Pilot verrät„Wenn Fluggäste nach der Landung klatschen, bin ich peinlich berührt“
Köln – Pilot ist für viele immer noch ein Traumjob. Aber entspricht das überhaupt der Realität? Pilot Patrick Biedenkapp räumt im Interview mit Klischees über Piloten auf und verrät, was ihn an Passagieren nervt und ob er sich über Applaus nach der Landung überhaupt freut.
Der Wahlberliner hat nach dem Abitur die Flugschule besucht und flog sieben Jahre lang einen Business-Jet. Heute ist der 29-Jährige Pilot eines Airbus A300. Über sein Leben über den Wolken schreibt er auf seinem Blog „Pilot Patrick“, bei Instagram hat er mehr als 288.000 Follower.
Herr Biedenkapp, über welches Verhalten von Passagieren freuen Sie sich?
Patrick Biedenkapp: Ich freue mich sehr über pünktliches Erscheinen am Gate und zügiges Einsteigen. Aus mir unerklärlichen Gründen verlieren manche Passagiere nach dem Einsteigen ihre Manieren. Über ein einfaches „Bitte“, „Danke“, „Tschüss“ oder „Hallo“ freut sich auch die Crew.
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Freuen Sie sich eigentlich über Applaus nach der Landung?
Biedenkapp: Applaus bei der Landung sorgt eher dafür, dass ich peinlich berührt bin. Es ist mein Job, die Maschine sicher am Boden aufzusetzen. Bei Passagieren mit Flugangst kann ich es verstehen, dass sie applaudieren, um so ihre Erleichterung auszudrücken.
Welche Passagiere nerven besonders?
Biedenkapp: Es gibt keine Passagiere die nerven, sondern nur solche, die nicht wissen, wie man sich zu benehmen hat. Man sitzt nun einmal auf engem Raum für mehrere Stunden zusammen und deshalb sollten alle Respekt voreinander haben. Auf einem Flug nach New York als Passagier hat ein Gast neben mir eine Knoblauch-Salami ausgepackt und genüsslich verzehrt. Der ganze Flieger stank nach seiner Wurst.
Was sollte man als Passagier auf gar keinen Fall tun?
Biedenkapp: Zu spät am Gate erscheinen und zuvor Gepäck aufgegeben haben. Dies könnte den Flug verspäten, da das Gepäckstück aus Sicherheitsgründen zuerst ausgeladen werden muss, bevor man los fliegen darf.
Wann werfen Sie Passagiere aus dem Flieger und nehmen eine Zwischenlandung in Kauf?
Biedenkapp: Sobald die Sicherheit der Passagiere, des Flugzeuges oder der Besatzung gefährdet ist, muss eine Zwischenlandung in Betracht gezogen werden.
Was passiert, wenn man versucht, während des Flugs eine Tür zu öffnen?
Biedenkapp: Die Crew würde denjenigen daran hindern, die Kabinentür zu öffnen. Die Tür lässt sich im Reiseflug sowieso nicht öffnen, da der Druckunterschied dies unmöglich macht. Der höhere Kabinendruck drückt die Tür in die Versiegelung, auch dann, wenn diese nach außen öffnet. Selbst wenn sie sich öffnen ließe, würde der Luftstrom sie in der geschlossenen Position halten.
Worauf achten Sie als Passagier bei einem Flug? Bei welchen Anzeichen gehen Sie davon aus, dass etwas nicht stimmt?
Biedenkapp: Als Pilot geht man jeden Ablauf bis ins kleinste Detail durch. Sobald es zu Verzögerungen kommt, werde ich hellhörig. Den Anflug und die Landung nehme ich meist besonders unter die Lupe und schaue mir an, wie der Pilot das Flugzeug steuert und ob er Störklappen benutzt, um die Fluggeschwindigkeit zu verringern.
Stürzt man ab, wenn ein Triebwerk ausfällt?
Biedenkapp: Man stürzt nicht sofort ab, wenn ein Triebwerk ausfällt. Flugzeuge sind so konstruiert, dass sie auch mit einem Triebwerk weiter fliegen und eine sichere Landung garantieren können. Selbst im äußerst unwahrscheinlichen Fall, dass beide Triebwerke eines Flugzeuges ausfallen, könnte das Flugzeug noch etliche Meilen weiter fliegen – vorausgesetzt es befindet sich in einer entsprechenden Reisehöhe.
Immer wieder werden Fälle bekannt, bei denen Flugzeuge zu wenig Treibstoff getankt hatten. Wie viel Extra-Kerosin haben Flugzeuge an Bord?
Biedenkapp: Natürlich verbraucht jedes Kilo an Bord zusätzlich Treibstoff. Trotzdem geht die Sicherheit immer vor! Vom Gesetzgeber wird vorgeschrieben, dass man für zusätzliche dreißig Minuten Flugzeit Reserve-Treibstoff getankt haben muss, um etwa Warteschleifen fliegen zu können und um eine Ausweichlandung an einem anderen Flughafen machen zu können. Außerdem werden fünf Prozent Streckenreserve verlangt, um auf unvorhersehbare Ereignisse vorbereitet zu sein.
Was ist Ihre liebste Flugstrecke? Warum?
Biedenkapp: Meine Lieblings-Flugstrecke geht nach Nizza. Als Privat-Jet-Pilot bin ich den Flughafen in Südfrankreich fast wöchentlich angeflogen. Bei gutem Wetter hat man eine traumhafte Aussicht auf das Meer, die Berge und die Küste. Der Endanflug wird nach Sicht geflogen. Kurz vor der Landung muss eine neunzig-Grad-Kurve geflogen werden, um sich mit der Landebahn auszurichten. Nizza ist auch eine schöne Stadt mit einem tollen Flair. Gerade die Promenade eignet sich ideal zum Joggen und das Meer ist immer azurblau.
Welches Getränk bestellen Sie am liebsten im Flieger?
Biedenkapp: Ich trinke am liebsten Tomatensaft an Bord. Meist aber nur als Passagier. Im Cockpit trinke ich viel stilles Wasser und Tee. Zuckerhaltige Getränke sind für mich tabu.
Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass Kinder heutzutage noch mal ein Cockpit von innen sehen, zum Beispiel nach der Landung?
Biedenkapp: Die Sicherheitsvorgaben haben sich leider über die Jahre immer weiter verschärft. Zum Ärgernis der Passagiere und der Besatzung. Leider ist es aus Sicherheitsgründen überhaupt nicht mehr erlaubt, das Cockpit zu betreten. Dies gilt auch am Boden.
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Ist Pilot noch ein Traumberuf?
Biedenkapp: Für mich ist Pilot immer noch ein Traumberuf. Heutzutage kommt es aber sehr stark auf den Arbeitgeber an, bei dem man als Pilot tätig ist. Durch schlechte Arbeitsbedingungen, lange Arbeitszeiten, kürzere Auslandsaufenthalte und Dumping-Löhne hat der Beruf leider an Glanz und Glamour verloren. Wenn es jemandem nur um das Gefühl des Fliegens geht, dann ist er als Hobbypilot besser aufgehoben. (rer)