Köln – Es gibt Menschen, die sich in diesen Tagen verwundert die Augen reiben, wenn sie auf die Transferpolitik des 1. FC Köln im Sommer 2022 blicken. Zum einen, weil es dem Fußball-Bundesligisten noch vor dem Trainingsauftakt am kommenden Montag weitgehend gelungen ist, seine lange geplanten Neuverpflichtungen auch einzutüten. Zum anderen, weil es dem ein oder anderen sicher schwer fällt, diese höchst erfreuliche Nachricht aus finanziellen Gesichtspunkten nachvollziehen zu können. Immerhin hat der neue Geschäftsführer Sport Christian Keller den FC kurz nach seinem Amtsantritt als Sanierungsfall eingeordnet. Sprich, die Kölner müssten erst einmal sparen und Geld einnehmen, bevor sie daran denken können etwas auszugeben.
Mit Luca Kilian (Mainz 05/2 Millionen Euro Ablöse), Steffen Tigges (Borussia Dortmund/ 1,5 Millionen), dem bevorstehenden Transfer von Eric Martel (RB Leipzig/800 000 Euro) und Denis Huseinbasic (Kickers Offenbach/50 000 Euro) hat der FC auf den ersten Blick 4,35 Millionen Euro an Ablöse ausgegeben und seinen Personalkostenaufwand ab dem 1. Juli zusätzlich belastet. Aus Buchhalter-Sicht lesen sich die Zahlen etwas anders. Rechnet man zum Beispiel bei Martel mit einem Vertrag über vier Jahre, stünde er für das nächste Geschäftsjahr nur mit 200 000 Euro in den Büchern.
Auf der Einnahmeseite steht bislang der Transfer von Salih Özcan zu Borussia Dortmund gegenüber. Von den fünf Millionen Euro Ablöse für den türkischen Nationalspieler bleiben den Kölnern nach Abzug aller Kosten (z.B. Berater) knapp vier Millionen Euro, die bilanztechnisch aber zu 100 Prozent einfließen. Aufgrund der coronabedingten Umsatzeinbußen von etwa 85 Millionen Euro hat Christian Keller angekündigt, den Lizenzspieleretat für die kommende Bundesliga-Saison um 20 Prozent zu kürzen. Zudem plant der FC in seinem Budget mit Transfereinnahmen von 9,5 Millionen Euro.
Plan von Christian Keller und Philipp Türoff könnte aufgehen
Legt man die Einnahmen und Ausgaben der bisher getätigten Transfers zugrunde, hat sich die prekäre finanzielle Situation der Geißböcke zunächst keineswegs verbessert.
Perspektivisch gesehen kann der mit Bedacht kalkulierte Plan von Christian Keller und Finanz-Geschäftsführer Philipp Türoff aber sicher aufgehen. Der FC hat vorwiegend entwicklungsfähige und, was ihre Position betrifft, flexiblere Spieler in moderaten Gehaltsstrukturen verpflichtet. Spieler, die an ihre eigene positive Entwicklung beim FC glauben und deshalb bereit waren Verträge zu unterschreiben, die womöglich nicht ganz den Rahmen ausreizen, der möglich gewesen wäre. Und Spieler, die sich nicht nur selbst entwickeln, sondern auch Werte für den 1. FC Köln schaffen können.
Digitale Dauerkarte
Dauerkarten verkauft der 1. FC Köln jede Saison. Der Fußball-Bundesligist bietet die begehrten Tickets, für die es eine lange Warteliste gibt, nach den guten Erfahrungen während der Corona-Pandemie ab der Spielzeit 2022/23 digital an. Will heißen: Der Dauerkarten-Inhaber kann das Ticket für alle Heimspiele der Saison auf der FC-Internetseite einfach über sein Konto im Ticketshop als PDF abspeichern oder auf sein Handy laden. Zudem gibt es eine Plattform, auf der die Dauerkarte an Familie, Freunde oder Geschäftspartner problemlos weitergegeben werden kann.
Die Einführung der digitalen Tickets soll die Nachhaltigkeitsstrategie des FC unterstreichen. Es wird kein zusätzliches Plastik produziert, Versandketten werden überflüssig. Wer weiter eine Plastik-Dauerkarten haben möchte, zahlt dafür eine Gebühr in Höhe von 20 Euro. (sam)
Der FC folgt bei näherer Betrachtung eher einem klaren, strukturierten Plan, als dass er sich in seiner Etatplanung wie in der Vergangenheit schon zu oft auf ein nicht kalkulierbares Risiko einlässt. Ein Szenario, das mit Blick auf die Vita von Keller und Türoff ohnehin nicht vorstellbar ist. Es ist ein klar berechnetes Risiko, das der Club auch eingehen musste. Denn es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Faktor Zeit bei Spielerverpflichtungen eine elementare Rolle spielt. Wartet ein Club zu lange, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Spieler teurer wird – oder er entscheidet sich sogar für einen anderen Club.
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Ein gewisses Risiko bleibt, denn auf der Abgabeseite sind beim FC die meisten Posten offen. Zum aktuellen Zeitpunkt kann niemand versprechen, dass von dem zum Verkauf stehenden FC-Profis, die durch ihre hohe Gehälter enorme Kosten binden, auch nur einer bei einem anderen Club unterkommt. Weder für Torwart Timo Horn (Vertrag bis 2023), noch für Ondrej Duda (2024), Ellyes Skhiri (2023) oder Kingsley Ehizibue (2023) liegen bislang irgendwelche Angebote vor. Lediglich bei Stürmer Sebastian Andersson soll es erste Interessenten geben. Geduld und harte Arbeit sind gefragt.
Dem Risiko stehen bislang ein Plus von 6,9 Millionen Euro bei den TV-Geldern und die Einnahme-Möglichkeiten durch die Conference League gegenüber. Hier kann der FC bislang nur mit etwa zwei Millionen Euro durch das Playoff-Heimspiel im August rechnen. Weitere Einnahmen durch das Startgeld, mindestens drei weitere Heimspiele und Punktprämien kommen erst hinzu, wenn der FC sich für die Gruppenphase qualifiziert hat. Wäre auch ein guter Plan.