Die Geschichte vom Hasen, der in einem Wettrennen mit dem Igel von seinem stacheligen Widersacher genarrt wird, weil dieser stets schon dort zu sein scheint, wo das Langohr erst ankommt, dürfte auch Nuri Sahin kennen. Der Trainer von Borussia Dortmund ist im Märkischen Kreis geboren und wohl mit den Gebrüdern Grimm vertraut. Wenn er im Rahmen des Bundesliga-Krachers an diesem Freitag (20.30 Uhr/DAZN, Sat.1) nun auf Xabi Alonso trifft, haben der 36-jährige BVB-Coach und der sieben Jahre ältere Chef von Bayer Leverkusen sicher andere Dinge zu besprechen.

Dennoch weisen die Karrieren der beiden ehemaligen Mittelfeldstrategen einige Parallelen zu dem Grimmschen Schwank mit dem Hasen und dem Igel auf. „Sie haben das geschafft, wo wir hinkommen wollen und auch werden“, verbalisierte der Dortmunder Sahin seine Rolle. Vor dem Duell Sechster gegen Zweiter darf nicht nur wegen des satten rheinländischen Vorsprungs von einem ungleichen Wettrennen gesprochen werden.

Spanischer Igel und der türkische Hase

Die Geschichte vom cleveren spanischen Igel und dem vorpreschenden Hasen mit türkischen Wurzeln begann allerdings schon 13 Jahre früher. Da hatte Alonso die Schaltzentrale im Mittelfeld von Real Madrid bereits fest im Griff, ehe der junge Sahin aus Dortmund in die spanische Hauptstadt kam. In der Saison 2011/2012 machte der damals 23-Jährige immerhin vier seiner insgesamt zehn Pflichtspiele an der Seite von Alonso –   und gewann mit ihm in der Champions League (6:2 gegen Zagreb) und auch die La-Liga-Partien gegen Osasuna (7:1) und San Sebastian (5:1) als Joker. Dass der Emporkömmling sein letztes Liga-Spiel in Granada beim Pausenstand von 0:1 beendete und für Alonso ausgewechselt wurde, der prompt zum 2:1-Auswärtssieg beitrug, passt ins Bild des ungleichen Duos.

Als Mitspieler war Alonso stets Takt- und Ratgeber, wenn er schon damals über Sahin sagte: „Er hat einen guten linken Fuß, liest das Spiel schnell und fügt sich gut ein. Auch seine Einstellung ist gut. Man kann sehen, dass er sich integrieren und Erfolg haben möchte. Das sieht alles gut aus, also habe ich große Hoffnungen für ihn.“ Einen Stammplatz konnte sich der verletzungsanfällige Sahin aber nicht erobern, so dass er auch auf Anraten von Alonso im Sommer 2012 zu dessen Ex-Club nach Liverpool verliehen wurde und nie mehr nach Madrid zurückkehrte.

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Merken

Über eine Dekade später treffen sich Alonso und Sahin nun als Bundesliga-Coaches wieder. Und wieder hat der Spanier einen Vorsprung von zwei Jahren. Während Sahin erst vergangenen Sommer vom Assistenten zum Chefcoach befördert wurde, hat der 43-jährige Baske ganz Leverkusen schon unter seine Kontrolle gebracht. „Seit Xabi dort Trainer ist, hat er gefühlt alles auf den Kopf gestellt“, lobte Sahin seinen ehemaligen Mitspieler für dessen jetzt schon historisch gute Arbeit unter dem Bayer-Kreuz und ergänzte: „Das zeigt aber auch, dass so was Zeit braucht.“ Wie der Grimmsche Hase hechelte der neue BVB-Coach den großen Ambitionen der Borussia im ersten halben Jahr bisher hinterher und steht demnach mehr unter Druck als sein routinierter Gegenüber.

Xhaka verdreht sich den Knöchel

Dieser hat zwar mit den Verletzungen von Jeanuel Belocian (Saison-Aus nach Kreuzbandriss), Victor Boniface (wegen wiederkehrender Oberschenkelprobleme erst in der letzten Januar-Woche zurück) und Granit Xhaka (Knöchel im Dienstagstraining verdreht) zu kämpfen, wendete aber eine bekannte List an. Vor dem Topspiel ließ er sich nicht in die personellen Karten schauen, löschte auch Störfeuer wie seine eigene ungewisse Zukunft und die von Florian Wirtz und Jonathan Tah. Viel lieber lobte er seinen jungen Kollegen und Weggefährten: „Ich sehe die Entwicklung von Dortmund“, schrieb er Novize Sahin nicht etwa die sieben Punkte Rückstand auf seine Werkself zu, sondern die Heimstärke des BVB (20 Punkte aus acht Spielen). „Sie spielen gut, mit großer Qualität, individuell, kollektiv, also brauchen wir fast eine perfekte Leistung.“

Den persönlichen Draht zu Sahin betreffend, freue er sich einfach, dass „wir uns wiedersehen“. So wie der clevere Igel den Hasen mit Entschlossenheit bezwingt, wollen die Leverkusener ihren Vorteil zu Beginn des neuen Bundesliga-Jahres nutzen und die Dortmunder Borussia auf zehn Punkte distanzieren.

Voraussichtliche Aufstellungen

Borussia Dortmund: Kobel; Ryerson, Can, Schlotterbeck, Bensebaini; Nmecha, Beier, Brandt, Adeyemi, Gittens; Guirassy.

Bayer Leverkusen: Hradecky; Tapsoba, Tah, Hincapie; Frimpong, Andrich, Palacios, Grimaldo, Wirtz; Tella, Schick. – SR.: Stieler (Sölden).