Insolvente Vereine bringen den Spielplan der Regionalliga West durcheinander und sorgen auch für Einnahmenverluste beim SC Fortuna.
Chaos in der RegionalligaFortuna Kölns Präsident: „Die Liga wird nicht mehr ernst genommen“

Klubpräsident Hanns-Jörg Westendorf
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Es war ein kühnes Unterfangen, dem sich Liganeuling Türkspor Dortmund zu Saisonbeginn verschrieben hatte. Doch nach gut zwei Dritteln der Spielzeit bleibt von dem Projekt nichts als eine Lücke im Spielplan. Der Verein zog sich aus dem Spielbetrieb zurück, seine Partien sind annulliert, die Regionalliga West endet in dieser Saison Stand jetzt mit 32 statt der üblichen 34 Spieltage. Ein bedauerlicher Einzelfall? Keineswegs.
Westendorf mit scharfer Kritik
„Ich fand den Rückzug unmöglich“, urteilt Fortuna Köln-Präsident Hanns-Jörg Westendorf und übt Kritik: „Ich stelle mir die Frage, ob die Profis weiterbezahlt werden, denn ein Insolvenzverfahren hat Türkspor nicht eröffnet. Es gibt starke Wettbewerbsverzerrung. Derjenige, der Punkte abgegeben hat, profitiert davon, allen anderen schadet es. Die Konsequenzen für einen solchen Rückzug sollten viel höher sein.“
Auch der 1. FC Düren und der Traditionsverein KFC Uerdingen stehen am Abgrund. Beide meldeten Insolvenz an, beide kämpfen ums Überleben. Uerdingen droht ein Abzug von neun Punkten – es wäre die fünfte Insolvenz des Klubs in diesem Jahrtausend. Der 1. FC Düren und sein Vereinspräsident Wolfgang Spelthahn sind wiederum seit Jahresbeginn in eine Schleuseraffäre verstrickt.
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„Dort sind im Durchschnitt vielleicht 500 bis 600 Zuschauer, dennoch leisten sie sich aber eine Mannschaft, die genauso teuer ist wie unsere. Zudem kommt das Stadion mit der Holztribüne und dem schlechten Platz. Das kann eigentlich nicht funktionieren, aber die machen munter weiter“, übt Westendorf Kritik und erklärt: „Die Liga wird dann nicht mehr ernst genommen.“
Es gibt Vereine, die einfach so blauäugig in das Abenteuer Regionalliga reingehen. Wenn es dann nicht funktioniert, sind sie pleite
Im schlimmsten Fall könnte es noch chaotischer werden. Sollten auch Düren und Uerdingen den Spielbetrieb einstellen, bliebe von der Regionalliga West ein Rumpfspielplan übrig – es könnte bedeuten, dass es keinen sportlichen Absteiger gibt. „Für uns haben solche Rückzüge wirtschaftliche Auswirkungen. Uns fehlen die Einnahmen eines ganzen Spieltages. So kann das nicht weiterlaufen“, moniert Westendorf und kritisiert: „Es gibt Vereine, die einfach so blauäugig in das Abenteuer Regionalliga reingehen. Wenn es dann nicht funktioniert, sind sie pleite.“
Zu lasche Lizenzbedingungen?
Ein Blick in die Lizenzbedingungen zeigt, wo die Probleme beginnen. Während in der Bundesliga und Zweiten Liga längst Bonitätsprüfungen und Liquiditätsnachweise Standard sind, reichen in der Regionalliga West oft formale Kriterien. Vor der Saison müssen die Klubs lediglich eine Kaution von 35.000 Euro hinterlegen.
Damit bleibt die Liga anfällig für wirtschaftliche Harakiri-Manöver: Vereine wagen den Aufstieg, ohne über tragfähige und nachhaltige Strukturen zu verfügen. Auch Westendorf sieht dringenden Handlungsbedarf: „Die Voraussetzungen für die Lizenz-Erteilungen müssen deutlich verschärft werden. Man muss sich die Frage stellen, ob Vereine wie Türkspor überhaupt in dieser Liga mitspielen sollten. Es kann nicht sein, dass ein Verein durch NRW tingelt und sich immer ein neues Stadion sucht.“ Der 60-Jährige hat klare Ideen: „Die Hürde der Lizenz-Erteilung sollte verschiedene Faktoren berücksichtigen: Ein Stadion vor Ort und wirtschaftliche Stabilität, damit solche Vereine nicht in den Genuss kommen, in dieser Liga anzutreten.“
Es ist ein wiederkehrendes Muster: Der Regionalliga-Fußball zieht Vereine an, die sich mit ambitionierten Plänen übernehmen. Strukturell durchdachte Konzepte sind zwar vorhanden, doch wirtschaftliche Bruchlandungen geschehen ebenso. Eine vieldiskutierte Lösung ist das Entschlacken der Regionalliga, wie Westendorf sagt: „Es gibt keine Basis für 90 Regionalliga-Mannschaften, die unter sportlich interessanten Bedingungen spielen können. Aus den fünf Ligen sollten es maximal drei werden, um die Dichte und die wirtschaftliche Stärke zu verengen, damit solche Dinge nicht mehr passieren. Denn so kann es nicht weitergehen.“