Bergisch Gladbach – Zwei Themen trieben die Kreisstadt auch in 2018 um: Der neue Flächennutzungsplan und das Schicksal der Firma Zanders. Und beide Themen bewegten sich wie auf Schienen: in gleichmäßigem Tempo einem festgesetzten, absehbaren Ziel entgegen, fast unbeeinflusst von den heftigen Diskussionen.
Dabei ist das Schicksal der Papierindustrie, um die herum Gladbach als Stadt gewachsen ist, von erheblicher Dramatik, nicht zuletzt weil kurz vor Weihnachten wieder hundert Mitarbeiter die Kündigung erhielten – rund 200 insgesamt. Mitarbeiter, die ein ganzes Arbeitsleben auf der Gohrsmühle verbracht hatten, oft schon in der zweiten oder dritten Generation. Zanders, das war keine Firma, das war eine Familie. Zandrianer standen zu ihrem Unternehmen und zu seinen Produkten. Und die ganze Stadt stand hinter ihnen und teilte diesen Stolz: Das Papier galt als das „Beste der Welt“ und das Wasserzeichen mit dem Lamm war das heimliche Wappen der Stadt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Zanders hat das Wachstum der Stadt begleitet und die Krise des Unternehmens ging einher mit der wachsenden Krise der Stadtfinanzen. Dabei kamen alle Standortnachteile zum Tragen, die räumliche Enge auf dem Gelände, auf dem schon vor 400 Jahren Papier geschöpft wurde, und die unzureichende Verkehrsanbindung. Am Ende wurde das Unternehmen an den finnischen Kartonhersteller Metsä Serla weitergereicht (später umgetauft zu M-real) in der Hoffnung, dass der wenigsten günstiger an die Rohstoffe herankommt.
Rückblick - Ausblick
Zum Jahreswechsel schauen wir auf die Entwicklung des Rheinisch-Bergischen Kreises und der Kommunen Bergisch Gladbach,Kürten,Odenthal, Overath und Rösrath. Wir ziehen Bilanz und schauen zurück auf das Jahr 2018: Was hat gut geklappt, was überhaupt nicht und welche großen Aufgaben gilt es im neuen zu lösen? Dazu gehört ein Interview mit dem jeweiligen Bürgermeister oder dem Landrat. (nie)
Aber auch wenn man selbst Zellstoff produziert, verschenkt man den nicht im eigenen Konzern, wenn er auf dem Markt damit astronomische Preise erzielen kann. Am Ende verschenkten die Finnen stattdessen das Werk an einen Münchener Verwerter und legten noch eine stattliche Mitgift obendrauf. Und als die aufgebraucht war, kam 2018 der Konkurs – und ein Besitzerwechsel zu einer skandinavischen Investorengruppe, bei dem nur eines sicher ist: es wird der letzte Besitzerwechsel sein.
Als die Finnen kamen, kamen im Gladbacher Rathaus die Nothaushalte. Und mit dem Wechsel zu den Norwegern legte die Kreisstadt jetzt den ersten Doppelhaushalt auf, der nach dem Prinzip „Schütt-aus-Hol-zurück“ ausgeglichen wird, das heißt, aus den aufgesparten Erträgen positiv wirtschaftender städtischer Eigenbetriebe.
Absehbares Ende des Verfahrens in Bergisch Gladbach
Dieser Rücklagentopf wird nicht in dem Maße aufgefüllt, wie er jetzt geleert wird. Das Verfahren hat also ein absehbares Ende. Das Ziel des Haushaltssicherungsverfahrens wird zwar erreicht, aber die Stadt wird ärmer von Jahr zu Jahr. Rettung aus eigener Kraft ist nicht in Sicht und wird auch nicht angestrebt. Hoffnung setzten Bürgermeister und Ratspolitiker auf eine Finanzreform, die Bund und Land zwingt, die Kosten für die Aufgaben, die sie den Kommunen aufbürden, auch selbst vollständig zu übernehmen. Das geschieht bisher eben nicht, mit dem Hinweis darauf, dass die Stadt ja eigene Steuerquellen hat. Das sind im wesentlichen Grundsteuer und Gewerbesteuer.
Welche Steuerart in Zukunft dominieren wird, lehrt ein Blick in den neuen Flächennutzungsplan. Der sieht 33 Hektar neue Gewerbefläche vor, aber an die 70 Hektar neue Wohnfläche. Wohnfläche ist bisher in Gladbach netto ein Kostenverursacher, weil die Einnahmen der Kommune aus dem Einkommensteueranteil und anderen einwohnerbezogenen Umlage die Ausgaben für die erforderliche Infrastruktur nicht komplett decken. Die Lücke wäre aus der Grundsteuer zu schließen, aber vor deren Erhöhung ist der Rat jüngst noch einmal zurückgewichen. Die Drehung an dieser Schraube wird als ausgesprochen unsozial angesehen, denn die Wohnkosten in Gladbach wie im gesamten Ballungsraum schießen bereits ungebremst nach oben. Man will sie senken, nicht noch weiter erhöhen. Zum Beispiel durch Bereitstellung von Bauland.
Doch die Verfügbarkeit von Grundstücken macht nur einen Teil der Preisentwicklung aus: Das andere sind explodierende Baukosten, die sich auch direkt auf den städtischen Haushalt auswirken. Alle Bauvorhaben müssen in die Zeit gestreckt werden, weil die höheren Kosten etatmäßig über längere Zeiträume verteilt werden müssen – und weil Auftragnehmer nicht zu haben sind. Zum Glück ist das gigantische Tiefbauprojekt „Strunde hoch Vier“ noch rechtzeitig und einigermaßen glimpflich zum Abschluss gebracht worden. In die Schulbaustelle Saaler Mühle hat die Preisexplosion voll eingeschlagen. Das nächste Großprojekt – die Sanierung und der weitgehende Neubau des Nicolaus-Cusanus-Gymnasiums – ist so weit gediehen, dass es nicht mehr entscheidend gebremst werden dürfte, andere Projekte werden noch langsamer vorankommen.
Was allerdings nach schier endlosen Jahren endlich vorangekommen ist: die Neuaufstellung der Schloßstraße in Bensberg. Und auch wenn man sich dort um Parkplätze zankt und ärgert, dass die Straßenneugestaltung nicht zeitgleich mit der Eröffnung des Einkaufzentrums fertig wird: es ist alles besser als der Stillstand, der vorher war. Es kommt doch was voran in Bergisch Gladbach.