Bayer 04 Leverkusen feiert Nathan Tella als Helden von München und schickt eine Kampfansage an Bundesliga-Tabellenführer FC Bayern.
Leverkusen gewinnt in MünchenNathan Tella ist ein eher zufälliger Held
Erst der eigene Mitspieler konnte Nathan Tella stoppen. Abwehrrecke Edmond Tapsoba bekam seinen Teamkollegen von Bayer 04 Leverkusen kurz vor der Außenlinie zu fassen und beendete den Jubellauf des Siegtorschützen in der ausverkauften Allianz-Arena. Tella ging zu Boden, kugelte sich auf den Rücken und ließ sich in dieser Position nach 69 Minuten für den Treffer feiern, der den Doublesieger vor 75 000 Zuschauern beim FC Bayern München ins Viertelfinale des DFB-Pokals einziehen ließ.
„Mein erster Gedanke war, wow, was für eine tolle Flanke von Grimaldo. Dann registriere ich, dass ich zum Kopfball kommen und ihn direkt nehmen kann. Ich denke, es war ein guter Kopfball und ganz sicher das wichtigste Tor meiner Karriere. Ich will in jedem Spiel treffen, aber gegen ein solches Team in so einem Spiel zu treffen, fühlt sich richtig gut an und ist sehr wichtig für alle“, beschrieb Tella freudestrahlend den entscheidenden Moment eines aufregenden Fußballabends.
Der in London geborene Nigerianer war so etwas wie der zufällige Held dieses mit großer Spannung erwarteten Pokal-Achtelfinalduells zwischen den beiden aktuell wohl besten deutschen Mannschaften. Zu Spielbeginn saß der 25-Jährige mal wieder nur auf der Bank (diese Saison viermal Startelf in 16 Pflichtspielen). Als sich nach der berechtigten Roten Karte gegen Bayern-Keeper Manuel Neuer (17.) die Statik des Spiels änderte, Bayer-Coach Xabi Alonso zur Pause von seiner Taktik ohne echten Stürmer abrückte und Patrik Schick einwechselte, blieb Tella weiter nur die Rolle des Zuschauers.
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Patrik Schick zwingen Schmerzen in der linken Wade zur Auswechslung
Hätte Schick nicht nach einer Viertelstunde den Platz mit Problemen in der linken Wade wieder verlassen müssen, wäre Tella womöglich gar nicht zum Einsatz gekommen. Für den Angreifer eine hypothetische Vorstellung. Er beschäftigte sich lieber mit der Realität: „Es gibt mir Selbstbewusstsein, dass ich weiß, dass der Trainer mir in einem solchem Spiel vertraut, dass ich reinkomme und den Unterschied ausmache. Ich werde dieses Selbstbewusstsein für den weiteren Saisonverlauf nutzen können.“
Dass der nur 1,73 Meter große Tella Alejandro Grimaldos perfekte Flanke zwischen den deutlich größeren Münchner Abwehrspielern Min-Jae Kim und Alphonso Davies per Kopf verwertete, kam für viele im Leverkusener Lager überraschend. „Es ist skurril, Nathan ist nicht gerade als Kopfballungeheuer bekannt. Das hat er sich bei Schicki gut abgeguckt im Training. Der macht die auch so rein“, vermutete Bayer-Sportchef Simon Rolfes.
Der als Abwehrchef überragende Kapitän Jonathan Tah musste sogar lachen: „Ich weiß nicht, ob Nathan das trainiert hat. Ich hätte nicht gedacht, dass er ihn so reinköpft, Respekt.“ Fakt ist, dass Tella, vergangene Saison gegen Wolfsburg und Darmstadt schon zwei Kopfballtreffer gelangen und er auch in seiner Zeit in England auf diese Art erfolgreich war.
Vincent Kompany hätte es wissen müssen. Als der Münchner Trainer in der Saison 2022/23 den FC Burnley betreute, erzielte Tella in 45 Pflichtspielen 19 Tore für das Team aus der englischen Championship. „Niemand erwartet von mir, dass ich mit dem Kopf treffe, aber es ist eine Fähigkeit, die mein Spiel bereichert“, weiß der Leverkusener durchaus um seine Stärke.
„Das hätte auch ein Schick-Tor sein können. Es war seine Aufgabe, die Rolle von Patrik zu spielen. Er war im richtigen Moment in der richtigen Position“, lobte Bayer-Coach Xabi Alonso den Matchwinner. Der Spanier war nicht nur auf Tella, sondern das ganze Team stolz, obwohl es nach Neuers Platzverweis mit Ball Probleme hatte, die lange Überzahl gut auszuspielen.
„Der Platzverweis hat nicht unbedingt einen Faktor auf das Spiel gehabt. Wir haben es ja gar nicht hinbekommen, dass man sieht, dass wir einer mehr waren. Es ist aber egal, weil wir haben das Ding gewonnen. Ob verdient oder nicht, wir sind eine Runde weiter“, formulierte Robert Andrich pragmatisch.
Werkself findet weiter in ihren Rhythmus
Simon Rolfes sah es von Haus aus etwas differenzierter und lobte das Team für seine mentale Flexibilität: „Wir haben seit dem Heidenheim-Spiel wieder eine andere Energie, einen anderen Rhythmus und eine andere Gewinner-Mentalität. Die kann man zeigen, indem man Tore schießt wie gegen Heidenheim und Salzburg oder wie gegen die Bayern, indem du einen Vorsprung konsequent über die Zeit bringst und alles clever weg verteidigst. Da geht es nicht um Schönheitspreis.“
Eine Eigenschaft, die der Werkself zu Saisonbeginn vor allem in der Bundesliga am Ende der Spiele etwas abging und einige Punkte kostete. „Wir kommen wieder in einen guten Moment, in unseren Flow. Das bringt unsere Fähigkeiten zum Vorschein“, stellte Rolfes fest.
Das klingt wie eine Kampfansage an die Bayern, die als ungeschlagener Tabellenführer in der Bundesliga sieben Punkte Vorsprung auf den Doublesieger aufweisen, obwohl Bayer 04 auch erst einmal verloren hat (2:3 gegen Leipzig).
Unter Xabi Alonso sind die Leverkusener nun seit fünf Partien gegen die Münchner unbesiegt und haben am Dienstag im dritten Anlauf nach zwei Remis das erste Mal in der Allianz-Arena gewonnen. Dem großen Favoriten zudem die erste Titelchance genommen zu haben, könnte sich für den künftigen Weg beider Teams nachhaltig auswirken.
„Das war ein ganz, ganz wichtiger Sieg. Wir wollten unbedingt weiterkommen und haben Stärke gezeigt“, freute sich Rolfes und schaute vor dem Bundesliga-Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC St. Pauli auf das Erstliga-Ranking: „Es gibt einen Punkteabstand, aber die Saison ist noch lang. Wenn wir in unseren Rhythmus kommen, sind wir eine starke Mannschaft und werden viele Punkte holen. Dann werden wir sehen, ob wir den Rückstand verkürzen können. Ich schreibe hier jetzt gar nichts ab.“ Das klang dann nicht nur wie eine Kampfansage von Rolfes, sondern war eine.