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FC-Spieler im InterviewDenis Huseinbasic: „Ich gebe mich nie zufrieden“

Lesezeit 8 Minuten
Denis Huseinbasic vom FC

Denis Huseinbasic jubelt. 

  1. Denis Huseinbasic (21) wechselte im Sommer zum Schnäppchenpreis von 50.000 Euro von Viertligist Kickers Offenbach zum 1. FC Köln.
  2. Dort entwickelt er sich zum unverhofften Transfercoup.

Köln – Er ist der Senkrechtstarter in Reihen des 1. FC Köln: Mittelfeld-Talent Denis Huseinbasic erzielte beim jüngsten 3:2-Sieg gegen den FC Augsburg bereits sein zweites Tor in der Fußball-Bundesliga. Tobias Carspecken sprach mit dem Deutsch-Bosnier über seinen gewaltigen Sprung von der Vierten in die Erste Liga.

Herr Huseinbasic, wie viele Glückwünsche sind in den vergangenen Tagen bei Ihnen eingegangen?

Da gab es schon einige (schmunzelt). Nach dem Heimsieg gegen Augsburg war das Handy für mich allerdings erstmal Nebensache. Meine Familie war im Stadion, danach waren wir gemeinsam Essen. Es hat daher etwas gedauert, bis ich alle Nachrichten beantworten hatte.

Zur Person

Denis Huseinbasic, geboren am 3. Juli 2001 in Erbach im südhessischen Odenwaldkreis, wechselte zur Saison 2022/23 vom Regionalligisten Kickers Offenbach zum 1. FC Köln. Für die FC-Profis absolvierte der Mittelfeld-Allrounder wettbewerbsübergreifend bislang sieben Spiele (zwei Tore, eine Vorlage). Zudem kam er drei Mal (vier Tore, eine Vorlage) in der U21-Mannschaft in der Regionalliga West zum Einsatz.

Seine ersten Schritte als Fußballer unternahm Huseinbasic bei seinem Heimatverein SpVgg Erbach, ehe er über Stationen beim SV Darmstadt 98 und bei Eintracht Frankfurt im Sommer 2018 nach Offenbach kam. Für das Regionalliga-Team der Kickers bestritt der Deutsch-Bosnier 62 Pflichtspiele. Dabei gelangen ihm neun Tore und sieben Vorlagen. Sein Vertrag bei den Geißböcken läuft bis zum 30. Juni 2025. (tca)

Sie haben im Sommer den Sprung aus der Vierten Liga gewagt. Haben Sie einen derartigen Bilderbuchstart für möglich gehalten?

Ich wusste immer, was ich kann. Und es freut mich natürlich, dass ich das auch in der Bundesliga so gut umgesetzt bekomme. Dennoch hätte ich nicht unbedingt gedacht, dass es so gut anlaufen würde. Auch wenn ich davon überzeugt war, dass ich meine Einsätze bekommen werde.

Sie spielen unbekümmert und furchtlos auf. Sind Sie ein Typ, der sich wenig Gedanken über Herausforderungen macht?

Um ehrlich zu sein, mache ich mir überhaupt keine negativen Gedanken. Ich spiele einfach mein Spiel – so, wie ich es bereits in der Vergangenheit in Offenbach getan habe.

In welchem Bereich war die Umstellung von der Regional- auf die Bundesliga für Sie besonders spürbar?

Das Tempo in der Bundesliga ist viel höher. Daran musste ich mich erstmal herantasten und gewöhnen. In der Bundesliga werden auch deutlich weniger Fehler begangen. Dass ich jetzt auf einmal vor 50 000 Zuschauern spiele und auswärts nicht mehr vor 500, ist ebenfalls ein Riesen-Unterschied.

Denis Huseinbasic jubelt

Denis Huseinbasic beim Spiel gegen Augsburg

Wie gehen Sie mit den großen Kulissen um?

Mich beflügeln sie. Wenn so viele Fans da sind, macht man nochmal einen Meter mehr oder setzt eine Grätsche mehr.

Wo haben Sie Nachholbedarf?

