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Update

Korruption
Marien-Hospital Euskirchen: Ex-Klinikchef zu fünf Jahren Haft verurteilt

Lesezeit 6 Minuten
Das Bild zeigt die Einfahrt zum Krankenhaus und ein Schild mit der Auffahrt „Marien-Hospital“.

In einem Prozess am Landgericht Bonn ging es um Baumaßnahmen der Stiftung Marien-Hospital, die unter anderem das Euskirchener Krankenhaus betreibt.

Zu Haftstrafen zwischen knapp drei und fünf Jahren wurden die drei Angeklagten im Korruptionsprozess um das Euskirchener Marien-Hospital verurteilt. 

Mit Freiheitsstrafen für die drei Angeklagten ist in Bonn der Prozess um Korruption am Euskirchener Krankenhaus zu Ende gegangen. Die 18. Große Strafkammer des Landgerichts verurteilte den ehemaligen Geschäftsführer (43) der Stiftung Marien-Hospital zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren, den früheren technischen Leiter (37) zu zwei Jahren und neun Monaten und den mitangeklagten Bauunternehmer (49) zu drei Jahren und zehn Monaten Gefängnis.

Untreue, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung

Der Ex-Klinikmanager hat sich nach Überzeugung des Gerichts im Zusammenhang mit Bauvorhaben der Stiftung und der Marien-Hospital GmbH in mehreren Fällen der Untreue und der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr schuldig gemacht, jeweils im besonders schweren Fall. Sein ehemaliger Mitarbeiter wurde wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr verurteilt, der Unternehmer wegen Bestechung, Beihilfe zu Untreue und Steuerhinterziehung.

Millionen-Zahlungen angeordnetGegen den früheren Geschäftsführer ordnete die Kammer die Einziehung von Taterträgen in Höhe von rund 953.000 Euro an, gegen den Bauunternehmer in Höhe von etwa 1,15 Millionen Euro, gegen seine inzwischen insolvente Firma in Höhe von mehr als vier Millionen Euro. Das heißt: Die Beteiligten müssen das Geld zurückzahlen, das sie mit ihren Straftaten erbeutet haben.

In der Folge wurden die Taten immer dreister und die Angeklagten immer gieriger.
Thomas Poell, Vorsitzender Richter

Mit den Urteilen blieb die Kammer deutlich unter den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft, aber auch über den Anträgen der Verteidigung (siehe „Die ersten Reaktionen auf das Urteil“). Die Anklage hatte den   Männern neun Straftaten in unterschiedlicher Beteiligung zur Last gelegt. Das Gericht sah längst nicht in allen Fällen strafbares Handeln als erwiesen an, fasste der Vorsitzende Richter Thomas Poell nach 25 Verhandlungstagen die Ergebnisse der Beweisaufnahme zusammen. Dadurch verringere sich die Summe des der Stiftung entstandenen Schadens von rund sieben auf mehr als fünf Millionen Euro.

Die Angeklagten und Verteidiger sitzen in zwei Reihen an Tischen.

Die drei Angeklagten und ihre insgesamt sieben Verteidigerinnen und Verteidiger vor der Urteilsverkündigung im Bonner Landgericht.

Dabei ging es um vermeintlich überhöhte Rechnungen für das Anlegen einer Blumenwiese, einer Schotterfläche am Krankenhaus oder der Rodung eines stiftungseigenen Grundstücks in Frauenberg.

Fest steht für die Kammer: Der Tatzeitraum hatte 2018 begonnen, als der damalige Geschäftsführer die Firma des Bauunternehmers mit Erdarbeiten auf einem Grundstück in Euskirchen beauftragte, das er später der Stiftung abkaufte, um darauf ein Privathaus zu bauen. Wie sich im Laufe des Verfahrens herausstellte, rechnete er die Kosten über die Stiftung ab, nachdem der ehemalige Geschäftsführer und der damalige technische Leiter den Rechnungsbetrag zur Auszahlung freigegeben hatten. Der Stiftung entstand dadurch, so das Gericht, ein Schaden in Höhe von rund 75.000 Euro.

Ex-Klinikchef ließ sich Fitnessraum, Sauna und Pool bezahlen

„In der Folge wurden die Taten immer dreister und die Angeklagten immer gieriger“, sagte Poell. So wurden Kosten, die auf dem Privatgrundstück entstanden waren, in überhöhten Rechnungen für die Stiftung untergebracht – insgesamt rund 250.000 Euro. Auf diese Weise ließ sich der damalige Klinikchef laut Kammer an seinem Privathaus Fitnessraum, Wintergarten, Sauna und Pool bauen und bezahlen.

