Dortmund – Als er im Sommer 2019 zu Borussia Dortmunds U23 kam, so sagte es Steffen Tigges vor ein paar Monaten, da habe er „keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, dass es mal für die Profis reichen könnte“. Vielmehr habe er sich entwickeln und „in den Fokus des einen oder anderen Zweitligisten“ spielen wollen. So lautete sein Plan. Aus der Regionalliga indes ist längst die Bundesliga geworden – und nunmehr hat sich kein Zweitligist seine Dienste gesichert, sondern der 1. FC Köln mit Trainer Steffen Baumgart. Am Montag absolvierte Tigges den Medizincheck beim FC. Er soll bis 2026 unterschreiben. Die Ablöse beträgt 1,5 Millionen Euro.
Eine Entwicklung, die den 23-Jährigen nicht mehr gänzlich überrascht haben wird. Erstens waren die Kölner und Baumgart bekanntlich schon im vergangenen Sommer an ihm dran. Zweitens, so gestand es Tigges einmal im Gespräch mit dieser Redaktion, sei sein Weg insgesamt „eher ungewöhnlich“.
Drei Bundesliga-Tore in nur 103 Minuten
Einst fing er in seiner Geburtsstadt Osnabrück beim TuS Glane an. Tigges musste aber erst mal überredet werden – es war nun mal recht kalt auf dem Platz. Der kleine Steffen wuchs, wurde immer länger, besser und kam über Drittligist VfL Osnabrück in Dortmund an, inzwischen 1,94 Meter groß und als athletischer junger Mann. Drei Jahre liegt das zurück. Zuvor hatte Tigges in Osnabrück mal links offensiv, mal links defensiv gespielt, er allerdings drängte ins Zentrum – in den Mittelsturm, wo er sich schon als Junioren-Nationalspieler in der U17 und der U20 verdingt hatte. Bei Borussia Dortmund verstanden sie diesen Wunsch und versprachen ihm das Stürmer-Mandat. Darum ging Tigges in die Regionalliga, in der auch sein Zwillingsbruder spielt. Leon Tigges ist Torwart beim SV Rödinghausen. Als Zweitligist Eintracht Braunschweig Steffen Tigges nach einem Jahr loseisen wollte, blockten sie ab. Wenige Monate später gab er sein Debüt für die Profis – gegen Braunschweig. Fortan war er regelmäßig dabei. Und galt spätestens dann als grundsympathischer Sonderling im Elite-Kader, als er nicht mit dem röhrenden Porsche zur Unterzeichnung seines Profi-Vertrags vorfuhr, sondern mit dem Golf seiner Freundin.
Eine Episode, die sie sich in Dortmund gerne erzählen. Und die nur bestätigt, was die Leute rund um Tigges eh schon wussten: Der Steffen wird auch als Profi der Steffen bleiben. Bodenständig, ehrlich, fleißig. So hat er sich in den vergangenen Jahren emporgearbeitet – im wahren Wortsinn. Tigges zelebriert nicht, sondern schuftet Fußball und ist Mannschaftsspieler durch und durch. Massiv im hohen Pressing den Aufbau des Gegners zu sabotieren, ihn immer wieder auf die Seite zu drängen und, wenn nötig, bis in die eigene Hälfte zu verfolgen – so versteht er den einen Teil seiner Aufgabe. Der andere umfasst das Sichern von Anspielen – als Wandstürmer besitzt Tigges ausgeprägte Fähigkeiten – sowie das Toreschießen. Auf 60 Scorerpunkte (35 Tore, 25 Assists) in 64 Einsätzen bringt er es für den BVB II, für die Dortmunder Profis traf der starke Linksfuß in der vergangenen Saison dreimal in nur 103 Bundesliga-Minuten. Gute Werte. Allein: Tigges, der eigentlich noch bis 2024 beim BVB unter Vertrag stand, trachtet nach mehr Einsatzzeiten, entschied sich deshalb nun für den Wechsel nach Köln.
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Erst einmal muss er wieder fit werden. Wie aus Dortmund zu hören ist, kann der Stürmer nach seiner im März erlittenen Knöchelfraktur Anfang Juli wieder ins Training einsteigen, er steht also frühestens im Trainingslager der Kölner (3. bis 10. Juli) oder im Anschluss mit der Mannschaft auf dem Rasen, um die Baumgart'schen Ideen zu verinnerlichen und seine eigene Entwicklung voranzutreiben. Was das bedeutet? Vor der Verletzung arbeitete er daran, zum richtigen Zeitpunkt in den gefährlichen Zonen zu sein – zuletzt kam Tigges im Schnitt immerhin schon 2,37 Mal zum Abschluss (Modeste 3,41).
Ein anderer Schwerpunkt ist die Raumorientierung. „Ich“, so sagte es Tigges, „muss den Raum um mich herum scannen und die Aktionen technisch sauber hinbekommen.“ Mit links wie rechts und mit dem Kopf. Um noch mehr Treffer zu liefern. Und zum fürwahr gestandenen Bundesliga-Stürmer zu werden.