Der FC kämpft ab Dienstag vor dem Internationalen Sportgerichtshof um die Aufhebung seiner Transfersperre. Wir klären vorab alle wichtigen Fragen.
Kölner SchicksaltageWas man vor dem CAS-Showdown zum 1. FC Köln jetzt wissen muss
Nach dem Fehlstart in die Fußball-Bundesliga droht dem 1. FC Köln eine noch größere Krise. Am Dienstag und Mittwoch kämpfen die Geißböcke vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gegen die Transfersperre, die sich der Club im Streit mit dem slowenischen Erstligisten Olimpija Ljubljana um die Verpflichtung von Sturm-Talent Jaka Cuber Potocnik (18) eingehandelt hat. Die Rundschau beantwortet die wichtigsten Fragen zum Showdown im schweizerischen Lausanne.
Wie sieht der Zeitplan der Verhandlung aus?
Der Auftakt des sogenannten „Hearing“ erfolgt am Dienstag um 9 Uhr mit der Anhörung von Verantwortlichen und Zeugen von Olimpija Ljubljana. Am Nachmittag sind der 1. FC Köln und sein U19-Torjäger Jaka Cuber Potocnik an der Reihe. Weiter geht es am Mittwoch ab 9.20 Uhr mit der Anhörung des Weltverbandes Fifa. Beide Verhandlungstage finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der FC hat mit Hinweis auf das „laufende Verfahren“ angekündigt, auch danach keine Stellung beziehen zu wollen.
Worauf baut der 1. FC Köln vor dem CAS?
Zu den wichtigsten Zeugen des FC gehören Milan Mandaric (85) und Mladen Rudonja (52). Die ehemalige Führungsriege von Olimpija Ljubljana soll jene Versprechungen – wie etwa die regelmäßige Teilnahme am Training der Profis – bezeugen, mit deren angeblicher Nichteinhaltung die Seite von Jaka Cuber Potocnik die am 30. Januar 2022 erfolgte einseitige Kündigung des Vertrages begründet. Mandaric und Rudonja liegen im Clinch mit der aus München stammenden neuen Clubspitze um Präsident Adam Delius, Vizepräsident Dr. Christian Dollinger und Geschäftsführer Igor Barisic, die Olimpija im Herbst 2021 übernahm. Zudem will der FC mit einem nach slowenischem und schweizerischem Arbeitsrecht angefertigten Gutachten die Wirksamkeit von Potocniks Kündigung belegen.
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Wer ist der Kronzeuge von Olimpija Ljubljana?
Die Hoffnungen der Gegenseite ruhen vor allem auf Andy Bara (40). Der auf dem Balken bestens vernetzte kroatische Spielervermittler übermittelte im Dezember 2021 ein „Interessenbekundungsschreiben“ von Dinamo Zagreb für Jaka Cuber Potocnik in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro, aus dem Ljubljana nun seine finanzielle Forderung an den FC ableitet. 69.972,60 Euro Ausbildungsentschädigung sollen nach Vorstellung des slowenischen Double-Siegers noch oben drauf kommen. Von besonderem Interesse für Olimpija ist zudem die Rolle des damaligen Kölner Nachwuchschefs Matthias Heidrich (heute Erzgebirge Aue), der als Zeuge gehört wird.
Was könnte für den FC von Vorteil sein?
Der Weltverband sprach Ljubljana nur 51.750 Euro zu – und damit nicht mal ansatzweise den erhofften Millionen-Betrag. Daraus lässt sich ableiten, dass die Fifa das vermeintliche Interesse aus Zagreb als kaum belastbar einstuft. Ein fragwürdiges Bild gab Andy Bara zudem erst kürzlich beim Wechselwirbel um FC-Profi Dejan Ljubicic ab, als er das Interesse des VfL Wolfsburg vorbei an Ljubicics Berater Dirk Hebel platzierte.
Was könnte zu einem Problem des FC werden?
