgestuft, da die Chancen auf einen Durchbruch gering sind.

US-Vizepräsident J.D. Vance bestätigte unterdessen am Mittwoch, man habe Russland und der Ukraine einen „sehr klaren Plan“ für ein Friedensabkommen vorgelegt und wiederholte die Warnung, Washington könne seine Friedensbemühungen aufgeben, wenn die kriegführenden Seiten dies ablehnten. Dies äußerte er vor Journalisten bei einem Besuch in Indien. Insbesondere für die Ukraine dürfte dieser Plan aber unannehmbar sein.

Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte erst gar nicht bestätigen, dass Moskau überhaupt mit der Möglichkeit eines Stopps der Kämpfe an der aktuellen Frontlinie einverstanden sei. Peskow spekulierte darüber, dass das avisierte hochrangige Treffen in London wegen Differenzen zwischen Kiew und Washington gescheitert sei.

Der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff wird derweil in dieser Woche erneut in Moskau erwartet, wie russische Staatsmedien unter Berufung auf Kreml-Berater Juri Uschakow berichteten. Es wäre seine vierte Russland-Reise seit Trumps Amtsantritt im Januar. (mit afp/dpa)