Overath – Mehrere Mauern im Erdgeschoss sind komplett nach außen umgestürzt, Fenster liegen samt Rahmen wie herausgesprengt vor den Steintrümmern. Von einer Explosion, die ihr Haus habe wackeln lassen, sprechen Nachbarn der Gaststätte „Altes Zollhaus“. Um kurz vor drei Uhr in der Nacht zu Freitag wurden sie davon aus dem Schlaf gerissen. Dann habe das historische Gebäude nebenan lichterloh in Flammen gestanden. Einen lauten Knall haben auch noch Kilometer entfernt wohnende Menschen im Overather Sülztal gehört.
Das Feuerwehrgerätehaus der Löschgruppe Steinenbrück ist keine hundert Meter von dem historischen Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert entfernt. Zwei Minuten nach der Alarmierung der Feuerwehr um 2.57 Uhr sind die ersten Einsatzkräfte vor Ort – und lösen umgehend Alarm für alle Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr im Overather Stadtgebiet aus. Riesige Flammen schlagen aus dem Gebäude in den Himmel.
Blau-grün-gelbe Flammen
Mauerstücke liegen bis auf die Straße verteilt. Dort, wo einmal die Küche des Gasthauses war, sind nur noch Trümmer zu sehen, ein Giebel ist bereits eingestürzt. Und doch kann die Feuerwehr nicht einfach löschen.
„Die blau-grün-gelben Flammen da drüben zeigen, dass dort eine offene Gasleitung brennt“, erklärt Feuerwehrsprecher Marco Bücheler und deutet auf eine Ecke des Gebäudes. Diese Flamme darf in keinem Fall gelöscht werden oder anderweitig abreißen. Anderenfalls würde Gas unkontrolliert entweichen und könnte sich mit der Luft zu einem gefährlichen Explosionsgemisch für die gesamte Umgebung entwickeln.
Gas lässt sich nicht einfach abstellen
Während 65 Feuerwehrleute unter der Einsatzleitung von Overaths Feuerwehrchef Heiko Schmitt gegen die Flammen vorgehen, die mittlerweile bereits den gesamten Dachstuhl des Gebäudes erfasst haben, treffen neben Kreisbrandmeister Wolfgang Weiden auch Notdienst-Mitarbeiter des Energieversorgers ein. Allein: Einfach abstellen können sie das Gas nicht, wie sie den übrigen Einsatzkräften berichten. Der entsprechende Schieber sei von Trümmern verschüttet gewesen, so Polizeisprecher Richard Barz später. Die Experten vor Ort entscheiden schließlich, die zum Hausanschluss des Alten Zollhauses führende Gasleitung ausgraben zu lassen und zu kappen.
Kriminaldauerdienst vor Ort
Zur Brandursache könne die Polizei frühestens nächste Woche etwas sagen, so Polizeisprecher Richard Barz am Freitag auf Nachfrage. Zunächst müsse der Brandort begehbar sein. Die starke Zerstörung des Gebäudes sei eine weitere Herausforderung für die Brandermittler.
Der Kriminaldauerdienst der Kreispolizei war bereits in der Nacht vor Ort. Das sei üblich, insbesondere da nicht klar gewesen sei, ob gegebenenfalls noch ein Mensch in den Trümmern verschüttet seien. Glücklicherweise habe es darauf bislang keine Hinweise gegeben, so Barz. (wg)
Während der Energieversorger einen Minibagger ordert, der die Leitung auf der gegenüberliegende Straßenseite freilegt, fordert die Feuerwehr Verstärkung beim Technischen Hilfswerk (THW) in Bergisch Gladbach an. „Die haben einen 18-Tonnen-Bagger mit Sortiergreifer. Damit können wir die Trümmer dort vorne wegräumen, um ans Gebäude ranzukommen“, sagt Kreisbrandmeister Weiden, der sich eng mit der Einsatzleitung vor Ort abstimmt. Die Lage ist brenzlig, zumal als die Gasflamme plötzlich an eine andere Stelle der geborstenen Leitung „springt“.
Nicht ausreichend Wasser
Obendrein liefern die Hydranten in der Olper Straße nach den Worten des Feuerwehrsprechers nicht ausreichend Wasser für die Bekämpfung des großen Brandes. Kurzerhand wird ein zusätzliches Tanklöschfahrzeug von der Bergisch Gladbacher Feuerwehr angefordert und eine Saugleitung aufgebaut, mit der Wasser aus dem Holzbach gepumpt wird, um die Löschwasserversorgung aus den Hydranten zu ergänzen.
Der Feuerwehr gelingt es, ein Übergreifen des Feuers auf die in wenigen Metern Abstand stehenden übrigen Teile des historischen Alten Zollhauses zu verhindern. Mittlerweile ist es 4.20 Uhr und Kreisbrandmeister Weiden sorgt sich, weil es noch keinen Hinweis vom Pächter gibt, ob möglicherweise noch Menschen im Gebäude gewesen sein könnten. Die Nachbarn werden zwischenzeitlich im Feuerwehrgerätehaus mit warmen Getränken versorgt. Wegen der Rauchentwicklung und der noch nicht gebannten Explosionsgefahr dürfen sie zunächst nicht in die Nachbargebäude zurückkehren.
Olper Straße stundenlang gesperrt
Im einsetzenden Berufsverkehr sperrt die Polizei die Olper Straße weiträumig ab, bereits in Heiligenhaus ist ab dem Kreisverkehr kein Durchkommen mehr ins Sülztal. In Steinenbrück errichtet der Bauhof Baken quer über die Olper Straße. Feuerwehr und Polizei gehen davon aus, dass der Einsatz noch Stunden dauern wird. Immer wieder lodern Glutnester im Dach wieder auf.
Um kurz vor acht Uhr gelingt es dem Entstördienst der Aggerenergie, die zum Haus führende Gasleitung im Erdreich zu kappen. Die Nachbarn können in ihre Wohnungen zurückkehren. Einsatzkräfte des THW schaffen mit einem Bagger die Haustrümmer von der Straße, Statik-Experten vom Abstützteam des THW sichern die Brandruine. In dieser werden die Brandermittler der Polizei herausfinden müssen, wie das Feuer entstehen konnte. Der Pächter des Lokals steht am Morgen fassungslos vor den rauchenden Trümmern. Einziger Trost: Laut Polizei war auch seines Wissens niemand im Haus, als der verheerende Brand ausbrach.
Die Olper Straße wird gegen 11 Uhr wieder für den Verkehr freigegeben. Wegen der Arbeiten im Erdreich ist sie am Brandort selbst zunächst nur einspurig zu befahren, eine Baustellenampel regelt den Verkehr.