Der 72-Jährige will seine Karriere als Kreistagspolitiker fortsetzen. Dafür war ein Beitritt zum BSW erforderlich. Aus Überzeugung oder Kalkül?

Der ewige KandidatOhne Decruppe läuft im linken Spektrum in Rhein-Erft nichts

Hans Decruppe (l.), Martina Thomas und Peter Singer sind die Spitzenkandidaten des BSW im Rhein-Erft-Kreis.
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Unweigerlich wird sich der eine oder andere an den Hollywood-Klassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“ von 1993 erinnert haben. Darin erlebt der Protagonist Phil Connors – gespielt vom großartigen Bill Murray – jeden Tag dasselbe, weil er in einer Zeitschleife feststeckt. Zum Zeitpunkt, als der Film erstmalig in die Kinos kam, war der Bergheimer Hans Decruppe bereits parteipolitisch aktiv, gehörte er doch von 1979 bis 1989 der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an.
Später war er Mitbegründer der Partei „Arbeit & soziale Gerechtigkeit – Die Wahlalternative“ (WASG) im Rhein-Erft-Kreis, die später in der Linkspartei aufging. Die hat der 1952 Geborene 2024 verlassen, weil er „ seine politischen Ansichten und Themen von ihr nicht mehr ausreichend vertreten“ sah.
Für seinen Eintritt beim BSW hat sich Decruppe ein Jahr Zeit gelassen
Einen Wechsel zu einer anderen Partei schloss Decruppe „derzeit“ aus. Das war im Februar 2024.
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Und wie in dem Hollywood-Streifen erleben politische Beobachter im Rhein-Erft-Kreis auch in Bezug auf den Mann, der sich als „überzeugten Marxisten“ bezeichnet, immer wieder dieselbe Geschichte: Wofür auch immer ein Kandidat gesucht wird – die Wahl ist immer wieder auf Decruppe gefallen. Für den Bundestag hat er kandidiert, für ein Mandat im NRW-Landtag und auch Landrat wollte der heute 72-Jährige schon werden.
Nichts davon hat sich erfüllt. Zwar war er in seiner Zeit bei den Linken im NRW-Verband einer der führenden Köpfe und hatte für Wahlen im Land und im Bund auch ganz passable Listenplätze erhalten – aber am Ende aber reichte es nie, weil seine Partei im Westen zu wenig Unterstützung erhielt. Und bei jeder seiner Kandidaturen bei der Landratswahl war zudem von vornherein klar, dass er es nicht werden würde. Aber dieses Schicksal teilt Decruppe mit anderen Politikerinnen und Politikern kleiner Parteien.

Sahra Wagenknecht, BSW-Bundesvorsitzende, spricht im Deutschen Bundestag.
Copyright: Michael Kappeler/dpa
Das scheint den Rechtsanwalt aus Bergheim aber nicht weiter zu verdrießen, denn am vergangenen Wochenende ließ er sich vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zum Landratskandidaten aufstellen und zum Spitzenkandidaten für die Reserveliste wählen. Was erst dadurch möglich wurde, dass er die Mitgliedschaft beantragte. Was Decruppe dann auch einen Tag zuvor getan hat. Womit sich seine Aussage aus dem Februar 2024 erledigt hatte – aber er hatte ja auch einschränkend gesagt, dass er die Mitgliedschaft in einer anderen Partei „derzeit“ ausschließe.
Möglicherweise wurde seine Entscheidung, sich dem BSW anzuschließen auch durch die Aussicht beflügelt, andernfalls nach der Wahl im September nicht mehr dem Kreistag anzugehören. Denn das Ticket dafür löst man ausschließlich über eine Partei. Die dann natürlich die Erwartung an ihre – im günstigsten Fall – gewählten Kandidaten hat, dass diese in der fünfjährigen Wahlperiode nicht zwischenzeitlich von der Stange gehen.
So aber ist es der Linken nicht nur mit Decruppe ergangen. Martina Thomas hatte schon vor ihm die Partei verlassen und sich dem BSW angeschlossen. Zum Bruch kam es in der vierköpfigen Kreistagsfraktion dennoch nicht. Die Verantwortlichen bei den Linken machten gute Miene zum bösen Spiel und ließen sich auf die kreative Umfirmierung der Fraktion in Linke/BSW/+ ein. Das vor der Wahl 2020 verabschiedete Wahlprogramm und die unverändert gleichen Ziele seien die Klammer.

Nach seiner Nominierung als Kandidat für die Landtagswahl war Hans Decruppe (Mitte) die Freude anzusehen.
Copyright: Kathrin Höhne
Der drohende Verlust des Fraktionsstatus, an dem Geld, Unterstützung durch ein Fraktionsbüro und geringere politische Wahrnehmung hingen, wurde weder von den Linken noch von den Abtrünnigen thematisiert.
Aber auch hierbei gilt: Und täglich grüßt das Murmeltier! Mit anderen Worten: Alles schon mal dagewesen.
Leider!