- Der 1. FC Köln ist zurück in der Krise.
- Nach sieben sieglosen Geisterspielen in Folge erinnert der FC wieder an das Team, das Gisdol im November von Achim Beierlorzer übernommen hatte.
- Die gesamte Analyse von Martin Sauerborn.
Köln – Markus Gisdol hat sich als Trainer des 1. FC Köln bislang als besonnener, positiv denkender Fußballlehrer einen Namen gemacht. Und einen als Retter, denn die Geißböcke waren nach dem 0:2 am 14. Spieltag bei Union Berlin Tabellenletzter der Fußball-Bundesliga und erster Abstiegskandidat. Nach einem nicht für möglichen gehaltenen Höhenflug und dem Sprung ins gesicherte Mittelfeld sollte sich trotz der Corona-Delle im Rückspiel gegen Union der Kreis schließen und der Klassenerhalt eingetütet werden.
Nach dem erschreckend schwachen Auftritt bei der 1:2 (0:1)-Heimniederlage hat sich ein anderer Kreis geschlossen. Nach sieben sieglosen Geisterspielen in Folge erinnert der FC wieder an das Team, das Gisdol im November von Achim Beierlorzer übernommen hatte: Eine laufschwache, unmotivierte und strukturlos auftretende Mannschaft, die froh sein darf, dass sie 35 Punkte und damit den Klassenerhalt bei sieben Punkten Vorsprung und drei ausstehenden Partien so gut wie sicher hat.
Angefressener Gisdol
Schon nach dem Derby am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) bei Bayer 04 Leverkusen könnten die Kölner im Falle von Niederlagen der Konkurrenz aus Bremen (gegen Bayern) und Düsseldorf (in Leipzig) für ein weiteres Jahr erste Liga planen.
Gisdol interessierte das am Samstag wenig. Der 50-Jährige war nicht nur aufgrund der einfachen Standardgegentore durch Marvin Friedrich (39.) und Christian Gentner (67.) mächtig angefressen. Er teilte dies seiner träg auftretenden Mannschaft auch gleich nach Spielschluss mit: „ Ich hatte den Eindruck, dass wir für die Bedeutung des Spiels zu wenig investiert haben. Der Gegner hatte mehr Spannung, wollte es mehr und hat uns so den Zahn gezogen. Ich habe keine Lust die Saison austrudeln zu lassen. Das war zu wenig, das können wir besser“, hob der Trainer den Welpenschutz auf.
Fehlende Laufbereitschaft
Ihn dürfte es besonders gewurmt haben, dass seine Mannschaft mehr als neun Kilometer weniger lief als die „Eisernen“, die mit der Hypothek von acht sieglosen Spielen und akuter Abstiegsgefahr ins Rheinenergiestadion gekommen waren. Die fehlende Laufbereitschaft war schon unter Beierlorzer ein großes Thema, schien mit der Arbeit von Markus Gisdol aber der Vergangenheit anzugehören.
Nach der Corona-Pause hat sie sich wieder eingeschlichen. Neun Kilometer sind in der Bundesliga eine Welt und entsprechen etwa der Laufleistung eines Spielers. „Ich erwarte dass jeder einzelne mehr investiert. Ich sehe, wo die Meter fehlen. Überall machen wir einige Meter zu wenig. Ich lasse nicht zu, dass wir denken, die Saison ist vorbei. Wenn Pause ist, ist Pause. Jetzt aber noch nicht“, kritisierte Gisdol ungewohnt deutlich.
Wind hat sich gedreht
Der Wind hat sich gedreht und Gisdol wird im Verbund mit Horst Heldt alle Hebel in Bewegung setzen wollen, um nicht mit einer Erfolglos-Serie in den ohnehin schon schwierigen Sommer zu gehen. Womöglich muss der Trainer wie nach dem Hinspiel in Berlin und vor dem Derby gegen Leverkusen die Dinge auf den Kopf stellen – taktisch und personell. Vor allem Jonas Hector und Mark Uth suchen vergeblich ihren positiven Einfluss auf das FC-Spiel: „Wir haben im Moment Probleme, uns Torchancen herauszuspielen. Was vor der Corona-Unterbrechung geklappt hat, funktioniert momentan nicht.
Wir müssen uns nochmal strecken, wir sind noch nicht durch“, forderte Uth. Gegen den Mitaufsteiger wirkte der 29-jährige Leihspieler zeitweise wie ein Fremdkörper und konnte wenig Werbung für eine Verpflichtung im Sommer betreiben.
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Innenverteidiger Rafael Czichos fand noch deutlichere Worte: „Man hatte das ganze Spiel über nicht das Gefühl, dass wir frisch im Kopf sind. Egal, was es im Moment ist, aber es muss weg.“ Vor dem 2:0-Sensationscoup im Hinspiel gegen Bayer 04, als vorher nur über die Höhe der zu erwartenden Niederlage spekuliert wurde, hatte die sportliche Krise den FC fest im Griff. Fester als momentan, aber die aktuell Krise ist deutlich spürbar.
Nicht nur, weil dem FC die Unterstützung der Zuschauer wahrscheinlich mehr fehlt als anderen Bundesliga-Clubs. Sondern vor allem deshalb, weil die FC-Mannschaft aktuell ihre unter Markus Gisdol gefundene Identität leugnet.