Fußball-Bundesligist 1. FC Köln spielt am Samstag beim VfL Wolfsburg. Trainer Timo Schultz bleibt trotz Platz 17 optimistisch.
Kritik am 1. FC KölnTrainer Schultz kontert Ehemalige und Experten
Wenn die Fußballexperten und Altinternationalen dieser Nation zur großen Analyse ausholen, haben sie meist leichtes Spiel. Der Vorteil der Herren Hamann, Matthäus, Effenberg oder wie sie alle heißen: Sie können Vorgänge beurteilen, die in der Vergangenheit liegen. Timo Schultz und seine 17 Trainerkollegen in der Bundesliga haben es da deutlich schwerer. „Ich bin dafür da, vorher Entscheidungen zu treffen und nicht danach alles zu bewerten, was schiefgelaufen ist“, erklärte der Chefcoach des 1. FC Köln mit Blick auf mögliche Fehler und leitete aus dieser Aussage seine Berufswahl ab: „Dann wäre ich in die Pathologie gegangen und nicht Fußballtrainer geworden.“
Schultz sieht es nüchtern und kann deshalb auch gut mit dem Druck umgehen, den die Medien mithilfe ihrer Experten und Ex-Trainer im Umfeld eines Clubs produzieren, wenn es nicht läuft. Und es steht außer Frage, dass es beim FC nicht gut läuft. Das aktuelle Ranking weist die Geißböcke vor der Partie des 19. Spieltags am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim VfL Wolfsburg als 17. mit elf Punkten und ebenso wenigen erzielten Toren als möglichen Absteiger aus. In dieser Woche hatten sich deshalb unter anderem auch ehemalige Kölner wie Christoph Daum, Lukas Podolski, Pierre Littbarski und Horst Heldt damit beschäftigt, ihrem Ex-Club für diese Saison ein schlechtes Zeugnis auszustellen.
Wenn sich der aktuelle Kölner Trainer überhaupt mit diesen Nebengeräuschen auseinandersetzt, geht es für ihn darum, die Aussagen von außen gut zu filtern: „Wir kennen unsere Themen, haben die Situation angenommen und arbeiten daran“, führte Schultz mit freundlichem Lächeln aus.
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Sein Fokus liegt auf der täglichen Arbeit am Geißbockheim, bei der sich weiter alles darum dreht, mehr Torgefahr zu entwickeln, die individuellen Fehler abzustellen, sich mental zu stabilisieren und für den Abstiegskampf aufzustellen. Schultz, der den Fußballtrainer an sich als „größten Mentalcoach“ bezeichnet, besitzt reichlich Ansätze für die Arbeit mit den Köpfen seiner Spieler.
Der Kopf wird zu wenig trainiert
„Es geht immer darum, Leistung zu optimieren. Als Mentaltrainer also darum, den Spielern ihre Stärken und ihre Entwicklungsfelder zu zeigen, damit sie in Stresssituationen möglichst stabil bleiben. Die Spieler müssen verstehen, dass diese Arbeit eine große Hilfe sein kann. Unabhängig davon, ob sie sich in positiven oder negativen Phasen befinden. Der Kopf wird im Fußball zu wenig trainiert“, meint der 46-Jährige. Eines der Probleme der psychologischen Arbeit sei, dass sie oft erst dann intensiv betrieben wird, wenn die Schwierigkeiten schon in vollem Gange sind.
Wie beim FC und deshalb stellte Schultz am Donnerstag den Bezug zur Praxis her: „Über allem muss stehen, das 0:0 zu halten. Das müssen wir noch mehr in die Köpfe der Spieler bekommen. Wenn das gelingt, fällt es uns in der Offensive dann vielleicht auch mal leichter.“ Individuelle Fehler gehören zum Fußball wie zum Leben, denkt Schultz: „Der entscheidende Punkt ist, dass dann jemand anderes da ist, der ihn ausbügelt. Das steht und fällt mit der Kompaktheit und damit, dass die Spieler mit dem Kopf in jeder Phase des Spiels bereit sind, schnell hinter den Ball zu kommen. Wir sind da auf einem guten Weg, wollen aber noch die letzten Prozentpunkte herauskitzeln“, sieht er beim Grundprinzip Bereitschaft Verbesserungspotenzial.
Pawlak beschwört Eichhörnchen-Mentalität
Am Ende geht es um Erfolgserlebnisse. „Die fangen im Kleinen an, über einen gewonnenen Zweikampf, eine Ecke, ein Tor, bis hin zu einem Punkt und einem Sieg“, beschrieb André Pawlak beim FC-Podcast von Radion Köln den Weg. Der langjährige Co-Trainer und frühere U21-Cheftrainer ist seit 2017 am Geißbockheim und kennt den Abstiegskampf aus der Regionalliga und aus der Bundesliga zur Genüge. „Mit der U21 sah es damals im Winter noch schlechter aus als jetzt bei den Profis. Dann muss man mal einen Punkt hier und einen Punkt da holen und dann wird es mal ein glücklicher 1:0-Sieg“, beschwört er die Eichhörnchen-Mentalität.
Mit Blick auf Wolfsburg sollten sich die Geißböcke demnach erst einmal an die positiven Aspekte aus dem Dortmund-Spiel halten und nicht an das mit 0:4 deftig ausgefallene Resultat: „Ich finde es extrem positiv, dass wir 13 Eckbälle hatten. Dortmund hatte nur vier, macht daraus aber ein Tor“, nannte Timo Schultz ein Beispiel, das Wohl und Wehe seines Teams ganz gut zusammenfasst.
Diehl ist nah dran an der Startelf
Ein Beispiel, an dem er auch erklären wollte, dass es bei Standards und Flanken in den gegnerischen Strafraum nicht so sehr auf die Größe eines Spielers ankommt. „Die Ecke von Dortmund vor dem 0:1 war auch flach gespielt. . Es geht um Freilaufverhalten, darum, in welche Zone der Ball gespielt wird und mit welchem Timing ich die Zone attackiere. Das sind die Themen und nicht wie groß oder klein ein Spieler ist.“
Es ist also gut möglich, dass der 1,78 Meter große Jan Thielmann auch in Wolfsburg die Speerspitze des Kölner Angriffs bildet. „Sehr nah“ dran an der Startelf sei auch die 19-jährige Sturmhoffnung des FC, Justin Diehl. Aber nicht drin, wie der FC-Trainer mit einem leichten Fragezeichen in der Stimme betonte. Wahrscheinlich haben die Herren Podolski, Daum und Heldt auch dazu eine Meinung. Ob Schultz seine Energie darauf verwenden würde, sie sich anzuhören, ist allerdings ziemlich fraglich.