Die Kölner Oberbürgermeisterin reagiert mit „Befremden“ auf die umstrittene Choreographie der FC-Ultras beim Derby gegen Fortuna Düsseldorf. Auch von anderen Stellen gibt es deutliche Kritik.
Messer-Choreographie beim DerbyReker übt scharfe Kritik am Verhalten des 1. FC Köln
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Geschmacklose Choreographie auf der Südtribüne: Glücksgöttin Fortuna wird ein Messer an den Hals gehalten.
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Die Messer-Choreographie von Ultras des 1. FC Köln beim Derby am Sonntag gegen Fortuna Düsseldorf (1:1) sorgt weiter für Empörung – sogar in der Stadtspitze. „Die Oberbürgermeisterin und die Stadt Köln haben das Banner-Motiv und die Äußerungen der Geschäftsführung des 1. FC Köln mit gewissem Befremden zur Kenntnis genommen. Wer ein solches Motiv billigt, zeigt seine Ignoranz gegenüber unserer aktuellen gesellschaftlichen Situation. Wir erleben derzeit eine ganze Reihe an Angriffen, auch von Messerattacken, und viele Menschen in unserem Land haben Angst. Da wäre es angebracht und notwendig, solche Motive zu unterbinden und nicht auch noch zu fördern“, übte Stadtsprecher Alexander Vogel auf Anfrage der Rundschau deutliche Kritik. Oberbürgermeisterin Henriette Reker war im Jahr 2015 selbst Opfer einer lebensgefährlichen Messerattacke geworden.
Zum Einlauf der beiden Mannschaften hatten die FC-Ultras auf der Südtribüne ein riesiges Plakat entrollt, auf dem zu sehen war, wie Glücksgöttin Fortuna ein Messer an den Hals gehalten wird. Der FC hatte die Choreographie nach internen Diskussionen letztlich genehmigt – offenbar unter der Bedingung, dass es im Gegenzug rund um das von 1000 Polizisten beschütze Risikospiel friedlich bleibt. Es sei dann auch „fast gar nichts“ passiert, mit diesen Worten rückte Geschäftsführer Christian Keller den Sicherheitsaspekt an vorderste Stelle. Gleichzeitig machte Keller mit seiner Aussage aber eine Abhängigkeit des FC von seiner aktiven Fanszene deutlich.
So ein Banner hätte niemals erlaubt werden dürfen. Es ist für mich eine Aufforderung zu einer Straftat.
Keller, der beim 1. FC Köln neben dem Sport auch für die Abteilung „Fußball und Fankultur“ zuständig ist, sagte weiter: „Wenn sich die Rivalität bestenfalls nur auf dem Platz abspielen soll, muss man vielleicht an einer anderen Ecke ein Zugeständnis machen. Unabhängig davon, ob es einem gefällt oder nicht. Man kann sicherlich trefflich über das Motiv der Choreo streiten. Für mich ist das einfach die Rivalität zwischen zwei Fanszenen, die in dieser Kultur so normal ist. Ob sie dem Otto Normalverbraucher gefällt, ist etwas anderes.“ Keller hatte in dem Messer-Motiv „nichts Diskriminierendes und auch keinen Aufruf zur Gewalt“ gesehen. „Wir konnten mit dem Motiv leben, schön haben wir es nicht gefunden.“ Der Vorstand des FC wollte sich am Montag nicht äußern.
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Kritik gibt es dagegen vom Fußball-Verband Mittelrhein. „So ein Banner hätte niemals erlaubt werden dürfen. Es ist für mich eine Aufforderung zu einer Straftat“, betont der Vorsitzende des Kreissportgerichtes, Gerd Bigge, gegenüber der Rundschau. Dass dies von den Verantwortlichen des FC erlaubt worden sei, stelle ein schlechtes Signal für die Verfasser dar: „Es ermutigt für weitere Maßnahmen.“ Das Plakat sei „unterste Schublade“. Außerdem schade es dem Ansehen des FC in der Öffentlichkeit. Dr. Daniel Kötz, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, hält das Plakat dagegen nicht für justiziabel: „Der mögliche Gewaltaufruf zum Nachteil von Fans von Fortuna Düsseldorf ist so überzeichnet durch das Künstlerische der Darstellung, dass man nicht von einer Volksverhetzung sprechen kann. Ich halte den Anfangsverdacht einer Straftat daher für nicht gegeben.“ Dieser Ansicht ist auch die Kölner Polizei: „Gemäß einer Bewertung durch die Staatsanwaltschaft ist diese Darstellung strafrechtlich nicht relevant. Infolgedessen wurde auch von Amts wegen kein Ermittlungsverfahren eingeleitet“, sagte ein Behördensprecher. Der Kriminalpolizei würden bislang keine Strafanzeigen bezüglich der auf der Südtribüne dargestellten Choreo vorliegen.
Es ist für mich unerträglich, dass so etwas vom Vorstand durchgewunken wurde.
Volker Lange, ehemaliger Einsatzleiter der Kölner Polizei bei Spielen des FC, ist dennoch entsetzt über das Plakat: „Es ist für mich unerträglich, dass so etwas vom Vorstand durchgewunken wurde.“ Im Vorfeld des Derbys werde vom Verein in Fanbriefen inständig darauf hingewiesen, dass sich beide Fanlager respektvoll verhalten sollen, „und dann wird so eine Messer-Choreographie erlaubt“. Dies sei auch angesichts der immer wieder vorkommenden Messerangriffen und Debatten um weitere Messerverbotszone nicht zu verstehen. Der Vorfall vom Sonntag reiht sich ein in eine Reihe von massiven Vorfällen im Rhein-Energie-Stadion. Erst beim Pokalspiel im November 2024 gegen Hertha BSC war es auf der Südtribüne zum massenhaften Abbrennen von Pyrotechnik gekommen. Dem FC droht eine Rekordstrafe im mittleren sechsstelligen Bereich. Nun könnte neuerliches Ungemach hinzukommen. „Der DFB-Kontrollausschuss hat Kenntnis von dem Vorfall und prüft diesen momentan“, teilte der DFB der Rundschau mit.
Beim Spiel gegen Union Berlin im Mai 2024 hatten Fans ein Schmähplakat gegen Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Zaun der Südtribüne aufgehängt. Reker erstattete Anzeige bei der Polizei wegen sexueller Beleidigung. FC-Geschäftsführer Christian Keller hatte nach dem Vorfall sein Bedauern geäußert und mitgeteilt, grundsätzlich habe „jede Form von Diskriminierung nichts beim 1. FC Köln verloren“. Der Verein äußerte sich nicht zu der Frage, wie das Plakat ungeprüft in das Stadion kommen konnte. Nach dem Eklat um das damalige Schmähplakat sind vier Beschuldigte ermittelt worden. Dies teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Rundschau mit. Die Beschuldigten sollen das Plakat im Stadion hochgehalten haben. Es gehe um den Straftatbestand der Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede. Die Ermittlungen gegen die vier Beschuldigten dauerten noch an, teilte die Kölner Staatsanwaltschaft am Montag gegenüber dieser Zeitung mit. „Derzeit wird den Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht gewährt, verbunden mit der Gelegenheit, Stellungnahmen abzugeben“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer weiter. (mit tca)