Köln – Wer in neun Bundesliga-Spielen 13 Punkte gesammelt hat, darf eigentlich mehr als zufrieden sein. Vor allem, wenn es sich um einen Club wie den 1. FC Köln handelt, der noch ein Stück weit davon entfernt ist, eine solch gute Ausbeute als normalen Anspruch zu formulieren.
1. FC Köln bereits mit 16 Punkten auf dem Konto
Als am Sonntag der 3:2-Erfolg gegen Heim-Angstgegner FC Augsburg in trockenen Tüchern war und der FC sein Saisonkonto auf 16 Zähler aufgestockt hatte, beherrschte allerdings das Gefühl von Erleichterung die Szenerie in Müngersdorf . Als käme der FC aus einer tiefen sportlichen Krise mit einer Niederlagenserie. Dabei waren es nur drei gewesen und zwei davon in der Europa Conference League gegen denselben Gegner, das unbequeme Partizan Belgrad. Offenbar genug, um das im Daumen hoch und Daumen runter geschulte Kölner Umfeld auf den Plan zu rufen und den Druck auf Trainer und Mannschaft zu erhöhen. Mit Erfolg, denn selten in der noch kurzen Ära von Steffen Baumgart hat man den FC-Chefcoach so angespannt gesehen.
Erleichterung auch bei FC-Trainer Steffen Baumgart
„Das war ein extrem wichtiger Sieg. Man hat gesehen, dass schon ein bisschen was von uns abgefallen ist“, sagte selbst Jonas Hector. Der öffentlich eher nüchtern bis kurz angebundene FC-Kapitän tanzte nach dem Schlusspfiff erleichtert zum „Trömmelchen“-Lied in Richtung feiernder Südkurve – ein wirklich nicht alltägliches Bild. Sein Trainer wirkte nach den emotionalen und nervenaufreibenden 98 Minuten körperlich und mental völlig platt. Beim wichtigen 1:1-Ausgleich von Steffen Tigges (47.) hatte Baumgart schon eher in sich gekehrt gejubelt, nach dem Schlusspfiff schloss er die Augen und richtete Arme und Blick in Richtung Kölner Himmel. „Es kann sich jeder vorstellen, dass die Situation schon ein bisschen angespannt war“, sagte der 50-Jährige.
FC-Fans stehen hinter der Mannschaft
Die Geißböcke hatten ihren Coach und die von Beginn des Spiels an bedingungslos hinter ihrem Team stehenden Fans mal wieder auf eine Berg- und Talfahrt mitgenommen. Nach einer überlegen geführten, aber trotzdem irgendwie problematischen ersten Halbzeit lag der FC zum sechsten Mal in Folge mit 0:1 hinten. „Der Spielverlauf war wieder nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir müssen abstellen, dass wir so früh in Rückstand geraten“, forderte Hector. Steffen Baumgart erkannte sogar ein Muster: „Wir können es wahrscheinlich nicht anders. Es zeichnet die Jungs aus, dass sie dranbleiben und auf Sieg spielen. Ich wäre froh, wenn wir es nicht bräuchten“, erklärte der Trainer. Keine Mannschaft in der Bundesliga punktet nach Rückständen so gut wie der FC. Die Geißböcke sind aber unter Baumgart besonders gut darin, Widerstände zu überwinden und aus schwierigen Situationen Kraft zu schöpfen. Obwohl gleich sieben Akteure – darunter die drei Topscorer Florian Kainz, Dejan Ljubicic und Jan Thielmann – fehlten, Augsburg der erwartet unbequeme, schwer zu spielende Gegner war und dem FC noch Reise sowie Spiel in Belgrad in Beinen und Köpfen steckte, drehten die Gastgeber die Partie. „Respekt, wie viel Köln mit dem Spiel unter der Woche gelaufen ist“, lobte FCA-Trainer Enrico Maaßen. 117,24 Kilometer notierten die Statistiker für den FC und damit fast 3,5 Kilometer mehr als Augsburg.
Neuzugang-Trio lässt „Herz auf dem Platz“
Ein Trio, von dem das zum aktuellen Zeitpunkt niemand so erwarten würde, krönte die geschlossene Kölner Mannschaftsleistung in der zweiten Hälfte. Linton Maina demonstrierte seine Qualitäten auf dem Flügel und bereitete das 1:1 perfekt vor. Steffen Tigges streifte eine persönlich für ihn schwierige erste Hälfte ab und erzielte seinen ersten Doppelpack in der Bundesliga im Stile eines Torjägers. „Es war so ein Tag, dass wir früh in der zweiten Halbzeit den Ausgleich gemacht haben und das Gefühl hatten, dass es von selbst geht. Wie eine Ketchupflasche. Man muss lange draufhauen und dann kommt irgendwann alles von selbst raus“, freute sich der 24-Jährige. „Er entwickelt sich gut. Es ist doch schön einen Mittelstürmer zu haben, der auch im Zentrum ist. Linton, Steffen und Denis haben ihr Herz auf dem Platz gelassen“, lobte Steffen Baumgart die drei Neuzugänge.
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Dritter im Bunde war einer, mit dem vor der Saison niemand rechnen konnte. Denis Huseinbasic spielte bei seinem Bundesliga-Startelf-Debüt so frech und mutig auf, als hätte er zuvor nicht nur in der Regionalliga Südwest gekickt. Der für 50 000 Euro aus Offenbach geholte 21-Jährige sieht aus wie ein Fußball-Juwel, von dem jeder Bundesliga-Scout träumt. „Ich habe auf meine Chance gewartet. Im Sommer habe ich gesagt: Ich weiß, was ich kann. Aber dass es so gut läuft, das konnte ich nicht erwarten“, sagte der offensive Mittelfeldspieler. Sein zweiter Saisontreffer zum 2:1 war Beleg für seinen Instinkt – und alles andere als einfach. „Ich habe die Situation gerochen und war zur Stelle“, beschrieb Huseinbasic seinen gekonnten Drehschuss in der 67. Minute.
Der Youngster und seine Teamkollegen bekamen den Montag frei. Am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) geht die Terminhatz mit der schwierigen Partie in Mainz und der Frage nach der Erwartungshaltung in Köln weiter. „Vor dem Spiel hatten wir 13 Punkte und so ein bisschen das Gefühl, dass wir die einzigen sind, die an uns glauben. In Köln geht es ja schnell in beide Richtungen. Jetzt hoffen wir mal, dass wir weiterhin gute Ergebnisse einfahren, denn Mainz ist genauso gut drauf, und danach kommt Hoffenheim hierher“, sagte Baumgart erschöpft - sein Team ist übrigens Siebter.