Körperlich muss ich noch zulegen. Da arbeite ich dran und habe auch schon Fortschritte gemacht. Und: Im Sechzehner könnte ich noch ruhiger werden.

Legen Sie Sonderschichten ein?

Mit Athletiktrainer Tillmann Bockhorst arbeite ich an meinem Oberkörper. Es läuft bislang zwar gut für mich, aber man kann immer mehr machen – so lautet auch mein Motto. Denn: Bislang habe ich noch nichts erreicht. Ich will weitere Schritte nach vorne machen.

Wo fühlen Sie sich am wohlsten?

Gegen Augsburg habe ich als einer von zwei Zehnern neben Ondrej Duda gespielt. Das liegt mir gut. Ich kann aber auch wie in Offenbach auf der Acht spielen sowie auf der linken oder rechten Seite. Eigentlich fühle ich mich auf jeder Position im Mittelfeld wohl. Nach vorne bin ich sehr variabel.

Ihre beiden ersten Bundesligatore gegen Mönchengladbach und Augsburg haben Sie im Fünfmeterraum lauernd erzielt. Haben Sie einen Instinkt für gefährliche Situationen?

Mein Instinkt hat mir bei beiden Toren auf jeden Fall geholfen.

Kann man Instinkt trainieren oder ist er angeboren?

Ich glaube, so etwas ist eher angeboren. Ich spüre, wo der Ball herunterkommen könnte, und bewege mich dann dorthin.

Was haben Sie nach den beiden Toren gefühlt?

Beim Derby in Gladbach war der Schmerz über die Niederlage größer als die Freude über mein erstes Bundesligator. Gegen Augsburg habe ich mein Startelf-Debüt in der Ersten Liga gegeben und es mit einem Tor krönen können. Etwas Schöneres kann es kaum geben. Man hat, denke ich, auch an meinem Jubel gesehen, dass ich überglücklich war.

Im Sommer waren zahlreiche Vereine hinter Ihnen her. Warum ist Ihre Wahl auf den FC gefallen?

Die Gespräche mit den Verantwortlichen des FC waren von Beginn an sehr gut und unkompliziert. Sie haben mir einen klaren Plan aufgezeigt. Das hat mir gefallen und imponiert. Beide Seiten hatten ein gutes Gefühl. Wir haben uns schnell geeinigt.

Eine Option lautete, Sie zunächst in die Zweite Bundesliga zu verleihen. Wann war klar, dass Sie beim FC in die Saison gehen würden?

Als Steffen Baumgart während der Saisonvorbereitung angekündigt hat, dass ich nicht verliehen werden soll. Ich habe zu Beginn Spielpraxis in der Regionalliga-Mannschaft gesammelt und mich dort gezeigt – und meinen Weg ins Profi-Team Schritt für Schritt gefunden.

Was macht es mit dem Selbstvertrauen eines jungen Spielers, wenn er gegen ein Spitzenteam wie Borussia Dortmund bereits 20 Minuten vor Schluss ran darf?

Es stand zum Zeitpunkt meiner Einwechslung nur 2:1 für uns. Ich war total glücklich, dass mir der Trainer in dieser Situation sein Vertrauen geschenkt hat. Das war ein schönes Gefühl und ich wollte etwas zurückgeben. Dass das gleich mit einer Torvorlage geklappt hat – umso besser.

Welche Rolle spielt Steffen Baumgart für Sie?

Eine sehr große. Steffen ist ein super Typ. Er gibt mir immer Tipps und war auch für mich da, als ich noch nicht im Spieltagskader stand. Er hat mir gesagt: „Bleib ruhig und mach weiter so. Deine Zeit wird kommen.“

Ihr Vater Remzija war selbst Fußballer. Ist er so etwas wie ein zweiter Trainer für Sie?

Mein Vater war kein Profi und hat mit dem Fußball nur nebenbei Geld verdient. Er hat mich aber sehr stark geprägt. Noch als ich ein kleines Kind war, ist er immer mit mir auf den Platz gegangen und hat mit mir geübt. Vor allem den ersten Kontakt.

Hat sich für Sie nun ein Kindheitstraum erfüllt?