Der zeitliche Abstand zwischen Potocniks Kündigung am 30. Januar 2022 in Ljubljana und der Unterschrift nur einen Tag später in Köln ist sehr klein. Womöglich zu klein, um die strenge Regel 17.4 des Fifa-Transfer-Reglements doch noch zu umschiffen. Darin heißt es: „Ein Verein, der einen Berufsspieler, der seinen Vertrag ohne triftigen Grund aufgelöst hat, unter Vertrag nimmt, macht sich der Anstiftung zum Vertragsbruch schuldig, es sei denn, er kann den Gegenbeweis antreten.“ Ebenjene Umkehr der Beweislast konnte der FC laut Fifa nicht erbringen. Daraufhin sprach der Weltverband Ende März die für diesen Fall vorgeschriebene Strafe aus: Eine Registrierungssperre über zwei Transferperioden, die den FC bis zur vorläufigen Aussetzung durch den CAS Ende Mai auf dem Transfermarkt handlungsunfähig machte. Die Folge war ein erheblicher Nachteil bei der Kaderplanung, von dem alle männlichen FC-Teams ab der Altersklasse U16 betroffen waren. Bestätigt der CAS das Urteil der Fifa, könnten die Kölner sich erst im Winter 2024 wieder personell verstärken – ein existenzbedrohendes Szenario.
Tritt Potocnik persönlich vor dem CAS auf?
Jaka Cuber Potocnik wird vor dem Internationalen Sportgerichtshof von seinen in Slowenien lebenden Eltern vertreten. Potocniks Mutter war es auch, die den Vertrag ihres damals 16-jährigen Sohnes bei Olimpija Ljubljana einseitig kündigte. Ob dieser Schritt rechtswirksam erfolgte, ist die alles entscheidende Frage. Potocnik strebt derweil die Aufhebung seiner viermonatigen Spielsperre an.
Welchen sportlichen Wert hat Potocnik für den FC?
Nachwuchsexperten sehen in dem slowenischen Junioren-Nationalspieler das größte Kölner Sturm-Talent des vergangenen Jahrzehnts. „Er ist ein Spieler mit ausgeprägter Abschlussstärke. Wir sind total von ihm überzeugt“, sagt Stefan Ruthenbeck. Potocniks U19-Trainer sowie die Berater Goran Sukalo und Semin Alajbegovic gelten als große Stützen des 18-Jährigen im Umgang mit dem Transferstreit. Der im FC-Internat lebende Potocnik wird als sehr bescheidener junger Mann beschrieben, der aus einem bodenständigen Elternhaus stammt. Dass Potocnik trotz seines außergewöhnlichen Talents nicht schon längst bei den FC-Profis mittrainiert, dürfte auf taktische Gründe im Zuge des juristischen Verfahrens zurückzuführen sein. Aus sportlicher Sicht geht dadurch allerdings wertvolle Zeit verloren.
Welche Rolle spielt Alexander Wehrle?
Als der 1. FC Köln Jaka Cuber Potocnik am 31. Januar 2022 unter Vertrag nahm, war Alexander Wehrle noch als Geschäftsführer tätig. Es war die Phase der Übergabe an Philipp Türoff, der Anfang Januar 2022 die Arbeit am Geißbockheim aufgenommen hatte. Weil Sport-Geschäftsführer Christian Keller erst im April 2022 einstieg, machten Wehrle und Türoff mit ihren Unterschriften die Verpflichtung Potocniks perfekt. Dennoch spiele Wehrle bei der Verhandlung vor dem CAS „keine Rolle in der Angelegenheit“, teilte sein Arbeitgeber, der VfB Stuttgart, auf Anfrage mit. Was wohl auch damit zu tun hat, dass Wehrles Verhältnis zur neuen Kölner Geschäftsführung belastet ist.
Wann ist mit einem Urteil des CAS zu rechnen?
Bei Olimpija Ljubljana hält man ein Urteil noch in dieser Woche für möglich. Der 1. FC Köln geht wiederum davon aus, dass erst in mehreren Wochen Klarheit herrschen wird. Der Kölner Sportrechtler Karl Hamacher äußert sich dazu wie folgt: „Die zwei Verhandlungstage sprechen für mich eher dafür, dass das Gericht den Sachverhalt als nicht aufgeklärt ansieht und diesen daher intensiv – durch Zeugenbeweis – aufklären möchte. Das Ergebnis einer solchen Sachverhaltsaufklärung muss im Panel dann auch erst einmal bewertet werden, was in der Regel für eine längere Wartefrist spricht. Realistischer ist, dass der CAS innerhalb von vier Monaten entscheidet, nicht jedoch bereits nach wenigen Tagen.“