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Fall Potocnik beim 1. FC KölnSportrechtler: „Der CAS wird alles neu bewerten“

Lesezeit 4 Minuten
Jaka Cuber Potocnik

Um ihn geht es: Jaka Cuber Potocnik, Torjäger der U19 des 1. FC Köln. Der slowenische Junioren-Nationalspieler war im Januar 2022 ablösefrei von Olimpija Ljubljana nach Köln gewechselt.

Der Kölner Sportrechtler Karl Hamacher ordnet die Ausgangslage für die Anhörung im Transferstreit um FC-Talent Jaka Cuber Potocnik ein.

Am 19. und 20. September wird es ernst für den 1. FC Köln. Dann verhandelt der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne die mündliche Anhörung im Transferstreit zwischen Olimpija Ljubljana und dem Fußball-Bundesligisten um Sturm-Talent Jaka Cuber Potocnik. Im Gespräch mit Tobias Carspecken nimmt der Kölner Sportrechtler Karl Hamacher eine Einordnung vor.

Herr Hamacher, die Anhörung vor dem CAS findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Warum ist das so?

Nach Regel 57 des „Code of Sports-related Arbitration“ des CAS kann auf Antrag einer Partei, die eine natürliche Person ist – hier: Jaka Cuber Potocnik, nicht der 1. FC Köln –, eine öffentliche Verhandlung stattfinden, sofern keine gravierenden Gründe wie zum Beispiel die öffentliche Ordnung, die nationale Sicherheit, die Belange Minderjähriger oder der Schutz des Privatlebens dagegensprechen. Schiedsverfahren finden im Interesse der Parteien allerdings häufig und – gerade auch in vergleichbaren Sachen – gewollt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Welche Rolle spielt bei der Entscheidung, die Öffentlichkeit auszuschließen, das Alter des 18-jährigen Jaka Cuber Potocnik, der zum Zeitpunkt seines Wechsels zum 1. FC Köln erst 16 Jahre alt war?

Aus meiner Sicht zunächst keine, da Jaka Cuber Potocnik zum Zeitpunkt der Verhandlung volljährig ist. Der Ausnahmegrund „Belange Minderjähriger“ wäre in einem solchen Fall jedenfalls stark begründungsbedürftig.

Jedes Berufungsgericht nimmt Ausgangsentscheidungen und deren Argumentation zur Kenntnis. Der CAS entscheidet allerdings vollkommen unabhängig und ist in keiner Hinsicht an die Ausgangsentscheidung gebunden.
Karl Hamacher

Der 1. FC Köln könnte ein Gutachten nach slowenischem und schweizerischem Arbeitsrecht angefertigt haben lassen. Wofür könnte dies hilfreich sein?

Die Frage, welches Recht anwendbar ist, ist in Verfahren vor dem CAS häufig höchst kompliziert, da hier prozedurales CAS-Recht, Verbandsrecht, das nationale Recht des Staates, in dem der Sportverband (hier die Fifa, Schweiz) seinen Sitz hat (also Schweizer Recht), sowie nationales Recht am Sitz der Parteien miteinander kollidieren können. Die hier ganz wesentliche Frage, ob Jaka Cuber Potocnik seinen Arbeitsvertrag bei Olimpija Ljubljana damals wirksam gekündigt hat, ist losgelöst von alledem meines Erachtens eine Frage des slowenischen Rechts. Der 1. FC Köln hätte also aus meiner Sicht alles gut und richtig gemacht, wenn er den Sachverhalt insoweit in beiden Rechtsordnungen sachverständig hat prüfen lassen, um sich hier in jede Richtung abzusichern.

Hat das mit 3:0-Richterstimmen klar gegen den 1. FC Köln ausgefallene Urteil des Fifa-Fußball-Tribunals einen Einfluss auf die Ausgangslage vor dem CAS?

Jedes Berufungsgericht nimmt Ausgangsentscheidungen und deren Argumentation zur Kenntnis. Der CAS entscheidet allerdings vollkommen unabhängig und ist in keiner Hinsicht an die Ausgangsentscheidung gebunden. Er wird sämtliche Argumente neu bewerten und ihm stehen hierzu zusätzliche Mittel der Sachverhaltsaufklärung zur Verfügung. Wenn Sie so wollen, könnte man sagen: „Neues Spiel, neues Glück“.

Eine mündliche Verhandlung lässt eine Vielzahl ergänzender situativer Erläuterungen zu, sie beinhaltet insgesamt eine größere Fülle an Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung.
Karl Hamacher

Welchen Vorteil könnte der FC daraus ziehen, dass die Verhandlung vor dem CAS mündlich erfolgt, während die Fifa ein auf Schriftsätzen basierendes Urteil gefällt hat?

Eine mündliche Verhandlung lässt eine Vielzahl ergänzender situativer Erläuterungen zu, sie beinhaltet insgesamt eine größere Fülle an Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung. Insbesondere ermöglicht eine mündliche Verhandlung eine Beweisführung durch Zeugen. Schließlich können dort auch Missverständnisse ausgeräumt werden, die in rein schriftlichen Verfahren häufig gar nicht als solche wahrgenommen werden.

Der 1. FC Köln und Olimpija Ljubljana sollen sich nach wie vor nicht angenähert haben. Was sagt das über die Taktik beider Clubs aus?

Das ist schwer zu sagen. Falls die Parteien im Hintergrund sprechen, würde es mich zunächst allerdings auch wundern, wenn dazu etwas an die Öffentlichkeit gerät. Das wäre sicherlich nicht hilfreich. Falls es aber so ist, könnte es sein, dass die Parteien zunächst die vorläufige Einschätzung des Gerichts – sollte das Gericht diese kundgeben – hören wollen. Auch im Anschluss daran wären solche Verhandlungen nicht ausgeschlossen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass ein Vergleich von allen Parteien kategorisch abgelehnt wird.

Es wird eines der schwierigsten Auswärtsspiele in dieser Saison.
Karl Hamacher

Wie schätzen Sie die Chancen des 1. FC Köln ein, dass der CAS das Urteil der Fifa einkassiert und damit die Transfersperre aufhebt?

Es wird eines der schwierigsten Auswärtsspiele in dieser Saison, bei dem ein Sieg, aber auch eine Niederlage möglich ist.

Hätte der 1. FC Köln eine Möglichkeit, auch gegen das Urteil des CAS vorzugehen?

Entscheidungen des CAS unterliegen Schweizer Recht und können in Ausnahmefällen vor dem Schweizer Bundesgericht angefochten und von diesem auch aufgehoben werden. Dazu müssen allerdings qualifizierte Beschwerdegründe vorliegen und nachgewiesen werden, wie beispielsweise grobe Verfahrensfehler.