Köln – Acht Spielminuten können im Eishockey eine halbe Ewigkeit sein. Das hat Uwe Krupp allerdings nicht davon abgehalten, im Heimspiel gegen die Schwenninger Wild Wings bereits in der 52. Minute alles auf eine Karte zu setzen. Beim Stand von 1:3 aus Sicht der Kölner Haie beorderte der Trainer des KEC seinen Torhüter vom Eis, um eine einfache Überzahl in eine doppelte auszubauen.
Der Schachzug erwies sich als genial. Andreas Thuresson verkürzte per Distanzschuss auf 2:3. Und weil das so gut geklappt hatte, probierte Krupp es gleich nochmal. Als Wild Wings-Kapitän Travis Turnbull 125 Sekunden vor dem Ende der regulären Spielzeit auf die Strafbank wanderte, holte Krupp Justin Pogge erneut aus dem Gehäuse. Diesmal war es Landon Ferraro, der im „Sechs gegen Vier“ zum 3:3-Ausgleich nachstocherte (59.). Es kam sogar noch besser. Da im Penaltyschießen lediglich Thuresson und Ferraro die Nerven behielten, standen die Haie am Ende eines fast schon verloren geglaubten Spiels mit einem 4:3-Sieg und zwei von drei möglichen Zählern da.
Perfekte Umsetzung von Krupps Idee
Was vor allem ein Verdienst war ihres Trainers, dessen großer Mut zum Risiko belohnt wurde. Doch Krupp hob lieber die perfekte Umsetzung seiner Idee hervor: „Die Jungs haben das gut gemacht mit dem Extraspieler.“ Dabei dürfte der frühere Stanley-Cup-Gewinner in der Schlussphase so manchen skeptischen Blick seiner Spieler geerntet haben. „Ich hätte den Torwart nicht so früh gezogen“, räumte etwa Andreas Thuresson ein. „Aber es hat geklappt.“
Im Gegensatz zu den vorangegangenen zahlreichen erfolglosen Versuchen bei nur einem Mann mehr. „Unser Powerplay hat nicht richtig funktioniert“, haderte der schwedische Routinier. „Das hat uns etwas das Momentum genommen.“ Das schwache Überzahlspiel war einer der Gründe, warum es die Kölner trotz drückend überlegenen Beginns versäumten, Thuressons Blitztor (1.) auszubauen. „Das erste Drittel war unser bestes Eishockey. Da waren wir konzentriert und sind sehr viel Schlittschuh gelaufen“, befand Uwe Krupp.
KEC mit starker Moral
Im Laufe des zweiten Abschnitts verloren die Haie jedoch den Faden. Ausgangspunkt war eine vergebene doppelte Überzahl (24.). „Dass wir das fünf gegen drei nicht nutzen konnten, war ein wichtiger Punkt in diesem Spiel“, analysierte Krupp. Schwenningen kam in der Folge deutlich besser zurecht und sorgte durch Tyson Spink (34.), Peter Spornberger (44.) und Daniel Pfaffengut (49.) für die erste große Wende der Partie.
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Die zweite resultierte dann aus Uwe Krupps Taktikkniff, der das 500. DEL-Spiel von Haie-Verteidiger Pascal Zerressen rettete. „Es sind viele Dinge passiert“, staunte Andreas Thuresson am Ende eines seltsamen Spiels, das der KEC auch dank starker Moral gedreht hatte. „Wir sind dran geblieben, haben hart gearbeitet und in den richtigen Momenten die Nadelstiche setzen können.“ Mitleid mit seinem abstiegsbedrohten Ex-Club verspürte Thuresson nicht: „Ich habe ein gutes Verhältnis zu den Schwenninger Spielern. Aber jetzt bin ich in Köln und freue mich über die drei Tore.“
Der vierte Sieg in Folge stärkte nicht nur die Kölner Ausgangslage im Kampf um die direkten Playoff-Plätze. Er war auch gut für das Selbstvertrauen vor dem zweiten großen Rheinderby der Saison am Freitag (19.30 Uhr, Magenta Sport) bei der Düsseldorfer EG, gegen die die Haie vor zweieinhalb Wochen in eigener Halle mit 1:6 unter die Räder gekommen waren. Während es für den KEC im ausverkauften ISS Dome um Wiedergutmachung geht, geht es für die DEG darum, überhaupt wieder ein Bein auf die Eisfläche zu bekommen. Der Derbysieg beim ewigen Rivalen war das bislang letzte Spiel der Landeshauptstädter, die sich nach einem internen Corona-Ausbruch in Quarantäne begeben mussten.