Köln – Es brauchte am Sonntag kein weiteres Treffen, keine nächste intensive Besprechung. Das ebenso überraschende wie unglückliche 2:2 gegen Borussia Dortmund hatte der Clubführung des 1. FC Köln schon am Samstag alle relevante Antworten gegeben. Markus Gisdol bleibt vorerst Trainer des abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten.
Keine blutleere Mannschaft
Obwohl im Vorfeld der Partie gemutmaßt wurde, dass der 51-Jährige sogar einen Sieg gegen den Champions League-Viertelfinalisten brauchen würde, um im Amt zu bleiben, reichte dem Schwaben das Remis. Auch, weil BVB-Wunderstürmer Erling Haaland dem FC den Sieg erst in der 90. Minute mit seinem Tor zum 2:2 entriss und überhaupt nicht erkennbar war, dass die Mannschaft gegen ihren Trainer spielt. „Wir haben die Antwort auf dem Platz gegeben, da stand keine blutleere Mannschaft“, erklärte Innenverteidiger Rafael Czichos.
Kainz-Comeback mit Traumtor
60 Minuten-Comeback: Florian Kainz hat nach monatelanger Knieverletzung sein erstes Saisonspiel mit einem Tor gekrönt. Der Profi des 1. FC Köln erzielte beim 5:2 (1:2)-Heimsieg des U21-Teams in der Fußball-Regionalliga West gegen den FC Schalke 04 II per Traumtor das 3:2 (51.). Oliver Schmitt (27.) und Max Klump (47.) hatten zuvor zweimal für die Geißböcke ausgeglichen. Justin Petermann (62.) und Jae-Hwan Hwang (64.) legten nach. FC-Profi-Coach Markus Gisdol freute sich über das Comeback des Österreichers Kainz: „Das ist eine super Nachricht. Kainzi hatte zuvor 14 Tage mit unserer Mannschaft trainiert und das gut gemacht.“ Derweil hat der SC Fortuna Köln, seinen Negativlauf in der Regionalliga gestoppt. Nach fünf sieglosen Partien gewannen die Südstädter beim Bonner SC mit 2:1. Francis Ubabuike (26.) und Nico Ochojski (42.) markierten die 2:0-Pausenführung. Ex-Fortune Serhat Güler verkürzte (60.). (tca)
„Es ist immer eine zusätzliche Herausforderung für die Mannschaft sich bei solchen Nebengeräuschen auf das Wesentliche zu fokussieren“, erklärte Markus Gisdol die Gefühlswelt beim FC schon vor dem Spiel. Wie schon im Hinspiel (2:1) oder auf Schalke (2:1) und in Mönchengladbach (2:1) meisterten Team und Trainer die mit Hochdruck aufgepumpte Aufgabe. Erst mit Glück, weil der BVB nach dem ersten Haaland-Tor (3.) und einer vergeben Großchance von Thorgan Hazard (8.) drei Gänge zurückschaltete, dann mit einer beherzten Leistung mit und gegen den Ball.
FC leistet sich Fehlerkette
Am Ende mussten sich die Kölner trotz drei weiterer hochkarätiger Chancen für Haaland (30./80./84.) sogar ärgern nicht gewonnen zu haben. „Wenn man bis kurz vor Schluss 2:1 führt, muss man so ein Spiel unbedingt nach Hause bringen, gerade im Abstiegskampf“, schimpfte Marius Wolf. Die BVB-Leihgabe durfte nach seinen schweren Patzern beim 1:2 diesmal wieder offensiver ran und gab den Rechtsverteidiger-Posten an Kingsley Ehizibue ab. Doch die Treffer des überragenden Ondrej Duda (35./Handelfmeter) und von Ismail Jakobs (65.), reichten nicht, weil sich der FC von Noah Katterbach über Ellyes Skhiri und Torwart Timo Horn vor dem zweiten Haaland-Tor wieder die eine Fehlerkette leistete.
