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Hanns-Jörg Westendorf„Die Identifikation mit Fortuna Köln war noch nie so groß“

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Fortuna-Präsident Hanns-Jörg Westendorf klatscht sich mit den Profis ab

Fortuna-Präsident Hanns-Jörg Westendorf klatscht mit den Profis ab.

Im Interview spricht der Fortuna-Präsident über die Hinrunde in der Regionalliga, Entwicklungen im Verein und mögliche Transfers im Winter.

Herr Westendorf, vor der Saison haben Sie angekündigt, dass Fortuna einen spielerisch neuen Weg einschlagen will. Wie bewerten Sie die Entwicklung nach der Hinrunde?

Hanns-Jörg Westendorf. Es hat sehr gut funktioniert. Wir haben den Teamcharakter gut wecken können. Dafür haben wir die richtigen Leute geholt, die dafür auch sinnbildlich stehen. Zudem sind es mittlerweile acht Mann im Kader, die aus dem Fortuna-Nachwuchs kommen und sich noch entwickeln können. Mit der U 23 haben sie diese Möglichkeit, Spielpraxis zu erhalten. Wir sind zusammengefasst sehr zufrieden.

Wie ordnen Sie die Hinrunden-Leistung der Mannschaft insgesamt ein – sowohl in spielerischer als auch in mentaler Hinsicht?

Auch hier sind wir sehr zufrieden. Wenn uns einer vor der Saison gesagt hätte, dass wir Zweiter mit sechs Punkten Abstand auf Duisburg und einem Spiel weniger sind, hätten wir es nicht geglaubt. Jetzt kommt man aber an einen Punkt, an dem man anfängt, über die Niederlagen nachzudenken und nach dem „Was wäre, wenn?“ fragt. Wenn wir da drei Punkte mehr gehabt hätten, hätten wir gleichziehen können, nach diesem Motto eben.

Haben Sie denn mit dieser Ausgangslage gerechnet?

Erwartet hatte ich es nicht, dass wir so gut dastehen. Ich hatte zwar die Hoffnung, dass wir uns im oberen Tabellendrittel wiederfinden, aber nicht als Tabellenzweiter.

Und wie haben sich die vielen Neuzugänge in das Teamgefüge integriert?

Die Neuzugänge sehe ich im Kollektiv. Als uns Jonas Scholz (Helmond Sport) und Dominik Lanius (Hansa Rostock) verließen, dachten viele, dass die Mannschaft auseinander falle. Max Fischer, Seymour Fünger und Barne Pernot, die wir dann geholt haben, haben es fast schon besser gemacht. Auch Robin Afamefuna hat es toll gemacht. Wenn ich dann noch Hendrik Mittelstädt vorne sehe, der uns die nötige Durchschlagskraft gibt, sind wir glücklich. Dann haben wir im Laufe der Saison noch Julius Biada geholt, der jederzeit für Einsätze brennt und wichtigen Einfluss auf die Mannschaft hat.

Westendorf lobt Fortuna-Flügelzange

Arnold Budimbu und Stipe Batarilo zählen aktuell zu den Schlüsselspielern. Was zeichnet die beiden in dieser Saison aus und wie wichtig sind sie für die Offensive der Fortuna?

Die leistungstechnische Entwicklung von Stipe und Arnold lässt sich ja allein an Toren und Vorlagen messen. Sie sind viel torgefährlicher und zielstrebiger geworden. Man merkt den beiden die Spielfreude an. Das gilt aber auch für viele weitere Spieler.

Dominik Ernst hat zu Saisonbeginn das Kapitänsamt übernommen. Was macht ihn aus Ihrer Sicht zur idealen Führungsfigur für diese Mannschaft?

Mit Dodo haben wir einen Kapitän, der die ganzen Emotionen auf den Platz bringt und der eine Mannschaft mitreißen kann mit seinem Einsatz. Als Kapitän ist er ein Volltreffer, da bin ich sehr glücklich. Er zeigt in jeder Aktion den vollen Kampf und Einsatz.

Fortuna setzt wieder verstärkt auf den eigenen Nachwuchs. Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Talenten wie Salim Hadouchi, Max Wiese und Lennart Winkler in dieser Saison?

Salim, Max und Lennart machen einen guten Job. Ich kann das gut beurteilen, auch weil ich mir in regelmäßigen Abstand die Spiele der U23 anschaue. Man merkt, dass sie sich ein Stück weiterentwickelt haben. Wir haben Leute in der Hinterhand und auf der Bank, die eine gute Entwicklung hinlegen können und uns viel Freude machen werden in der Zukunft. Einer von den Jungs soll sich schon durchsetzen und als Stammspieler etablieren, auch wenn das bei einer erfolgreichen Mannschaft nicht immer einfach ist.

