Köln – Seitdem die Welt nicht mehr so ist, wie sie einmal war, hängt am Geißbockheim ein überdimensional großes Banner. Es leuchtet in Blau und Gelb, den Nationalfarben der Ukraine, mit der sich der 1. FC Köln seit Beginn der russischen Invasion in vielfältiger Weise solidarisiert. Der Fußball-Bundesligist beteiligte sich am Rosenmontag an der Friedensdemonstration in der Domstadt und packt bei der Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge an.Am Donnerstag sendete der Club ein weiteres klares Signal, indem er die Europäische Fußball-Union Uefa in einem Schreiben an ihren Präsidenten Aleksander Čeferin dazu aufforderte, belarussische Vereine von allen europäischen Wettbewerben auszuschließen – und damit auch von der Conference League, in der die Geißböcke als Tabellensiebter der vergangenen Bundesliga-Saison selbst mitspielen. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, warb der FC bei allen anderen teilnehmenden Teams und auch bei den eigenen Fans gleich mit um Unterstützung.
Mit Bate Borissow, FK Homel, Schachzjor Salihorsk und Dinamo Minsk sind vier belarussische Mannschaften in den bereits angelaufenen Qualifikationsrunden zur Gruppenphase der Conference League vertreten. Damit gehört das Quartett zum Kreise der möglichen Gegner, wenn der Bundesligist am 18. und 25. August in zwei Playoffspielen um den Einzug in die Gruppenphase kämpft. Wer Kölns Gegner wird, entscheidet sich bei der Auslosung am 2. August.
Der FC begründet seinen Vorstoß „mit Blick auf die politische Lage und die Unterstützung Russlands durch die belarussische Regierung beim Angriffskrieg gegen die Ukraine“. In der Erklärung des Clubs heißt es dazu weiter: „Der 1. FC Köln setzt sich unter anderem für Liberalität, Vielfalt und ein friedvolles Miteinander ein. Daher verurteilen Vorstand und Geschäftsführung die in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg offen kommunizierte Nähe der Regierung von Belarus zu Russland sowie die damit verbundene Haltung auf das Schärfste. Die massive Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch Belarus verstößt nicht nur gegen die Werte und Normen des 1. FC Köln, sondern gegen die des gesamten Sports.“
Präsident Werner Wolf war am Donnerstagvormittag ans Geißbockheim gekommen, um am Rande der Trainingseinheit der FC-Profis persönlich zu den Reportern zu sprechen. Wolf bezeichnete Belarus als einen „Vasallenstaat“, der als „Aufmarschgebiet für die russische Armee genutzt“ werde. Daher müsse man Belarus „nicht als direkten Kriegsteilnehmer, aber als indirekten betrachten“. Ein Ausschluss belarussischer Mannschaften durch die Uefa sei „sehr konsequent“.
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Der offene Brief an die Uefa soll auch bezwecken, dass die seit fast einem halben Jahr tobenden Kämpfe in der Ukraine nicht in Vergessenheit geraten. „Dort passiert Völkermord, Menschen werden umgebracht, Kinder sterben. Wir dürfen nicht aufhören, darauf aufmerksam zu machen“, betonte Wolf. Sollte die Uefa jedoch nicht durchgreifen und der FC einen Kontrahenten aus Belarus zugelost bekommen, „würden wir unter den aktuellen Umständen antreten, aber die Bühne, die wir da bekommen, nutzen, um gegen den Krieg zu demonstrieren“.
Doch dazu soll es gar nicht erst kommen. In dem von Christian Keller und Philipp Türoff unterzeichneten Brief fordern die FC-Geschäftsführer die Uefa dazu auf, „der Empfehlung des IOC nachzukommen und neben den russischen Mannschaften ebenfalls die Teams aus Belarus mit sofortiger Wirkung von allen europäischen Wettbewerben auszuschließen“. Die seitens der Uefa bereits beschlossene Austragung der Spiele mit Beteiligung von Mannschaften aus Belarus auf neutralem Boden sei „nicht ausreichend“.
Zuletzt hatte der Internationale Sportgerichtshof CAS bestätigt, dass der Ausschluss russischer National- und Vereinsmannschaften aus internationalen Fußball-Wettbewerben rechtens sei und Proteste russischer Vereine und des Verbandes zurückgewiesen.Bis zum frühen Abend hatte der FC bereits rund 250 zustimmende Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft erhalten. „Diese äußerst positive Reaktion zeigt, wie wichtig unseren Mitgliedern die Werte des FC und eine klare Positionierung in solchen Fällen sind“, freute sich Werner Wolf.