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Die Wunsch-NotlösungWas sich der BVB von der Modeste-Verpflichtung verspricht

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BVB Modeste

Anthony Modeste bei Borussia Dortmund 

Dortmund – Das Aus von Sebastien Haller wurde in Dortmund zum Kurzzeit-Schock. Der Franzose, gewieft mit Ball am Fuß und im Abschluss aus allen möglichen Lagen nahe des gegnerischen Tors, sollte – wie allüberall bekannt ist – den Abgang von Erling Haaland auffangen, Verteidiger kraft seiner Präsenz binden und eine Vielzahl an Treffern produzieren.

Der Hodentumor-Befund und die deshalb nötige Chemotherapie verhagelten der Borussia das gesamte Trainingslager. So umschrieb es unlängst Boss Hans-Joachim Watzke, der nun immerhin auf sportlicher Ebene aufatmen darf: In Anthony Modeste ist ein neuer Torjäger an Bord. Dass sie sich in Köln über den inzwischen zweiten abrupten Abschied des Stürmers und das damit einhergehende Drumherum aufregen, wird Watzke gänzlich wenig interessieren.

Modeste als Wunsch-Notlösung

Sein Verein hat die Notlösung A verpflichtet – und damit fix auf den tragischen Haller-Ausfall reagiert. „Wir hatten uns nach der Analyse der vergangenen Spielzeit bewusst dazu entschieden, einen eher klassischen Stoßstürmer zu verpflichten, der unserem Offensivspiel eine gewisse Körperlichkeit, Kopfballstärke und Torgefahr verleiht“, erklärt der Dortmunder Sportdirektor Sebastian Kehl, der hinzufügt: „Vor dem Hintergrund der Erkrankung von Sebastien Haller sind wir froh, dass wir unserem Kader mit Anthony Modeste für die laufende Saison kurzfristig einen solchen Stürmer hinzufügen konnten.“

Der 34-jährige Modeste, der in Dortmund einen Einjahresvertrag unterschrieb und in Kombination von Ablöse und Gehalt wohl etwas mehr als 10 Millionen Euro kostet, sei ein „gestandener Profi, der die Bundesliga bestens kennt, der in der vergangenen Saison 20 Tore erzielt hat und der mit seinem Profil genau jene Rolle einnehmen kann, die sich unser Trainer Edin Terzic für den BVB-Fußball vorstellt“, erklärt Kehl, der dank der Zusage von Modeste und dem FC nicht mehr auf seine Notlösung B – Edison Cavani (35, vereinslos, zuletzt bei Manchester United) – zurückgreifen muss.

Ein Schnäppchen ist Modeste nicht

Für die Borussia hat das vor allem einen zentralen Vorteil. Sicher, Modeste im Gesamtpaket (Ablöse fünf Millionen Euro, Jahresgehalt sechs Millionen Euro) ist nicht günstig, der Franzose geht indes in seine achte Bundesliga-Spielzeit, wie der BVB auch im offiziellen Kommuniqué vermeldet. Er ist mit der Liga bekannt – und auch in anderer Hinsicht auf dem Papier eine nahe liegende Wahl: Da wäre zum einen seine Quote aus der vergangenen Spielzeit, als Modeste alle 103 Minuten an einem Kölner Tor beteiligt war und 23 Treffer in 35 Pflichtspielen höchstselbst beisteuerte, zehn davon per Kopf aus der Luft, wo sein neuer Club nach dem Haller-Wegfall Bedarf feststellte.

Während die übrigen Offensiv-Beauftragten wie Donyell Malen (23), Karim Adeyemi (20) oder Youssoufa Moukoko (17) zuvorderst über Tempo und Dribbelstärke kommen, mischt Modeste der Borussia deutlich mehr Physis bei. Und: Er ist durchaus in der Lage, im Verbund das Aufbauspiel des Gegners zu stören. Modeste schmeißt sich in Zweikämpfe und ist mit einer Endgeschwindigkeit von 33,4 Stundenkilometern kein Ausnahmesprinter, aber eben auch nicht langsam.

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Alles Pluspunkte, wobei sich die Borussia dennoch anders wird aufstellen müssen als angedacht: Der nun für Monate ausscheidende Haller spielt mehr mit, legte allein in der so erfolgreichen Spielzeit 2018/19 bei Eintracht Frankfurt mehr Treffer auf, als Modeste in 156 Einsätzen beim 1. FC Köln (12 zu 10) und liefert im Schnitt 1,5 Torschussvorlagen pro Spiel, Modeste nur 0,7.

Der in Köln lange Zeit so gefeierte Mittelstürmer braucht Zuspiele, bestenfalls per Flanke. FC-Trainer Steffen Baumgart schnitt das Spiel auf ihn zu. Bleibt abzuwarten, wie die Borussia die Thematik lösen will. Ein klassischer Flankenspieler fehlt im Kader, Dortmund spielte zuletzt die zweitwenigsten Bälle hoch in den Strafraum. Coach Edin Terzic wird sich darüber Gedanken machen müssen. Denn für die drei Wettbewerbe braucht die Borussia Tore. Diese Verantwortung wollten die Chefs nicht allein auf Moukokos Schultern legen, holten deshalb den erfahrenen Angreifer aus Köln.