Auch die Zuschauerzahlen haben sich in dieser Saison deutlich positiv entwickelt. Was macht diesen Anstieg aus und was bedeutet er für den Verein?

Das stimmt, die Entwicklung der Zuschauerzahlen ist sehr positiv. Wir haben aktuell einen Schnitt von 3411 Zuschauern, das ausverkaufte Duisburg-Spiel mit eingerechnet. Wir haben dann fast immer mehr als 2500 Zuschauer, selbst bei schlechtem Wetter. Das hatte ich nicht so erwartet. Zudem hat die Identifikation mit dem Verein zugenommen. Es laufen sehr viel mehr Menschen mit Trikots und Schals herum.

Woran liegt diese verstärkte Bindung der Fans an den Verein?

Das ist größtenteils der sportlichen Leistung geschuldet. Wenn wir jetzt Letzter mit fünf Punkte wären, sähe das Ganze schon wieder anders aus. Dazu kommt noch das Team rund um Geschäftsführer Niklas Müller und Pressesprecher Stefan Kleefisch, die beide einen sehr guten Job machen, sei es im kaufmännischen Bereich oder in der Darstellung in öffentlichen und Sozialen Medien. Die Außendarstellung der Fortuna kommt sehr gut an.

Neuer Spieler für Fortuna Köln?

Trainer Matthias Mink wird oft als zentraler Baustein des aktuellen Erfolgs gesehen. Wie bewerten Sie seine Arbeit als Trainer und Sportdirektor in Doppelfunktion?

Matthias ist ja ein eher nüchterner Typ. Er hat hinbekommen, dass jedem Spieler das Gefühl vermittelt wird, dass er wichtig ist. Ich habe den Eindruck, dass die Spieler dem Trainer komplett vertrauen. Dem Trainerteam sind wir als Verein daher zu Dank verpflichtet. Matthias macht ja auch noch den Sportdirektor. Das ist viel Arbeit. Die Co-Trainer, Torwarttrainer und Jugendtrainer arbeiten alle als ein Team zusammen. Das freut uns alle im Vorstand. Um den Verein herum formte sich ein Teamcharakter, da kann echt was entstehen. Die Stimmung, die Identifikation mit der Fortuna und der Einsatz aller Leute war in meinen Augen nie so groß und gut wie in der heutigen Zeit.

Vor der Saison war das Ziel die obere Tabellenhälfte. Hat sich dieses Ziel angesichts der aktuellen Tabellensituation verändert?

Die Zielsetzung muss es von jedem sein, so lange wie möglich da oben dranzubleiben. Wir nehmen das Wort Aufstieg aber nicht in den Mund. In den vergangenen Spielzeiten war es so, dass der Traum immer Ende Februar oder im März schon zu Ende war. Wir müssen einfach dran bleiben und dann sehen, was möglich ist.

In den vergangenen Jahren erlebte die Mannschaft oft Rückschläge in der Rückrunde. Was unternimmt Fortuna in dieser Saison, um solche Einbrüche zu vermeiden?

Es war schon immer so, dass wir keine allzu starke Kadertiefe hatten, das ist finanziell kaum stemmbar. Wir müssen daher von Verletzungen verschont bleiben. Die Spieler müssen sich zudem auf jedes einzelne Spiel konzentrieren. Das ist immer das nächste Spiel. Wir wollen den Fokus auf jeder einzelnen Partie haben. Es geht darum, sich weiterzuentwickeln und sich nicht von außenstehenden Faktoren ablenken zu lassen. Das wird der Trainer der Mannschaft aber auch noch mal klarmachen.

Das Winter-Transferfenster steht bevor. Gibt es Überlegungen, den Kader gezielt zu verstärken, oder setzen Sie auf Kontinuität im Team?

Ja, es gibt Pläne. Wir werden uns nach Weihnachten mit dem Trainerteam austauschen und schauen, ob wir noch eine Verstärkung holen können. Die Möglichkeit ist da. Wenn wir einen holen, dann werden wir einen Spieler verpflichten, der uns langfristig weiterhelfen kann.

Wenn Sie auf die Hinrunde zurückblicken: Welches Spiel oder welcher Moment war für Sie persönlich das Highlight?

Sicherlich der Derbyerfolg gegen die U-23-Mannschaft des 1. FC Köln. Das war ein tolles Spiel. Aber auch auswärts beim 5:3-Erfolg gegen Bocholt und die erste Halbzeit gegen Oberhausen, wo wir fantastischen Fußball gespielt haben, waren erinnerungswürdige Partien.