Im Gerichtsgebäude in Siegburg, das für die Cum Ex-Prozesse gebaut wurde, sind acht Menschen wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt.
Premiere in Cum Ex-GebäudeAngeklagte sollen Luxusautos an Dritte vermietet haben

Der Cum Ex-Neubau des Landgerichts Bonn in Siegburg. (Symbolbild)
Copyright: Cordula Orphal
In dieser Woche hat vor dem Bonner Landgericht ein Verfahren gegen acht Angeklagte begonnen. Den sechs Männern und zwei Frauen wird von der Staatsanwaltschaft unter anderem vorgeworfen, in den Jahren 2021 und 2022 von Bornheim aus online teure Luxusfahrzeuge geliehen und vertragswidrig an Dritte weitervermietet zu haben.
Der Prozess ist eine Premiere, er findet in der neuen Außenstelle des Gerichts in Siegburg statt: Die Räumlichkeiten waren erst im Februar von Vertretern aus Politik und Justiz eingeweiht worden und bieten für Verfahren mit vielen Angeklagten optimale Voraussetzungen. Der 43 Millionen teure Neubau sollte eigentlich dabei helfen, die im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften erwartete Prozessflut abzuarbeiten. Da es aktuell aber lediglich zwei Anklagen gibt, werden die drei ultramodernen Gerichtssäle auch für andere Großverfahren genutzt.
Anklage wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs
Den drei Brüdern und dem 27- und dem 29-Jährigen werden von der Staatsanwaltschaft 87 Fälle des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs vorgeworfen. Der 61-Jährige und die beiden weiblichen Angeklagten müssen sich wegen Beihilfe verantworten. Der entstandene Gesamtschaden soll bei weit über einer halben Million Euro liegen.
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Gleich zu Beginn des Verfahrens stellte sich aber heraus, dass zunächst wohl doch etwas weniger Platz benötigt wird; es nahmen nämlich nur sechs Angeklagte auf der Anklagebank vor der 16. Großen Strafkammer Platz. Der Mittlere von drei 30-, 38- und 43-jährigen angeklagten Brüdern hatte es nämlich nach seiner Entlassung aus einer dreijährigen Strafhaft, zu der er wegen Betrugs in Essen verurteilt worden war, vorgezogen, die Flucht anzutreten. Nun fahndet die Polizei nach dem 38-jährigen Königswinterer.
Drei Brüder sollen Luxusfahrzeuge angemietet, aber nicht bezahlt haben
Ein weiterer Angeklagter im Alter von 61 Jahren blieb dem Verfahrensauftakt wegen Zahnschmerzen fern. Er wurde dann am Vorabend des zweiten Verhandlungstages in Frankfurt aufgegriffen und am Donnerstag zwangsweise vorgeführt. Das Gericht hatte zudem zwischenzeitlich das Verfahren gegen den 43-jährigen Bruder aus Gesundheitsgründen abgetrennt. Damit nicht jedes Mal ein Sanitäter im Gerichtssaal sitzen muss, wird demnächst gegen ihn getrennt verhandelt werden. So bleibt es bis auf Weiteres bei der Zahl von sechs Angeklagten.
Im Kern drehen sich sämtliche Vorwürfe darum, dass die drei Brüder und zwei 27 und ein 29 Jahre alter Mitangeklagter in Bornheim hochpreisige Luxusfahrzeuge online für eine lange Zeit angemietet aber nicht bezahlt haben sollen und diese dann über mehrere eigene Firmen gewinnbringend an Dritte weitervermietet haben sollen. Zur Verschleierung wurden laut Anklage Tachostände und GPS-Sender manipuliert. Teilweise sollen die Wagen auch weiterverkauft worden sein. Um die Luxuslimousinen zu mieten, bedienten sich die Täter entweder der Personalien nichtsahnender Dritter oder sie fälschten die Papiere.
Hauptangeklagte vermietete BMW, den er reparieren sollte
Offenbar legten zumindest einige der angeklagten Männer eine recht hohe kriminelle Energie an den Tag: So soll der Hauptangeklagte auch einen BMW, den er eigentlich reparieren sollte, einfach vermietet haben. Nach der Rückgabe hatte der Wagen 30.000 Kilometer mehr auf dem Tacho. In einem weiteren Fall soll er 9000 Euro Jahresmiete von einer Kundin für einen Porsche kassiert haben.
Die Frau versuchte er dann aber mit einem VW-Golf abzuspeisen. Dazu kommt ein erschlichenes Darlehen von 10.000 Euro, das Geld soll sich der 38-Jährige bei einer Bekannten geliehen und nicht zurückgezahlt haben. Zumindest zwei Angeklagte sollen übrigens gar keinen Führerschein haben: Sie wurden bei Polizeikontrollen mit gefälschten Dokumenten erwischt.
Dass der mittlere Bruder überhaupt im Gefängnis saß, ist übrigens einem Geständnis zu verdanken, das er den Ermittlern gegenüber abgelegt haben soll. Daraufhin widerrief das Amtsgericht Königswinter seine Bewährung, und der 38-Jährige musste seine alte Strafe bis zum 22. Januar dieses Jahres vollständig absitzen. Das Verfahren ist zunächst bis Juli terminiert.