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Kündigung nach Corona-DemoKeine Einigung zwischen Saibou und Telekom Baskets

Lesezeit 4 Minuten

Wolfgang Wiedlich berät sich mit Anwalt Michael Plössner.

Bonn – Keine Einigung beim Kammertermin Mittwochnachmittag: Basketball-Bundesligist Telekom Baskets Bonn und Ex-Spieler Joshiko Saibou konnten sich trotz einer einstündigen Beratungszeit nicht gütlich einigen. Die Richterin hatte von den elf Monatsgehältern, um die es geht, neun als Vergleichsvorschlag unterbreitet.

Die Baskets hatten ihrem Flügelspieler fristlos gekündigt, nachdem dieser am 1. August an einer Protestdemonstration gegen die Corona-Restriktionen in Berlin teilgenommen hatte. Für Wirbel hatten die Bilder gesorgt, die der ehemalige Nationalspieler im Internet gepostet hatte. Die Baskets sprachen nur drei Tage später die fristlose Kündigung gegen Saibou aus. In ihren Augen stellte er in Zeiten der Corona-Pandemie ein nicht tragbares Risiko für die Mannschaft sowie das Umfeld des Erstligisten dar.

Joshiko Saibou

Dagegen klagte der 30-Jährige, der seinen Ruf geschädigt sah und zudem auf seine Meinungsfreiheit pochte. Dem folgte ein erster Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Bonn am 26. August, bei dem sich beide Seiten nicht einigen konnten. Drei bis vier Monatsgehälter, die die Baskets anboten, waren für den Kläger keine adäquate Abfindung.

Gestern folgte dann der nächste Teil. Lange harrte Vereinspräsident Wolfgang Wiedlich, der die beklagte BonBas GmbH vertrat, in seinem Pkw vor dem Eingang des Gerichts aus. Weder er noch Saibou, der einige Meter weiter in sicherer Entfernung wartete, wollten den zahlreichen Medienvertretern Rede und Antwort stehen. Das mussten sie dann aber vor Gericht.

Die Richterin strich zwei wichtige Klauseln aus Saibous Vertrag deutlich heraus. Zum einen muss der Spieler seine Leistungsfähigkeit erhalten. Zum anderen darf er in der Öffentlichkeit kein Verhalten an den Tag legen, das den Baskets schaden könnte.

Saibous Verhalten ohne negative Folgen für Baskets

Dann ging es noch einmal zurück zur Demo in Berlin. Warum er denn keinen Mund-Nase-Schutz getragen habe, fragte die Richterin. „Die Veranstaltung hat unter freiem Himmel stattgefunden, es war viel Platz. Der Mindestabstand war problemlos einzuhalten. Darum habe ich auf einen Schutz verzichtet“, stellte Saibou klar. Dass es sich laut Michael Plössner, der die BonBas GmbH vertritt, um eine polizeiliche Auflage gehandelt habe, einen Mund-Nase-Schutz zu tragen, wurde nicht weiter erörtert.

Vielmehr interessierte sich die Richterin dafür, ob die Baskets denn einen Nachteil durch Saibous Handeln gehabt hätten. Das musste Wiedlich dann doch verneinen, ergänzte aber: „Die Zukunftsprognose war schlecht. Wir haben bei den Baskets 40 Vollzeitstellen besetzt. Für die kommende Saison war der Akteur ein Unsicherheitsfaktor.“ Zudem habe Saibou seine Maske voller Überzeugung nicht getragen.

Wolfgang Wiedlich berät sich mit Anwalt Michael Plössner.

Nachdem das Gericht klargestellt hatte, dass das außerdienstliche Verhalten keine Auswirkungen auf die Baskets gehabt hatte, rückte auch die Frage in den Hintergrund, ob der Kläger sich vorsätzlich selbst gefährdet habe. Nicht nur das Einhalten des Mindestabstandes und die Frischluftgarantie unter freiem Himmel sprachen für den 30-Jährigen. Auch die Tatsache, dass der Trainings- und Spielbetrieb zu diesem Zeitpunkt ruhte, es also keinen Kontakt mit anderen Mannschaftsmitgliedern gab, konnte der gebürtige Kölner für sich verbuchen.

Das galt auch für die Äußerungen, die Saibou auf seinem Instagram-Profil getätigt habe („Wehe du hinterfragst, selbst wenn du deine Menschenrechte verlierst“) sowie den Besuch der Demonstration: „Die Meinung ist geschützt, egal ob sie rational oder irrational ist“, so die Richterin.

Noch ist nichts entschieden

Beide Seiten hatten nach dem ersten Gerichtstermin noch einmal verhandelt, sich aber nicht einigen können. Saibou und seine Anwälte hatten ein Angebot der Baskets abgelehnt und eine Gegenofferte gemacht: „Der Verein sollte öffentlich seinen Irrtum eingestehen. Das Ganze glich eher einem Gang nach Canossa“, verglich Plössner den Vorschlag der Gegenseite mit dem Bitt- und Bußgang des römisch-deutschen Königs Heinrich IV.

Die Fronten waren verhärtet, so dass die Richterin nach kurzer Beratungszeit ein Vergleichsangebot vorschlug. Die neun Monatsgehälter seien das eine, so Saibous Rechtsbeistand Georg Melzer aus Frankfurt. Er forderte eine Sprachregelung, mit der beide Seiten das Gesicht wahren können: „Die Interessen beider müssen berücksichtigt werden.“ Er bat die Richterin auch, keine Summen zu nennen, sondern von Gehältern zu sprechen. Saibou scheint bei den Baskets nicht schlecht verdient zu haben. Es folgte eine einstündige Verhandlung hinter verschlossenen Türen, die allerdings ohne Ergebnis blieb.

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Nun haben beide Seiten eine Woche Zeit, sich gütlich zu einigen. Es bestehen mehrere Möglichkeiten, wie es mit der Causa Saibou weitergeht. Es könnte tatsächlich eine Einigung geben, und der Fall wäre abgeschlossen. Oder es wird eine Verlängerung des Verhandlungszeitraums beantragt, wenn sich beide nicht binnen sieben Tagen einigen.

Will sich dennoch kein „Burgfrieden“ einstellen, steht der nächste Termin vor Gericht bereits fest. Am Mittwoch, 25. November, ist ein Verkündungstermin festgesetzt. Dann hat das Gericht zwei völlig unterschiedliche Möglichkeiten. Entweder es fällt ein Urteil, oder es gibt eine Fortsetzung der Verhandlung, um Zeugen zu hören oder Urkunden zu sichten. Für keine Partei besteht die Verpflichtung, zu diesem Termin zu erscheinen. Fazit: Ende offen.