Rhein-Erft-Kreis – Wer hat wann von der anstehenden Autobahn-Sperrung gewusst? Wer hätte eigentlich wem Bescheid geben sollen? Die Kommunikationskette in Sachen Sperrung der Autobahn 61 nachzuverfolgen ist nicht einfach.
Ein kurzer Rückblick: Die Autobahn GmbH hat vor, die Autobahn 61 in Richtung Venlo auf 21 Kilometern demnächst zwischen dem Dreieck Erfttal und der Anschlussstelle Bergheim-Süd sperren. Das bringt die betroffenen Kommunen auf die Barrikaden. Die Stadträte in Bergheim, Erftstadt, Kerpen und Bedburg haben bereits Resolutionen verabschiedet oder werden dies in Kürze tun, in denen sie auffordern, diesen Plan zu überdenken. Sie fürchten ein Verkehrschaos und wirtschaftliche Schäden für die Unternehmen in den Städten. Sie klagen zudem über mangelnde Kommunikation der Autobahn GmbH.
Stadt Bergheim erfährt verspätet von Sperrung
Denn: Die Stadt Bergheim hält fest, sie habe erst am 10. Juni aus einer Pressemitteilung von der anstehenden Sperrung erfahren, also nur dreieinhalb Wochen vor Beginn der Arbeiten. Bürgermeister Volker Mießeler formuliert: „Das darf nicht sein!“ Er berichtet, er habe den Kontakt zur Autobahn GmbH gesucht, die sich in einer E-Mail rechtfertige. Der Direktor der Autobahn GmbH entschuldige sich darin, so Mießeler, dass die Stadt Bergheim nicht informiert worden sei. Die entsprechende E-Mail, die die Stadt Bergheim informieren sollte, sei wohl in einen falschen Verteiler gelangt.
Der Kreisverwaltung wusste schon deutlich vor dem 10. Juni von der Sperrung. Wie Landrat Frank Rock auf Anfrage mitteilt, habe er im April davon erfahren. Anfang Mai habe er bei der zuständigen Stelle bei der Autobahn GmbH angefragt, ob die Vollsperrung vermeidbar sei – mehr als einen Monat später erhielt er eine Antwort darauf.
Treffen mit Kommunen für heute anberaumt.
Für den heutigen Donnerstag war ein Treffen zwischen der Autobahn GmbH und den betroffenen Kommunen anberaumt, „in dem wir uns mit allen anstehenden Fragen befassen werden“, teilt die Behörde, die dem Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr untersteht, mit.
Eine Stellungnahme zum Kommunikationschaos will die Behörde allerdings nicht vor dem Treffen abgeben. Auch das Bundesministerium hat auf die Anfrage der Redaktion nach den behördlichen Abläufen bei solchen Sperrungen noch keine Stellungnahme abgegeben.
Autobahn GmbH äußert sich zu Alternativen
Das Treffen ist allerdings keine Reaktion auf die Proteste der Städte, wie Bergheims Bürgermeister Mießeler erklärte und die Autobahn GmbH bestätigte, sondern die Verkehrsbehörden stimmen sich über die Abwicklung der Autobahnsanierung ab.
Die Autobahn GmbH antwortet zwar nicht auf die Kommunikation, wohl aber auf mögliche Alternativen zur Vollsperrung. Man habe unterschiedliche Varianten untersucht. Weil die Betonplatten der Gegenfahrbahn zu brechen drohten, wenn man den Verkehr in einer Spur dorthin überleiten würde, schließt die Gesellschaft diese Variante aus. Brächen die Platten, müsste zusätzlich die Gegenrichtung gesperrt werden. Es sei auch nicht möglich, eine Spur offen zu lassen. Einmal, weil es zu lange dauere, und andererseits weil man keine Rettungswege freihalten und die 2018 in Kraft getretene und seit Ende 2021 geltende „Anforderung an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr“ nicht einhalten könne.
ADAC pflichtet Behörde bei
Das bestätigt auch Prof. Dr. Roman Suthold, Leiter Verkehr und Umwelt beim ADAC Nordrhein. „Seit ein paar Jahren sind größere Abstände zwischen den Arbeitenden und dem fließendem Verkehr vorgeschrieben. Deshalb haben die Planer solcher Baustellen weniger Spielraum als vorher und nicht immer kann eine Fahrspur aufrechterhalten werden.“ Die Autobahn GmbH sagt, die Sperrung mit großräumiger Umleitung erfülle als einzige Variante die Sicherheitsbedingungen und sei die schnellste. Die Belange des Regionalverkehrs habe man berücksichtigt: „Zum einen ist geplant, die Verbindung zwischen den Anschlussstellen Gymnich und Türnich trotz einer Richtungssperrung der A61 (in Fahrtrichtung Venlo) dem regionalen Verkehr über die gesamte Bauzeit zur Verfügung zu stellen.“
Außerdem werde auch der Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Türnich und dem Kreuz Kerpen demnächst wieder zur Verfügung stehen. Und sobald ein Fahrstreifen fertig sei, werde dieser auch auf der Anschlussstelle Bergheim-Süd wieder geöffnet. „Die Verkehrsflüsse werden aktiv beobachtet. Bei Bedarf wird hier zeitnah nachgesteuert und optimiert“, so die Gesellschaft.
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Der ADAC, der Ende Mai in der Arbeitsgruppe Baustellenmanagement der Bezirksregierung informiert wurde, kann die Sorge der Kommunen verstehen, berichtet Roman Suthold. Allerdings glaubt er, dass die Sperrung wohl noch die geringsten Auswirkungen auf den Verkehr hätte. „Wahrscheinlich will die Autobahn GmbH lieber auf eine konzentrierte Maßnahme setzen und jahrelanges Stückwerk verhindern.“ Suthold fordert: „Die Autobahn GmbH muss aber dafür sorgen, dass der Verkehr in den nahelegenden Ortschaften nicht zum Erliegen kommt. Das hätte sonst katastrophale Folgen für Anwohner und Unternehmer.“