Kommentar
An dieser Stelle ließe sich trefflich über die Überlebenskünste von Markus Gisdol philosophieren. Die Gelassenheit, mit der der 51-Jährige mal wieder die öffentliche Hetzjagd auf seinen Posten als Trainer des 1. FC Köln ausgehalten und moderiert hat, ist jedenfalls nicht selbstverständlich und durchaus bewundernswert. Doch auch nach dem respektablen 2:2 gegen Borussia Dortmund geht es bei den Geißböcken nur in zweiter Linie um den Trainer.
Im Fokus steht vielmehr die Haltung der Verantwortlichen. Wenn sie wirklich von der Arbeit ihres Trainers überzeugt sind, dürfen Sportchef Horst Heldt und der Vorstand es nicht noch einmal zu einer Konstellation wie vor dem BVB-Spiel kommen lassen. Wenn nicht, dann hätten sie Gisdol trotz des Remis gegen den BVB oder schon nach dem 1:2 bei Union Berlin entlassen müssen. Eine Mannschaft kann nur bedingt den Druck aushalten, wenn sie immer wieder zeigen soll, ob sie zu ihrem Trainer steht.
Die FC-Führung hat – ohne es explizit zu kommunizieren – sich nun also dazu entschlossen, erst einmal mit Gisdol in die Länderspielpause und das Spiel in Wolfsburg zu gehen. Obwohl die Kölner durch den späten Ausgleich und die Siege der Konkurrenz auf Platz 16 zurückgefallen und die Aussichten auf den Klassenerhalt deutlich düsterer geworden sind. Es gibt triftige Gründe für diese Entscheidung, es hätte aber genauso viele für eine Trennung gegeben.Heldt & Co lassen sich in diesem diffusem Dilemma gefangen halten, obwohl sie Gisdol vor der Saison das Vertrauen ausgesprochen und dies mit einem Vertrag bis 2023 dokumentiert haben. Es ist an der Zeit, zu dieser Entscheidung zu stehen und weitere Endspiele zu vermeiden oder zu erkennen, dass sie nicht richtig war. Der Mannschaft muss jedenfalls diese Verantwortung abgenommen werden.
„Der Zeitpunkt des 2:2 macht uns schon traurig. Aber hätten wir vor dem Spiel gewusst, dass wir diese Performance abrufen, wäre das Okay für mich gewesen“, sagte Gisdol.Der Trainer hinterließ nach dem Spiel weder einen erleichterten noch einen übermäßig glücklichen Eindruck. Trotz des kaum für möglich gehaltenen Punktgewinns und obwohl er am Samstag noch nicht wissen konnte, dass der FC nach 26 Spieltagen durch die Siege von Mainz und Hertha BSC auf Relegationsplatz 16 zurückgefallen ist.
Das könnte Sie auch interessieren:
Eine Zwischenbilanz, die nach sechs sieglosen Partien und nur zwei Punkten nicht ganz überraschend kommt. „Ich habe keine Ahnung, ob das für mich ein Endspiel war. Die Leistung hat uns bestärkt auf unserem Weg. Wenn wir so stabil spielen, haben wir mehr Chancen in den nächsten Wochen die Punkte einzufahren.“
Was auch dringend nötig ist, wenn die Geißböcke ihr Ziel Klassenerhalt auch erreichen wollen. Schon das das nächste Heimspiel zu Hause gegen Mainz könnte eine Vorentscheidung bringen. Und das nächste Endspiel für Markus Gisdol sein. Ein Statement in Richtung Trainer gaben die FC-Verantwortlichen nach dem Spiel gegen Dortmund jedenfalls nicht ab. Sportchef Horst Heldt verzichtete auf die sonntags schon mal übliche Medienrunde am Geißbockheim und war auch telefonisch nicht zu erreichen. 14 Tage hat Gisdol Zeit, sein Team auf die nächste Herausforderung beim Tabellendritten Wolfsburg vorzubereiten. Immerhin mit der Hoffnung dabei wieder auf Sebastiaan Bornauw, Florian Kainz und Torjäger Sebastian Andersson zurückgreifen zu können.