Der CDU-Politiker schiebt der Druckerei den Schwarzen Peter zu, das Nachsehen hätten beinahe die Wahlberechtigten gehabt.
Kommentar zur Stimmzettel-PanneLandrat Rock reagiert in Rhein-Erft viel zu spät

Im Euskirchener Rathaus werden seit Dienstag kräftig Wahlscheine eingepackt und verschickt. Im Rhein-Erft-Kreis dagegen ist man im Hintertreffen.
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Wer hätte es für möglich gehalten? Da haben wir tatsächlich in dieser Woche für einige Tage ehrfürchtig auf die südlichen Nachbarn im Kreis Euskirchen geblickt. Nicht wegen der schönen Wanderwege und der Ski-Touristen (wenn denn mal Schnee liegt). Nein, weil es die Kreisverwaltung dort hinkriegt, die Bundestagswahl ordnungsgemäß zu organisieren.
Sie meinen, es sei überflüssig, dies zu betonen? Und dass es Wahlpannen nur in Bananenrepubliken gibt . . . oder in Berlin – was ja mitunter gleichbedeutend ist. Fängt ja beides mit einem großen „B“ an. Nun schien es aber so, dass sich ein weiteres großes „B“ in den Kreis derer gesellen würde, die es nicht gemanagt kriegen, dass Bürgerinnen und Bürger mit hundertprozentiger Sicherheit bei der Bundestagswahl am 23. Februar ihre Stimme abgeben können: Bergheim.
250.000 Menschen im nördlichen Rhein-Erft-Kreis wahlberechtigt
Da läuteten in dieser Woche doch in einigen Kommunen die Alarmglocken schrill. Erst in Frechen, dann in Bedburg, weitere Städte im Rhein-Erft-Kreis folgten. Sie vermeldeten einen eklatanten Papierstau in einer Bonner Druckerei. Mit dem Ergebnis, dass die Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis 90 nicht sicher sein dürfen, dass ihre Stimme fristgerecht den Weg in die Wahlurne finden wird. Wir reden über rund 250.000 Menschen in Pulheim, Frechen, Hürth, Kerpen, Bergheim, Bedburg und Elsdorf.
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Verantwortlich für die zwischenzeitliche Irritation war Landrat Frank Rock (CDU) als Wahlleiter. Welchen Vertrag die Kreisverwaltung mit der Druckerei in Bonn geschlossen hat – Fakt ist: Die Kommunen können keine Briefwahlunterlagen mit dem Stimmzettel mehr verschicken, weil die 90.000, die gerade erst eingetroffen sind sind, angesichts der Masse an Briefwahlanträgen nicht ausreichen werden. Die übrigen sollten bis zum 17. Februar ausgeliefert werden, ließ Rock wissen. Dies aber auch erst auf Nachfrage. Die schlechten Nachrichten ließ der CDU-Politiker durch die Kommunen überbringen.
Es ist oft so, dass den Letzten die Hunde beißen
Denen sprach er aber Mut zu: Die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl bleibe gewährleistet, versicherte Rock. Das gelinge „nur durch das große Engagement der Kommunen, die die Briefwahlunterlagen zügig bearbeiten und versenden müssen“.
Nun ist es oft so, dass den Letzten die Hunde beißen. Aber in seiner lapidaren Stellungnahme wählte der Hürther kein Wort des Bedauerns oder der Selbstkritik. Den Schwarzen Peter hatte die Druckerei – und das Nachsehen hätten die Wählerinnen und Wähler gehabt.

Landrat Frank Rock fungiert als Wahlleiter für die Bundestagswahl.
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Gestern nun überraschend die Nachricht: Es geht doch. Die Kreisverwaltung habe noch einmal mit der Druckerei gesprochen – die benötigten Stimmzettel könnten nun am Dienstag abgeholt werden. Da fragt man sich: Warum nicht gleich so?
Als Kreiswahlleiter hätte Rock schon bei den ersten Anzeichen, dass es zu Verzögerungen bei der Auslieferung kommt, aktiv werden und gegebenenfalls Alternativen prüfen müssen, um kurzfristig woanders drucken zu lassen, wo auch immer. Stattdessen empfahl er: „Wir bitten alle Wählerinnen und Wähler, die nicht zwingend auf die Briefwahl angewiesen sind, am Wahltag ihr Wahllokal aufzusuchen.“
Was der Landrat, der im September bei der Kommunalwahl wiedergewählt werden möchte, offenkundig verkannte: Er riskierte es, einen erheblichen Teil der Wahlberechtigten von der Stimmabgabe auszuschließen. Bei der Bundestagswahl 2021 nutzten rund 40 Prozent die Briefwahl: weil sie verreist waren, arbeiten mussten oder sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage waren, ihr Kreuz in der Wahlkabine im Klassenzimmer der 1b zu machen.
Aufgabe Rocks und seiner Verwaltung ist es, ihren Job zu machen.