Leverkusen – Adrenalin, Dopamin und schließlich Oxytocin. Mit dieser biochemischen Kombination kamen die Fußballer von Bayer 04 Leverkusen im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart zum 4:2 (1:0)-Erfolg. Nach dem vierten Sieg in Folge waren die körpereigenen Hormone angenehm ausbalanciert. Schließlich ist die Werkself nicht nur das beste Rückrunden-Team. Sie hat auch sieben Punkte Vorsprung auf den SC Freiburg und den ersten „Nicht-Champions-League-Platz“.
Wirtz genießt die Siegesserie
„Es macht unfassbar Spaß im Moment“, benannte Florian Wirtz das dominierende Gefühl beim Bundesliga-Dritten. Dann ging der 18-jährige Ausnahmekönner, der sich gegen die abstiegsbedrohten Schwaben nur mühevoll entfalten konnte, mit dem Flachschuss zum 3:1 (86.) und der Querpass-Vorlage zu Patrick Schicks 4:2 (89.) final aber doch wieder großen Einfluss nahm, ins Detail: „Wir spielen gut nach vorne und machen die Tore, kassieren nicht so viele. Im Moment läuft es einfach gut.“
Recht hatte er, auch weil sich das favorisierte Heimteam gegen den diszipliniert und konzentriert auftretenden Vorletzten schwertat und doch mit dem nächsten Dreier bestens davonkam. Diesen begründete Gerardo Seoane mit „großem Selbstvertrauen“. Der Trainer sah aber auch „Besprechungsbedarf“. Zwar hatte sein Team, sechs Tage nach dem Highlight-Sieg in Dortmund, den kurzfristigen Ausfall von Jonathan Tah (Infekt) mit Afrika-Cup-Rückkehrer Edmond Tapsoba in der Innenverteidigung kompensiert. Nach Schicks Pfostenschuss (13.) konnten sie aber froh sein, dass Stuttgarts neuer Portugiese Tiago Tomás ebenfalls nur Aluminium traf (28.). Ebenso wurde Wirtz Abseitstor (34.) mit einer VfB-Großchance für Chris Führich beantwortet, der Bayers von Corona genesenen Torwart Lukas Hradecky anschoss (37.).
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Weil das Gästeteam nicht wie ein Absteiger spielte, sondern gut positioniert insgesamt 84 Fehlpässe erzwang, um dann fußballerisch geschickt umzuschalten, fiel Seoanes Jubel über das 1:0 so euphorisch aus. Hier war Moussa Diabys individuelle Klasse entscheidend: Der französische Nationalspieler ließ sich auch von drei VfB-Verteidigern nicht aufhalten, sondern reagierte und sprintete blitzschnell, um im zweiten Versuch wuchtig zur Pausenführung zu treffen (41.).
Schicks 19. Tor im 19. Spiel
Diese sollte beruhigend wirken, tat es aber nicht. Gleich nach Wiederbeginn schnellte Seoanes Adrenalinspiegel in die Höhe. Nachdem Stuttgart einen Wirtz-Pass tief in der eigenen Hälfte abgefangen hatte, kam Leverkusen nicht ins Gegenpressing. Orel Mangala düpierte Bayers Aushilfs-Abwehrchef Piero Hincapié und legte Tiago Tomás den Premierentreffer zum 1:1 auf (49.).
„Dann kam der Knackpunkt“, meinte Coach Seoane. Wie schon gegen Augsburg (5:1) und in Dortmund (5:2) reagierte seine Elf stark auf einen Rückschlag. „Wir hatten die richtige Einstellung gleich wieder nach vorne zu gehen und den Treffer zu suchen. So haben wir auch das Spielglück erzwungen.“ 150 Sekunden nach dem Ausgleich zog Kerem Demirbay einen Freistoß von links genau auf Amine Adli. Dieser hatte den Vorzug vor Karim Bellarabi erhalten und rechtfertigte dies mit dem wichtigen Kopfballtor zum 2:1 (52.). Dass der 1,74 Meter kleine Franzose nun zwei seiner drei Saisontreffer per Kopf erzielt hat, sorgte bei allen Leverkusener für tanzende Glückshormone.
Am Ende erlaubte es sich Coach Seoane, seine gelb-vorbelastete Doppelsechs mit Demirbay und Robert Andrich gegen Charles Aranguiz und Exequiel Palacios auszutauschen (70.). So wurde die Schlussphase mit Tomás zweitem Streich zum 3:2 (88.) wilder als nötig. Der zwölfte Saisonsieg geriet aber nicht mehr in Gefahr. Spätestens als Wirtz Goalgetter Schick den 19. Treffer im 19. Spiel aufgelegt hatte, weil er „wollte, dass Patrik auch mal wieder ein Tor schießt“ übernahm Oxytocin als Wohlfühlhormon die Szenerie bei der Bayer-Werkself.