Schließlich, so Poell, kam es zu dem „mit Abstand bedeutendsten Fall“: dem fingierten Kampfmittelfund im Zusammenhang mit dem Bau einer Tagesklinik in Mechernich. Hier habe sich dann auch der frühere technische Leiter schuldig gemacht, der ansonsten von allen übrigen Vorwürfen freigesprochen wurde. Allein hierdurch sei die Stiftung um mehr als fünf Millionen Euro geschädigt worden.

Richter: Im „schicken Ambiente“ den Taterlös aufgeteilt

„Der Auftrag war sinnlos“, so Poell. Denn in Wahrheit seien rund 90 Prozent der angeblich separierten Erde bereits im Abfallwirtschaftszentrum entsorgt worden. Den Taterlös habe das Trio unter sich aufgeteilt – die erste Tranche „im schicken Ambiente und in gelöster Stimmung“ in einem Kölner Luxushotel: 600.000 Euro für den damaligen Klinikchef und jeweils 250.000 Euro für die beiden Mitangeklagten.

„Für alle Angeklagten gilt: Sie haben lange ihren Lebensunterhalt legal verdient und ein unauffälliges, bürgerliches Leben geführt und stehen jetzt ein Stück weit vor den Trümmern“, sagte der Richter. Er glaube nicht, dass sie die entstandenen Regressansprüche befriedigen werden können. Alle drei hätten durch Geständnisse zur Klärung des Sachverhalts beigetragen, der Ex-Technikchef habe die 250.000 Euro an die Stiftung zurückgezahlt.

Gegen die Angeklagten spreche die „hohe kriminelle Energie“, allerdings habe es die Stiftung ihnen auch mangels ausreichender Vorgaben und Kontrollen sehr leicht gemacht. „Wir müssen davon ausgehen, dass das Marien-Hospital auf einem großen Teil der Schäden sitzen bleibt“, sagte der Richter.


Die ersten Reaktionen nach dem Urteil

Eine Woche lang haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung nach der Urteilsverkündung nun Zeit zu entscheiden, ob sie Revision beantragen. Dieser Antrag muss dann innerhalb von vier Wochen nach dem Urteil begründet werden. Dann würde der Bundesgerichtshof im Karlsruhe entscheiden.

Die Staatsanwaltschaft und die Anwälte des ehemaligen Geschäftsführers der Stiftung   wollten sich unmittelbar nach dem Urteil nicht äußern. Die Kammer hat den früheren Klinikchef zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Damit liegt sie drei Jahre unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, aber über dem Antrag der Verteidigung, die eine Freiheitsstrafe von unter vier Jahren für angemessen hielt.

Johannes Zimmermann, Verteidiger des Bauunternehmers, der wegen Bestechung, Beihilfe zur Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, erklärte: „Die Verteidigung ist natürlich froh, dass dieser abstrusen Straferwartung der Staatsanwaltschaft eine deutliche Absage erteilt wurde. Auf der anderen Seite haben wir einen Antrag gestellt, der deutlich niedriger war. Deswegen werden wir die Woche nutzen und darüber nachdenken, was wir mit dem Urteil machen.“

Dass die Verteidigung für den Unternehmer in vielen Anklagepunkten Freisprüche erreicht habe, sei „sicherlich schön und auch wichtig für unseren Mandanten“, so Zimmermann: „Insofern müssen wir jetzt mal gucken, was wir damit machen. Das Verfahren war auf jeden Fall fair.“ Zimmermann hatte zwei Jahre Haft auf Bewährung kombiniert mit einer Geldstrafe   gefordert, die Staatsanwaltschaft sieben Jahre Haft.

Benedikt Pauka, Verteidiger des ehemaligen technischen Leiters der Stiftung, sagte: „Ich fand die Verhandlungsführung durch das Gericht ausgesprochen fair. Es ist richtig, dass das Gericht diese nicht nur maßlos überzogene, sondern völlig irre Anklage auf das notwendige Maß zurückgestutzt hat.“ Sein Mandant wurde wegen Untreue und Bestechlichkeit zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft gefordert, Pauka eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung. „Mit dem Strafausspruch, dass mein Mandant eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung bekommt, hadere ich noch etwas“, erklärte Pauka: „Aber grundsätzlich ist die Strafzumessung Sache des Gerichts und wir werden besprechen müssen, ob wir eine Revision einlegen werden.“

Die Kammer habe seinen Mandanten nicht nur wegen Beihilfe, sondern wegen täterschaftlicher Untreue verurteilt, eine Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue hätte einen anderen Strafrahmen zugrunde gelegt, sagte Pauka: „Ich bin auch traurig darüber, dass der Täter-Opfer-Ausgleich nicht angenommen wurde. Inwieweit das rechtsfehlerhaft ist, werden wir erstmal intern diskutieren und dann gegebenenfalls Revisionsantrag stellen.“