Rhein-Erft-Kreis – Sie hoffe zwar, dass es ein Dumme-Jungen-Streich gewesen sei, aber eigentlich gehe das schon deutlich darüber hinaus, sagt Monika Hallstein. Ein Wahlplakat der parteilosen Erftstädter Bürgermeisterkandidatin ist mit einem Hakenkreuz beschmiert worden, ein weiteres mit einem von Fremden bedruckten Paketband beklebt, auf dem „SPD Die Linke“ steht, die beiden Parteien, die sie als Bürgermeisterkandidatin nominiert haben beziehungsweise unterstützen.
Die Angelegenheit mit dem Hakenkreuz sei besonders bedenklich. Denn in der Straße in Dirmerzheim, in der das Plakat hing, gibt es einen Sozialwohnungsbau, in dem laut Hallstein 50 Prozent Geflüchtete leben.
Die derzeitige Technische Beigeordnete der Stadt und ihr Team haben beide Plakate sofort entfernt, aber „das stellt natürlich meine Unabhängigkeit in Frage“. Hallstein hat Anzeige erstattet, der Staatsschutz ermittelt.
Mitsamt der Stange entfernt
Auch Thomas Roos, Parteichef der Bergheimer Grünen, hat die Polizei eingeschaltet. An mehreren Stellen, unter anderem am Kreisel in Zieverich, seien Plakate der Grünen beschädigt worden. Eine Plakat wurde umgeworfen, ein weiteres mitsamt Eisenstange entfernt.
Die Pressestelle der Polizei Rhein-Erft bestätigt auf Anfrage, dass es am vorvergangenen Wochenende mehrere Fälle von Vandalismus an Wahlplakaten gegeben habe. In Hürth-Hermülheim an der Ingeborg-Bachmann-Straße sei eines in Brand gesteckt, in Kerpen-Sindorf an der Kerpener Straße eines vom Laternenmast abgerissen worden. Die Kreispolizei nehme die Fälle auf, die weitere Ermittlung übernehme die Kriminalinspektion Staatsschutz mit Sitz in Köln.
Unterschiedliche Motive
Dort lägen derzeit neun Strafanzeigen vor, die Entwendung oder Zerstörung von Wahlplakaten im Rhein-Erft-Kreis beträfen, heißt es von dort. Manche Fälle, die sich in näherem Umfeld zueinander abgespielt haben, wurden jedoch zu einer Anzeige zusammengefasst, sodass „bislang von einer Gesamtzahl im unteren zweistelligen Bereich auszugehen ist“.
Eine Tendenz in Richtung besonders betroffener Gruppierungen gebe es nicht: „Betroffen sind davon Wahlplakate aller im Wahlkampf des Rhein-Erft-Kreises vertretenen Parteien.“ Die Motive seien unterschiedlich, schreibt die Pressestelle des Kölner Polizeipräsidiums: „Jeweils anders geartete politische Gesinnung, aber auch schlichter Zerstörungswille.“ Egal, was dahinter steckt: Sowohl das Zerstören als auch das Übermalen von Wahlplakaten seien Sachbeschädigung und damit strafrelevant. Es drohten Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren.
Das sagen die Parteien und Fraktionen
Şirin Seitz, Kreissprecherin der Linken, berichtet von abgerissenen und zerstörten Plakaten in Frechen und Erftstadt .
Der Kreisvorsitzende der Grünen, Rüdiger Warnecke, berichtet, dass auf Plakaten in Kerpen-Buir Grünen-Kandidaten mit einem Hitler-Bärtchen und dem Schriftzug „Grüner Nazi“ beschmiert worden seien.
„Wir sind noch verschont geblieben“, sagt der Fraktionschef der Freien Wähler/Piraten, Karl Heinz Spielmanns. In Bedburg sei es vorgekommen, dass einem Kandidaten auf Plakaten eine Maske auf den Mund geklebt worden sei, berichtet er.
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Ralph Bombis, Kreisvorsitzender der FDP, berichtet, er können sich ebenfalls nicht beklagen. „Bisher hat es bei uns keine nennenswerten Beschädigungen gegeben.“
Frank Rock, Kreisvorsitzender der Christdemokraten und Kandidat für das Landratsamt, berichtet davon, dass vereinzelt Plakate seiner Partei abgerissen oder übermalt worden seien, „aber keine besonderen Auffälligkeiten“.
Markus Walter, Bürgermeisterkandidat der Rechten in Kerpen, schreibt bei Facebook, dass Plakate von Laternen gestohlen worden seien.
Dierk Timm, Kreisvorsitzender und Landratskandidat der Sozialdemokraten im Rhein-Erft-Kreis, kann ebenfalls keine besonderen Vorkommnisse vermelden. (nip)