Ich würde sagen, dass ich ein guter, aber auch ein eher fauler Schüler war. Fußball war mir immer wichtiger, ich wollte schon immer Profi werden.

Welche Werte hat Ihr Vater als ehemaliger Fußballer Ihnen weitergegeben?

Er hat mir den enormen Ehrgeiz vermittelt, der mich heute auszeichnet. Ich möchte mich immer weiter verbessern und gebe mich nie zufrieden.

Wie ist der Austausch mit Ihrem Vater nach Spielen?

Wir sprechen vor allem über die Dinge, die ich noch besser machen kann. Wenn das Spiel gut gelaufen ist, schickt er mir auch mal nur ein Daumen-Smiley. Dann weiß ich: alles bestens.

Sie sind in Hessen geboren, wo Sie auch Ihre gesamte Jugend verbracht haben. Wie schwer ist Ihnen der Schritt weg von der Heimat gefallen?

In Offenbach habe ich auch schon zwei Jahre allein gelebt. Da waren es aber nur 30, 40 Minuten in die Heimat. Nach Köln sind es zweieinhalb Stunden. Das ist ein Unterschied. Es ist jetzt kein Katzensprung mehr. Ich bin hier auf mich allein gestellt, weshalb ich mich auch als Mensch weiterentwickeln kann. Das tut mir ebenfalls gut.

Wie sind Ihre bisherigen Eindrücke von der Stadt?

Köln ist eine schöne Stadt, ich habe mich gut eingelebt. Meine Freunde kommen oft vorbei. Ich fühle mich hier nie allein.

Wie sind Sie vom Team aufgenommen worden?

Es ist ja nicht üblich, dass ein Viertliga-Spieler in einen Bundesliga-Kader dazustößt. Ich habe in dieser Hinsicht aber nie einen Kommentar zu hören bekommen. Du wirst hier super aufgenommen. Egal, woher du kommst. Deshalb läuft es auch mit der Mannschaft so gut.

Ihre Eltern sind Bosnier. Weshalb sind sie nach Deutschland gekommen?

Das war teilweise Schicksal. Mein Vater ist im Zuge des Krieges nach Deutschland geflüchtet. Meine Mutter ist wegen der Arbeit hierhergekommen.

Sie selbst sind Deutsch-Bosnier. Welche Beziehungen haben Sie nach Bosnien?

Über einen langen Zeitraum war ich jedes Jahr zum Urlaub bei den Verwandten in Bosnien. Mit Ausnahme eines Onkels, der in Deutschland lebt, ist dort meine komplette Familie beheimatet. Meine Mutter kommt aus Banja Luka im Norden des Landes, mein Vater aus der Nähe von Sarajevo. Ich möchte zusehen, dass ich es zukünftig wieder nach Bosnien schaffe. Es ist immer wieder schön dort. Und Familie steht für mich über allem.

Sie sind für nur 50 000 Euro Ablöse aus Offenbach gekommen, Ihr Marktwert hat sich innerhalb weniger Monate um ein Vielfaches erhöht. Wo kann Ihr Weg mal hinführen?

Ich denke von Schritt zu Schritt. Ich bin glücklich über meinen Start in Köln und will mich hier durchsetzen.

Wie groß war die Erleichterung über den Sieg gegen Augsburg, nachdem es drei Niederlagen gesetzt hatte?

Innerhalb der Mannschaft war keine Verunsicherung zu spüren. Wir haben einfach weitergemacht. Aufgeben ist für uns als Team ohnehin keine Option, das spiegelt den Charakter dieser Mannschaft wider. So gewinnen wir auch unsere Spiele.

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Am Freitag geht es nach Mainz. Erneut mit Denis Huseinbasic in der Startelf?

Das entscheidet der Trainer (schmunzelt). Bundesliga zu spielen, ist ein Traum für mich. Ich bin dankbar für jeden Einsatz und werde mich weiter anbieten. Wenn ich diesmal von der Bank kommen sollte, ist auch alles gut. Einwechselspieler haben bei uns ebenfalls einen hohen Stellenwert. Sie entscheiden oft die Spiele zu unseren Gunsten. Ich lasse die Dinge einfach auf mich zukommen.