- Die Kölner Bezirksregierung hat den Bergisch Gladbacher Flächennutzungsplan nicht genehmigt – wegen eines Formfehlers.
- Nun werden Forderungen laut, den Plan auch inhaltlich nochmal zu überarbeiten. Wie geht es weiter?
Bergisch Gladbach – Im ganzen Verfahren um den Flächennutzungsplan (FNP) wurde wieder und wieder vor Formfehlern gewarnt, die juristische Angriffsflächen bieten. Die Kölner Bezirksregierung hat den Gladbacher FNP nicht genehmigt – wegen eines Formfehlers. Als Konsequenz muss der Rat noch einmal über den FNP entscheiden. Dementsprechend ist die Aufregung in der Politik groß.
So verschickte die CDU-Ratsfraktion am Donnerstag eine Mitteilung, in der sich der Fraktionsvorsitzende Michael Metten äußerte: „Es ist umso ärgerlicher, da wir seitens der Fraktion immer wieder die rechtliche Korrektheit während des gesamten FNP-Prozesses angemahnt hatten.“ Im Gespräch mit dieser Zeitung sagte Metten: „Wir werden ganz sicher nicht erneut in eine inhaltliche Diskussion einsteigen.“
Das könnte Sie auch interessieren:
Ganz ähnlich äußert sich auch Klaus Waldschmidt, der SPD Fraktionsvorsitzende: „Es geht ausschließlich um die Heilung eines Formfehlers.“ Die Außenwirkung sei gleichwohl fatal. „Es sieht doch so aus, als wenn wir unsere Arbeit nicht ordentlich erledigen könnten.“
CDU und SPD hatten mit ihrer Mehrheit den FNP durch die verschiedenen Gremien gebracht. Am Donnerstag zeigten aber die politischen Gegner keinerlei Anzeichen, den Formfehler der Verwaltung für eine Wiederaufnahme der Diskussion nutzen zu wollen. Jörg Krell, der FDP-Vorsitzende: „Es hat sich an den politischen Mehrheiten ja nichts geändert.“ Die FDP hatte sich dafür eingesetzt, mehr Flächen sowohl beim Gewerbe als auch beim Wohnraum auszuweisen. Die Grünen standen in den meisten Fällen eng an der Seite der Gegner des Flächennutzungsplans. Zu viele Flächen seien für eine potenzielle Bebauung ausgewiesen. Dirk Steinbüchel, der Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Wir müssen noch in der nächsten Fraktionssitzung über die Entwicklung beraten, aber ich persönlich halte nichts von einer erneuten inhaltlichen Diskussion.“
„Verfahrensfehler eine schallende Ohrfeige“
Was Ist ein F-Plan?
Der Flächennutzungsplan ist eine übergeordnete nach Zonen gegliederte Bauleitplanung, die das gesamte Territorium einer Kommune umfasst und an die sich Rat und Verwaltung halten müssen, wenn sie Bebauungspläne aufstellen. Die Zonen stellen die erlaubten Baunutzungen fest und zwischen diesen Zone und dem B-Plan darf es keinen Widerspruch geben. Für Bürger ist der Flächennutzungsplan allerdings nicht verbindlich, denn er kann jederzeit auch im Detail geändert werden. Man kann also auf der Basis des F-Plans kein Baurecht einklagen. (gf)
Sollte der Beschluss tatsächlich geheilt werden, sind die Konsequenzen aus dem Fehler der Verwaltung überschaubar, da noch kein Bebauungsplan auf Grundlage des FNP angepackt wurde. Vor der Kommunalwahl 2020 will keine Partei es sich mit einer Bürgerinitiative verderben. Gleichwohl gibt es einen Arbeitskreis, der sich mit der Abarbeitung des FNP beschäftigen soll – auch dort gibt es noch keine konkreten Ergebnisse.
Ein scharfen Ton schlägt dagegen das Bündnis der Bürgerinitiativen (BBI-GL) an: „Der Verfahrensfehler ist nicht nur eine schallende Ohrfeige für Baurat Flügge, sondern auch für Bürgermeister Urbach“, sagt Sprecher Rainer Röhr. Die Bürgerinitiativen fordern, dass die Mehrheitsfraktionen CDU und SPD diesen Verfahrensfehler nutzen, um den gesamten FNP zu stoppen und zu überdenken. Man habe versäumt, das eigentliche Entscheidungsgremium, den Stadtrat, als Vertretung der Bürger in die Abläufe einzubeziehen. Das Bündnis hält es für „eine völlig abstruse Vorgehensweise“, wenn der Rat nun erstmals über Bürgerbeteiligung diskutiere, obwohl diese längst gelaufen sei – nur ohne seine Zustimmung. „Unseres Erachtens steht das Verfahren rechtlich auf der Kippe“, sagt Röhr.
Die Bezirksregierung erklärte am Donnerstag auf Anfrage, dass in der Beratung „nicht jeder theoretisch mögliche Fehler vorweggenommen und angesprochen werden kann“. Erst jetzt hätten alle Unterlagen vorgelegen und hätten umfassend überprüft werden können.
Wie häufig passieren Formfehler und was ist nun zu tun?
Formale Fehler sind bei Bebauungsplänen nicht selten. Oft kommen sie erst raus, wenn gegen die Pläne geklagt wird. Meistens ist der eigentliche Klagegrund materiell aussichtslos, aber der Plan wird über eine Panne ausgehebelt, etwa dass die falsche Person in der Verwaltung die öffentliche Bekanntmachung unterschrieben hat. Bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes ist das Vorgehen sehr ähnlich wie beim B-Plan. Der Vorentwurf und der Entwurf durchlaufen eine Kette von Bürgerbeteiligungen, Anhörungen anderer Behörden und Institutionen sowie Offenlagen, die jeweils im federführenden Ausschuss beraten und im Rat endgültig beschlossen werden. Dazu gehört, dass sowohl Ausschuss wie Rat die Eingaben der Bürger und die Antworten der Verwaltung darauf zur Kenntnis nehmen, abwägen und entweder berücksichtigen oder ablehnen. Das ist mit dem Ergebnis der Stellungnahmen zum Entwurf auch so geschehen, nicht jedoch mit den Stellungnahmen zum Vorentwurf, die am 26. September 2017 auf einer gemeinsamen Sitzung von Planungs-, Verkehrs- und F-Plan-Ausschuss behandelt worden waren und auch anschließend den Rat passierten. Diese Stellungnahmen hätten aber zum Schluss des Verfahrens auf der entscheidenden Ratssitzung am 19. November 2018 mit dem Feststellungsbeschluss ebenfalls noch mal abgestimmt werden müssen. Abgestimmt wurden dort aber nur die Ergebnisse zum Entwurf, nicht zum Vorentwurf. Dieser Beschluss soll jetzt auf der Ratssitzung am 9. Juli 2019 nachgeholt werden. Ob die Stadtverordneten die 1094 Seiten starke Unterlage mit den 4800 Eingaben noch einmal ausgedruckt oder digital zur Verfügung gestellt haben wollen oder ob die Exemplare in den Fraktionen noch reichen, wird vorher ermittelt. (gf)