Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Dass Xabi Alonso zwei seiner besten Spieler vor dem Bundesliga-Topspiel bei Borussia Dortmund auf die Bank verbannt hat, weil Florian Wirtz und Exequiel Palacios die abschließende Teambesprechung in Leverkusen verpasst hatten, sorgte im Rheinland noch zu Wochenbeginn für Aufregung.

„Das Wichtigste ist immer die Mannschaft“, stellte der Bayer 04-Chefcoach drei Tage nach dem 3:2-Sieg im Westfalenstadion und 30 Stunden vor dem nächsten Härtetest am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) in der BayArena gegen den 1. FSV Mainz 05, klar. Angesprochen auf seinen Führungsstil, der noch nicht einmal einem Fußball-Genie wie Wirtz oder Weltmeister Palacios Sonderstatus einräumt, erklärte der spanische Erfolgscoach weiter. „Wir entscheiden immer im Sinne des Teams. Wenn wir das Gefühl haben, alle sind bereit, dann deuten wir, deute ich, was im Training passiert.“

Ob ein Spieler in einem guten Moment ist und seine Leistung dann auch auf dem Platz zeigen kann, bemerke er bei den Übungseinheiten. Nun war der Fall mit den an der Leverkusener Brücke im Stau stehenden Stars anders gelagert. Sicher hatten Palacios und Wirtz ihre Form vor dem ersten Punktspiel 2025 auf dem Trainingsplatz gezeigt.

„Sonderrolle“ für Florian Wirtz gegen Mainz

Sie durften in Dortmund aber nicht von Beginn an ran und wirkten bei ihren Kurzeinsätzen gehemmt, weil ihr Trainer durch die von ihnen verpasste, spieltaktische Einstellung ein ungutes Gefühl hatte. „Wir haben das schon am Freitag alles geklärt und jetzt mit ihnen nur über Mainz gesprochen“, gab Alonso weitere Einblicke.

Der Spanier räumte Wirtz eine „Sonderrolle“ für den Hinrunden-Abschluss ein. Nicht nur, weil vor dem Duell gegen das Überraschungsteam aus Rheinhessen, andere Abläufe gelten und die „Kölner Problembrücke“ keinen großen Ärger machen kann. Sondern auch im Wissen um den Ehrgeiz seines Jungstars. „Gut, gut, gut“, sei die Situation mit seiner Nummer 10, „Flo ist dabei und wird von Anfang an spielen. Es gibt kein Problem.“

Selten oder so gut wie nie spricht der Bayer 04-Coach Einsatzgarantien für einzelne Spieler aus. Wenn es um den mit sieben Toren und acht Vorlagen aktuell besten Scorer des Doublesiegers geht, bietet sich eine Ausnahme aber an.

Ebenso bei Patrik Schick, der in Dortmund doppelt traf und seinen Status als bester, tschechischer Bundesliga-Knipser mit nun 64 Treffern (vor Jan Koller) ausbaute. „Ob das der beste Patrik ist, den ich hier in Leverkusen erlebt habe? Ganz klar ja“, sagte Alonso über den Alleinunterhalter im Sturm. „Besonders im Dezember, aber jetzt auch in Dortmund hat er es gut gemacht“, hob der Coach die elf Schick-Treffer bei dessen jüngsten sechs Bundesliga-Einsätzen hervor und ergänzte: „Nicht nur seine Tore sind wichtig, sondern auch seine Defensivarbeit.“

Dass der Stürmer als erster Mann im Angriffspressing „so gut drücke“, sei wichtig für die gesamte Stabilität. Gerade weil Victor Boniface immer noch mit Oberschenkelproblemen ausfällt und frühestens vor dem Champions League-Kracher bei Atletico Madrid (21. Januar) oder dem Bundesliga-Auswärtsspiel bei RB Leipzig (25. Januar) zurückkehren wird, ist Bayer 04 von Schick abhängig.

Egal ob es um den 28-jährigen Tschechen, Wirtz oder den nach seiner ersten Torvorlage zu Schicks 2:0 in Dortmund ebenfalls hochgelobten Linksverteidiger Piero Hincapie geht. Spätestens seit Alonsos spontanem Verzicht sind seine Prioritäten klar. Jeder einzelne Profi muss sich im Sinne der Mannschaft einbringen und notfalls auch fügen. Nur so kann die Werkself das Titelrennen gegen Bayern München offenhalten und auch die Trophäen in der Königsklasse und dem DFB-Pokal jagen.

„Das müssen wir verbessern“, nahm Alonso seine Belegschaft nach dem defensiv reifen, aber offensiv teils unstrukturierten Auftritt beim BVB in die Pflicht. „Mit dem Ball hatten wir nicht diese gute Kontrolle und haben vermisst, mehr Pässe zu geben“. Wenn es gegen die Mannschaft der Stunde aus Mainz (sechs Siege aus den letzten sieben Bundesliga-Partien; u.a. gegen Dortmund, München und Frankfurt) geht, müsse es schon eine „100-prozentige Leistung“ sein. „Sonst haben wir ein Problem“.

Nach dem verlorenen Rennen um die Herbstmeisterschaft verlangt Alonso im letzten Spiel der Hinrunde also erneut „gute Struktur“, eine „Top-Qualität“ und „positive Mentalität“. Vor allem von Exequiel Palacios und Florian Wirtz.

Voraussichtliche Aufstellungen: Bayer 04 Leverkusen: Hradecky; Tapsoba, Tah, Hincapie; Frimpong, Xhaka, Palacios, Grimaldo, Wirtz; Tella, Schick. — 1. FSV Mainz 05: Zentner; da Costa, Bell, Jenz; Caci, Sano, Kohr, Mwene, Hong, Lee; Burkhardt. — SR.: Welz (Wiesbaden).