Der 1. FC Köln steht als letzter Fußball-Zweitligist und erstmals nach 15 Jahren wieder im Viertelfinale des DFB-Pokals.
Pokalsieg des 1. FC KölnEin Moment, der zusammenschweißt
Gerhard Struber war seine Erkältung nicht anzumerken, die es ihm am Tag danach unmöglich machte, das Training zu leiten. Der Coach des 1. FC Köln ließ sich nach dem nervenaufreibenden 2:1-Sieg nach Verlängerung im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Hertha BSC Berlin lieber von seiner gelösten Stimmung treiben. Ein Zustand, der sein Talent als Entertainer und Wortakrobat zum Vorschein brachte und neben der Freude über den ersten Viertelfinaleinzug seit 2010 für hohen Unterhaltungswert sorgte.
Struber verteilte zunächst ein dickes Kompliment an seine Mannschaft, die gegen eine leidenschaftlich und mit einem überragenden Toni Leistner verteidigende Hertha „ein fettes Brett zu bohren“ hatte: „Ich schätze es sehr, wenn Sportler nicht aufgeben, dran- und draufbleiben und den Glauben entwickeln, es trotz allem noch regeln zu können. Es war ein verdienter Sieg gegen einen Gegner, der sich mit einem Leistner massiv dazwischen geschmissen hat.“ Wobei der FC-Coach „verdienter Sieg“ so betonte, dass die Zuhörer keine Zweifel mehr hegten, dass es auch verdient war.
Die Geißböcke fanden sich nach einer furiosen Anfangsphase und dem 0:1-Rückstand durch einen verwandelten Foulelfmeter von Ibrahim Maza (12.) nach 25 Minuten in Überzahl wieder. Evan Zeefuik hatte sich zu einem Kopfstoß gegen FC-Kapitän Timo Hübers hinreißen lassen und vom starken Schiedsrichter Tobias Reichel sofort die Rote Karte zu sehen bekommen.
Der FC tat sich aber mit einem Mann mehr schwerer als bei Gleichzahl. Nach dem 1:1 durch ein Eigentor von Florian Niederlechner (30.) wollte den Kölnern offensiv kaum etwas gelingen. „Es war ein Spiel, in dem wir ins Toreschießen kommen mussten und trotz der vergebenen Chancen nicht in Frustration verfallen sind“, lobte Struber.
Das Spiel lieferte dem Trainer am Ende das perfekte Beispiel für seine Analyse. Dejan Ljubicic hatte seiner insgesamt unglücklichen Leistung auf vier unterschiedlichen Positionen die Krone aufgesetzt, als er in der 100. Minute mit einer Slapstick-Einlage aus kürzester Entfernung das sichere 2:1 liegen ließ. Strubers Landsmann rutschte mit dem rechten Fuß auf dem Ball aus, anstatt ihn locker über die Linie zu schieben. „Unser Glaube hat sich darin gezeigt, dass derjenige zum Matchwinner wird, der kurz zuvor ein Thema hatte“, sagte der FC-Coach.
Als Ljubicic sich 20 Minuten später nach einem Foul des Berliners Gustav Christiansen an Florian Kainz den Ball schnappte, um den fälligen Strafstoß zu treten, stöhnte halb Müngersdorf auf. Ein Moment, der wie gemacht war, um Ljubicics Karriere eine tiefe Delle zu verpassen. Der 27-Jährige behielt aber die Nerven, verwandelte zum 2:1 und löste beim Kölner Anhang eine Welle der Begeisterung aus. „Dejo war als Schütze eingeteilt, weil wir Vertrauen in seine Qualitäten haben. Dass er die Verantwortung nicht weggeschoben hat, nachdem er den Ball vorher nicht über die Linie gebracht hat, zeigt, wie reif und wichtig er für uns und unsere Erfolge ist“, ehrte Gerhard Struber den Siegtorschützen.
Ljubicic war aber nicht der einzige FC-Profi, der ein Extralob des Trainers erhielt. Eric Martel, der nach der verletzungsbedingten Auswechslung von Julian Pauli (17.) wie beim 1:0 in Münster von der Sechs in die Dreierkette rückte und sich dort zum besten Kölner aufschwang, gehörte dazu: „Eric, der Furchtlose, ist überall dazwischen gegangen, hat seine Zweikämpfe dominant und klar geführt und auf hohem Niveau agiert. Er lebt der Mannschaft seine Gewinner-Mentalität vor.“
Neben Martel überzeugte einmal mehr auch Routinier Dominique Heintz, der Strubers Wortakrobatik befeuerte. „Heintzi ist ein Rotwein — der immer besser wird.“ Auch den früh ausgeschiedenen Pauli bezog der Österreicher süffisant mit ein. Der 19-Jährige hatte sich bei einem Kopfballduell mit Marton Dardai an der Stirn verletzt, dann den Berliner Elfmeter verursacht (11.), um schließlich benommen den Platz zu verlassen (17.). „Er hat im Testverfahren alle Fragen sauber lösen können und sich dann selber herausgenommen, weil er nicht mehr ganz der Julian war, den wir kennen“, formulierte Struber.
Am Ende stand der Erfolg der Mannschaft über allem und die Tatsache, dass etwas gelungen war, worauf die Fans 15 Jahre lang warten mussten. Wenn am 15. Dezember das Viertelfinale ausgelost wird, ist der FC neben sechs Bundesligisten und Drittligist Arminia Bielefeld noch als einzig verbliebener Zweitligist dabei. Zuletzt hatten die Kölner im Februar 2010 in Augsburg ein Pokal-Viertelfinale bestritten - und als Bundesligist nach drei Platzverweisen mit 0:2 beim Zweitligisten verloren.
„Emotional ist es eine große Erleichterung und Freude, dass uns miteinander so eine coole Nummer gelungen ist und wir etwas erreicht haben, was in Köln lange nicht geglückt ist.“ Für Gerhard Struber ein Moment der Glückseligkeit und einer, der zusammenschweißt: „Es braucht Erlebnisse wie diese oder auch mal eine Krise, um sich näher zukommen.“