Als die Mannschaften den Rasen betreten, brennt der Süden des Stadions rot und weiß, wenig später qualmt das Stadion wie der Schlot eines Kraftwerks.
Pokal-Achtelfinale1. FC Köln erwartet nach Pyro-Show saftige Strafe vom DFB
Als Kölns Sportdirektor Christian Keller am Mittwochabend seinen Sitzplatz auf der Westtribüne einnahm, waberten noch immer dichte Rauchschwaden durch das Rheinenergie-Stadion. Achtelfinale im DFB-Vereinspokal, Heimspiel im ausverkauften Stadion, Flutlicht-Spektakel und Live-Übertragung beim Bezahlsender Sky und im ZDF - die Ultras des 1. FC Köln hatten auf der Südtribüne zum Einmarsch der Mannschaften eine vorgezogene Silvestershow in rot und weiß veranstaltet. Wirklich überrascht über diese Showeinlage war Kölns Sportdirektor Christian Keller nicht. „Es war erwartbar, dass es bei einem Pokalspiel, das für uns sportlich, wirtschaftlich und atmosphärisch eine gewisse Bedeutsamkeit hat, nicht ohne Pyro-Fackeln geht“, sagte Keller nach dem Schlusspfiff. Wie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) reagieren wird, ahnt Keller auch: „Günstig wird's nicht.“
Weil das Abbrennen von Feuerwerk und Pyrotechnik in Stadien verboten ist, führen die Fans des FC etwa 20 Minuten vor dem Anpfiff ein Versteckspiel auf der Südtribüne auf. Eine riesige Blockfahne wird aufgespannt, dahinter vollzieht sich die Vorbereitung einer Choreografie, die nicht beim Verein angemeldet wurde, weil sie nie genehmigt worden wäre. Als die Mannschaften den Rasen betreten, brennt der Süden rot und weiß, wenig später qualmt das Stadion wie der Schlot eines Kraftwerks. Es gab Zeiten, da wurden derartige Szenen durch Pfiffe aus den eigenen Reihen quittiert, doch in Müngersdorf bleibt es in diesem Moment ruhig. „Die öffentliche Epörung hat nachgelassen. Für die Ultras ist der Einsatz von Pyrotechnik unverhandelbar, einen Kompromiss kann es nicht geben“, sagt Thomas Reinscheid, Chef des Portals „effzeh.com“.
1. FC Köln versendet eine offizielle Äußerung seines Sportdirektors
Nicht nur im Advent brennt es lichterloh in deutschen Fußballstadien. Laut des aktuellen Berichts der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei sind die Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Pyrotechnik im Vergleich zum Vor-Corona-Zeitraum um das zehnfache angestiegen. Im Oktober schlug Bremens Innensenator beim Sportgipfel der Bundesländer mit DFB und Deutscher Fußball-Liga (DFL) Punktabzüge bei Pyrovergehen als Reaktion auf die Entwicklungen in den Stadien vor. Am Donnerstagabend versendet der 1. FC Köln eine offizielle Äußerung seines Sportdirektors: „Auch mit der aktiven Fanszene sitzen wir regelmäßig zusammen, um klare Grenzen für den Einsatz von Pyrotechnik zu definieren. Diese Grenzen wurden am Mittwochabend überschritten“, wird Christian Keller zitiert. Allein im Jahr 2021 musste der FC für die Vergehen seiner Fans Verbandsstrafen von insgesamt rund 600.000 Euro zahlen.
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Weil sich die Frage stellt, wie kistenweise Feuerwerkskörper an den Einsagngskontrollen vorbei ins Stadion gelangen können, betont Keller ebenfalls, der FC befinde sich in einem „konstruktiven Austausch mit den Kölner Sportstätten, der Polizei, der Feuerwehr und dem Wachdienst“, um die Sicherheit der Fans im Stadion gewährleisten zu können. Prinzipiell lassen sich die Ultras ungerne vorschreiben, wie die Unterstützung ihrer Mannschaft auszusehen hat. Und sie wehren sich gegen die zunehmende Kommerzialisierung des Fußballbetriebs. Als die DFL voriges Jahr mit Investoren verhandelte, hagelten in den Stadien Tennisbälle auf die Spielfelder und sorgten für Unterbrechungen. Ein Zeichen des Protests.
Per Ausnahmeregelung dürfen Fans in Norwegens Erstligastadien seit dieser Saison Pyrotechnik zünden. Ein Einzelfall. „In Deutschland sehe ich die politischen Rahmenbedingungen für eine teilweise Legalisierung von Pyrotechnik derzeit nicht gegeben“, sagt der Berlinder Fanforscher und Buchautor Jonas Gabler im Gespräch mit der Rundschau. Eine Annäherung hält er nicht für ausgeschlossen. „Prinzipiell könnte bei der Sanktionierung differenziert werden zwischen der Art der eingesetzten Pyrotechnik. Hiermit ließe sich meiner Ansicht nach ein Anreiz setzen, der die Fankultur berücksichtigt„, sagt er. Es könnte also unterschieden werden zwischen Raketen, die ziellos durchs Stadion fliegen und Bengalos, die sicher in der Hand gehalten werden.
Durchschnittlich drei Millionen Menschen haben das Pokalspiel aus Köln am Mittwochabend im ZDF verfolgt, minutenlang sorgte der Rauch im Stadion für ein äußerst milchiges Bild. Für das Erreichen des Viertelfinals darf sich der 1. FC Köln über 1,7 Millionen Euro freuen - abzüglich der zu erwartenden Strafe, die der DFB aussprechen dürfte. Denn die Sicherheitsbeauftragten des Verbands zählen noch immer mit großer Akribie jeden gezündeten Bengalo und jede Rakete, weil dies für die Höhe der Strafzahlung entscheidend ist. „Der Reiz am Verbotenen spielt ebenso eine Rolle wie eine optische Aufwertung der Unterstützung der eigenen Mannschaft“, erklärt Thomas Reinscheid die Entschlossenheit der Ultras.